Entscheidungsstichwort (Thema)
Fachliche Qualifikation als Voraussetzung für besondere Schwierigkeit der Tätigkeit. Anforderungen an Höhergruppierung einer ausgebildeten Sozialarbeiterin
Leitsatz (amtlich)
1) Das Führen von gerichtlich bestellten Vormundschaften/Pflegschaften kraft richterlicher Anordnung durch einen Mitarbeiter des Jugendamts fällt in der Regel unter die Tätigkeitsmerkmale für Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst.
2) Die Tätigkeit eines Amtsvormunds gemäß Ziffer 1 ist in der Regel nicht in die Entgeltgruppe S15 eingruppiert (keine Heraushebung durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung).
Normenkette
TVöD-V/VKA § 12; BGB § 1800; SGB VIII § 55 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Mönchengladbach (Entscheidung vom 20.12.2018; Aktenzeichen 3 Ca 1974/18) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 20.12.2018 - 3 Ca 1974/18 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
Die Klägerin ist als ausgebildete Sozialarbeiterin (Bachelor of Arts, BA) seit dem 13.05.2013 bei der beklagten Stadt beschäftigt. Gemäß § 2 des insoweit letztgültigen Arbeitsvertrages vom 18.03.2016 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis der Klägerin nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) - Verwaltung - in der für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen B. verbände (W.) jeweils geltenden Fassung einschließlich des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der Kommunalen B. in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts. Die Klägerin war zunächst im Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) des Fachbereichs Kinder, Jugend und Familie eingesetzt und nach der Entgeltgruppe S14 TVöD-W. vergütet worden. Gemäß Änderungsvertrag vom 11.05.2016 wechselte sie mit Wirkung vom 01.05.2016 vom ASD in die Abteilung Beistandschaften, Amtsvormundschaften, Unterhaltsvorschuss. Nach Maßgabe der Stellenbeschreibung vom 02.02.2017 ist sie seitdem zu 75 % ihrer Gesamtarbeitszeit mit dem Führen von bestellten Vormundschaften/Pflegschaften kraft richterlicher Anordnung beauftragt. Auf die Arbeitsplatzbeschreibung wird Bezug genommen (Bl. 40 - 47 GA). Gemäß § 1 des Änderungsvertrags vom 11.05.2016 (Bl. 32 GA) ist die Klägerin in Entgeltgruppe S11 b TVöD W. eingruppiert. Nach übereinstimmender Prozesserklärung der Parteien handelte es sich dabei nicht um eine konstitutive Regelung der Vergütung, sondern um die damalige Einschätzung der Parteien über die zutreffende tarifliche Eingruppierung (vgl. Protokollerklärung vom 25.09.2019, Bl. 371 GA).
Mit Schreiben vom 29.09.2016 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten eine Vergütung nach Entgeltgruppe S15 TVöD W. geltend (Bl. 35 GA). Nachfolgend korrigierte die Beklagte die Eingruppierung der Klägerin von der Entgeltgruppe S11 b rückwirkend in die Entgeltgruppe S12. Eine höhere Eingruppierung lehnte sie ab (Bl. 39 GA).
Mit ihrer am 04.09.2018 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin weiterhin Vergütung nach der Entgeltgruppe S15. Sie hat geltend gemacht, ihre zu 75 % ihrer Gesamtarbeitszeit ausgeübte Tätigkeit als Amtsvormundin/Amtspflegerin hebe sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus einer Tätigkeit nach der Entgeltgruppe S12 TVöD W. heraus. Die besondere Schwierigkeit folge daraus, dass die Kinder, für die ein Amtsvormund bestellt sei, bereits eine gescheiterte Lebensbiografie oder jedenfalls erhebliche Entwicklungsretardierungen und Schädigungen in ihrer Persönlichkeit aufwiesen. Hieraus ergäben sich erzieherische Probleme sowie komplexe Rechtsansprüche, die vom Vormund zu verfolgen seien. Für die Ausübung dieser Tätigkeit seien gründliche und umfassende Fachkenntnisse sowie zusätzliche Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich. Die Tätigkeit des Vormunds sei zudem höchstpersönlich und nicht übertragbar und unterliege nur einem eingeschränkten innerbehördlichen Weisungsrecht. Die Tätigkeit erfordere zudem ein besonderes Maß an Lebenserfahrung, sozialer Kompetenz und weiterer persönlicher Eigenschaften. Die Klägerin habe bereits eine Vielzahl von Weiterbildungen durchgeführt, darunter - auf eigene Kosten - eine Zusatzausbildung zur Traumapädagogin. Auch die Zusammenarbeit mit dem Familiengericht und dem Vormundschaftsgericht sei eine höherwertige Tätigkeit.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihr ab dem 01.05.2016 Vergütung nach der Entgeltgruppe S15 TVöD W. zu zahlen und die anfallenden Bruttonachzahlungsbeträge zu verzinsen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe die Heraushebung ihrer Tätigkeiten (zu einem Drittel) durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus den Tätigkeiten nach der Entgeltgruppe S12 nicht ausreichend dargelegt. Insbesondere fehle es an einer vergleichenden Darstellung der gewöhnlichen Tätigkeit eines Sozialarbei...