Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialplan. Gleichbehandlung
Leitsatz (amtlich)
Die Arbeitgeberin bereits hat vor Zustandekommen eines Konzern-Sozialplans mit einer größeren Zahl von Arbeitnehmern Aufhebungsvereinbarungen geschlossen. Dabei zahlte sie freiwillig nach einer sog. Divisor-100-Formel eine Abfindung. Für die älteren Arbeitnehmer, die die Voraussetzungen der bei ihr freiwillig praktizierten Vorruhestandsregelung (55er Modell) erfüllten, bestand die Wahlmöglichkeit zwischen einem Ausscheiden nach der Divisor-100-Formel und einer solchen nach der Vorruhestandsregelung. In der Regel führte die Vorruhestandsregelung zu einer höheren Abfindung. So war es auch beim Kläger, der sich deshalb diese entschied. Der Konzern-Sozialplan sieht vor, daß Arbeitnehmer, die eine Aufhebungsvereinbarung nach der Divisor-100-Formel abgeschlossen haben, nunmehr Anspruch auf die höhere Abfindung nach der verbesserten Divisor-65-Formel des Sozialplans haben, während es für Arbeitnehmer, die nach der Vorruhestandsregelung ausgeschieden sind, bei dieser verbleibt, und daß Arbeitnehmer, die nach seinem Zustandekommen ausscheiden und die Voraussetzungen für ein Ausscheiden nach der Vorruhestandsregelung erfüllen, nur Anspruch auf diese haben.
Der Kläger verlangt die höhere Sozialplanabfindung. Er meint, der Sozialplan führe zu einer unbilligen Ungleichbehandlung, soweit er vorsehe, daß nur solche vor seinem Abschluß durch Aufhebungsvereinbarung ausgeschiedene Vorruhestandsberechtigte einen Anspruch auf die höhere Abfindung des Sozialplanes haben, die mit einer Abfindung nach der sog. Divisor-100-Formel ausgeschieden sind.
Das Landesarbeitsgericht hat das klagabweisende Urteil des Arbeitsgerichts bestätigt. Es ist sachgerecht, wenn die Sozialplanparteien Arbeitnehmern, die Ansprüche nach der Vorruhestandsregelung haben, keine weitergehenden Abfindungsansprüche einräumen, weil die Vorruhestandsregelung die Nachteile des Arbeitsplatzverlusts angemessen ausgleicht. Dagegen besteht bei der Arbeitnehmergruppe, die nach der Divisor-100-Formel ausgeschieden sind, regelmäßig ein Bedarf für eine weitergehende Entschädigung, weil es sich dabei überwiegend nicht um rentennahe Jahrgänge handelt. Soweit sich unter ihnen auch Arbeitnehmer befinden, die nach der Vorruhestandsregelung hatten ausscheiden können, aber die in ihrem Fall höhere Divisor-100-Abfindung gewählt haben, führt dies nicht zur Unzulässigkeit der Gruppenbildung. Für die Gruppenbildung der Sozialplanparteien gelten die gleichen Grundsätze wie für die durch den Arbeitgeber. Eine an sich sachgerechte Gruppenbildung wird nicht dadurch unzulässig, daß innerhalb der Gruppen nicht weiter differenziert wird, obwohl die gebildeten Gruppen jeweils auch Arbeitnehmer umfassen, für die der Differenzierungsgrund nicht zutrifft. Das gilt jedenfalls solange, wie der verfolgte Zweck typischerweise sich bei der begünstigten Gruppe verwirklichen kann, während er bei der benachteiligten Gruppe fehlt (BAG, 25.1.1984, EzA § 242 BGB Gleichbehandlung).
Normenkette
BetrVG § 75 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 31.07.1995; Aktenzeichen 21 Ca 139/95) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 31. Juli 1995 – 21 Ca 139/95 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zahlung einer höheren als der zwischen den Parteien vertraglich vereinbarten Abfindung.
Der 1939 geborene Kläger war vom 1. April 1962 bis zum 31. Dezember 1995 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Sein monatliches Bruttoeinkommen betrug zuletzt DM 9.940,00.
Bis zum Oktober 1994 wurde der Kläger als Abteilungsleiter „Einkauf” beschäftigt. Die Beklagte straffte ihre Hierarchien und löste die Ebene „Abteilungsleiter” auf. Die Position des bisherigen Leiters „Einkauf” wurde aufgegeben. Die dort wahrgenommenen Funktionen wurden auf mehrere Personen verteilt. Der Kläger wurde seitdem in einem „AMI”-Preissenkungsprogramm eingesetzt, dessen Realisierungsphase bis Mitte 1997 laufen soll.
Der Wegfall der Ebene „Abteilungsleiter” ist Ausdruck einer veränderten Aufbauorganisation. Diese Organisationsänderung ist Gegenstand eines mit dem Gesamtbetriebsrat durch die Rahmenbetriebsvereinbarung vom 31. Januar 1994 (Bl. 133 ff. d.A.) vereinbarten Interessenausgleichs. In Ziffer 6 dieser Rahmenbetriebsvereinbarung wird bestimmt, daß ein Sozialplan vom 20. Februar 1984 angewendet werden soll.
Im Rahmen von Umstrukturierungsmaßnahmen im gesamten …-Konzern schloß die Beklagte in den Jahren 1993 bis 1994 mit einer Reihe von Mitarbeitern Aufhebungsverträge. Dabei hatten die Arbeitnehmer zwischen 55 und 57 Jahren ein Wahlrecht zwischen zwei Arten von Aufhebungsverträgen: Entweder sie erhielten eine Abfindung nach dem sogenannten „Divisor-100-Modell”:
Lebensalter × Betriebszugehörigkeit × Bruttomonatsgehalt/-lohn/100 plus Zusatzleistungen
oder sie erhielten eine Abfindung, nach dem sogenannten „55er Modell”. Durch die Abfindung nach dem „55er ...