Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch eines Arbeitnehmers auf Erhöhung der vereinbarten Arbeitszeit. Kriterien für die Entscheidung des öffentlichen Arbeitgebers über die Vergabe freier Stundendeputate
Leitsatz (amtlich)
1. Aus § 9 TzBfG lässt sich kein Anspruch auf eine bloße Erhöhung der vereinbarten Arbeitszeit ableiten. Hat ein Arbeitgeber zusätzliche Arbeitsstunden zu vergeben, ist er darin frei, welchen Teilzeitbeschäftigten er eine Verlängerung der Arbeitszeit anbietet (Anschluss an BAG 13.02.2007 - 9 AZR 575/05 -).
2. Ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes hat bei der Vergabe freier Stundendeputate keine Bestenauslese durchzuführen. Bei der Erhöhung der Stundenzahl eines bereits im öffentlichen Dienst beschäftigten Arbeitnehmers handelt es sich nicht um einen "Zugang" iSv. Art. 33 Abs. 2 GG.
Normenkette
GG Art. 33 Abs. 2; TzBfG § 9
Verfahrensgang
ArbG Duisburg (Entscheidung vom 03.11.2015; Aktenzeichen 2 Ca 524/15) |
Nachgehend
Tenor
- Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 03.11.2015 - 2 Ca 524/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Erhöhung ihrer Arbeitszeit.
Die Klägerin ist in der Musik- und Kunstschule der beklagten Stadt seit 1997 als Klavierlehrerin gegen ein Monatsbruttogehalt von zuletzt 1.663,69 € angestellt. Zunächst war sie auf der Grundlage eines befristeten Arbeitsvertrags sechs Unterrichtsstunden pro Woche tätig. Mit Vereinbarung vom 07.11.1997 wurde das Arbeitsverhältnis entfristet. Nach verschiedenen Änderungen der Wochenarbeitszeit betrug diese zuletzt 11 Stunden. Dabei erfolgte die letzte Aufstockung ohne vorherige Durchführung eines Auswahlverfahrens. Bei einer Vollzeittätigkeit beträgt bei der Beklagten die Wochenarbeitszeit 30 Unterrichtsstunden à 45 Minuten. Teilweise war die Klägerin für die Beklagte auch im Rahmen des von einer Landesstiftung finanzierten Programms "JeKi" (Jedem Kind ein Instrument) tätig. Dabei handelt es sich um instrumentellen Gruppenunterricht von bis zu fünf Kindern. Dieser findet in der jeweiligen Grundschule statt.
Im Frühjahr 2009 schrieb die Beklagte frei werdende Stunden im Fach Klavier intern und extern aus. Vorgesehen waren ein Vorspiel und eine Lehrprobe. An diesem Auswahlverfahren nahm die Klägerin jedoch nicht teil. Sie erhob beim Arbeitsgericht Duisburg Klage auf Erhöhung ihrer Arbeitszeit und berief sich darauf, der damalige Leiter der Musikschule habe ihr bereits 1998 und dann wiederholt solches zugesagt. Mit Urteil vom 17.08.2009 wies das Arbeitsgericht Duisburg (- 3 Ca 1450/09 - Anlage B 1 zur Klageerwiderung vom 29.04.2015, Blatt 153 ff. d.A.) die Klage ab und führte u.a. aus, die Klägerin habe nicht dargelegt, dass ihr aufgrund der Äußerungen des Leiters der Musikschule ein vertraglicher Anspruch auf Zuweisung von weiteren Stunden zustehe. Auf die Urteilsgründe im Einzelnen wird verwiesen. Das Urteil wurde aufgrund Rücknahme der seitens der Klägerin eingelegten Berufung im Termin am 20.11.2009 rechtskräftig (LAG Düsseldorf - 10 Sa 1017/09 -).
Im Jahr 2014 kam es aufgrund der Nichtverlängerung einer befristeten Stundenerhöhung zum Streit zwischen den Parteien. Die von der Klägerin angestrengte Klage (Arbeitsgericht Duisburg - 4 Ca 1711/14 -) endete mit gerichtlichem Vergleich vom 10.09.2014. Dieser lautet auszugsweise:
…
2. Die Beklagte erklärt, die Absicht nach Möglichkeit zukünftig für etwaige Stunden im Rahmen des Projekts JeKi zu berücksichtigen.
…
Auf den Inhalt des Vergleichs im Einzelnen wird verwiesen (Anlage K 4 zur Klageschrift, Blatt 35 f. d.A.).
Ende 2014 schrieb die Beklagte für die Zeit ab dem 01.02.2015 zwei unbefristet zu vergebende Deputate von jeweils sechs Unterrichtsstunden im Fach Klavier intern aus (Anlage K 6 zur Klageschrift, Blatt 38 d.A.). Die Stunden waren dadurch frei geworden, dass der vormals ebenfalls bei der Beklagten beschäftigte Ehemann der Klägerin zu diesem Zeitpunkt in den Ruhestand ging. Neben der Klägerin bewarben sich acht Mitarbeiter. Am 23.01.2015 fand ein Auswahlverfahren (Anlage K 11a zur Klageschrift, Blatt 62 d.A.) statt. Dies bestand aus einem fünfminütigen Vorspiel, einer 20-minütigen Lehrprobe und einem fünfminütigen Gespräch, in welchem die Bewerber Fragen stellen konnten. Der Auswahlkommission gehörten die Leiterin der Musik- und Kunstschule, der Fachbereichsleiter Tasteninstrumente, Gesang, Tanz und Theater sowie ein Personalratsmitglied an. Die beiden Erstgenannten verständigten sich darauf, dass jedes Mitglied der Kommission die Leistungen der Bewerber in Vorspiel und Lehrprobe mit jeweils bis zu fünf Punkten bewerten konnte. Die ausgeschriebenen Deputate sollten an die beiden Bewerber vergeben werden, welche die meisten Punkte erhielten. Nach Abschluss des Auswahlverfahrens entschied sich die Beklagte, die Stundendeputate an die Bewerber Herrn O. und Herrn I. zu vergeben. Herr O. hatte bei der Bewerbung ein Stunden...