Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifauslegung. beschränkte Effektivklausel
Leitsatz (amtlich)
§ 3 Gehaltstarifvertrag für die Arbeitnehmer in den Betrieben des Kfz-Handwerks und des Kfz-Handels in Hamburg, der bestimmt, daß wenn einzelvertraglich ein höheres Gehalt als das Tarifgehalt (§ 2) vereinbart ist, die einzelvertraglichen. Gehaltsteile, die bis zu 5 % über dem Tarifliegen, wie Tarifgehalt behandelt werden, ist nicht im Sinne einer sog. Effektivklausel auszulegen. Dies ergibt sich in Anwendung des vom 3. Senat in seinem Urteil vom 27.07.1993 – 3 AZR 468/92 – (EzA § 1 TVG Auslegung Nr. 28) aufgestellten Auslegungsgrundsatzes, wonach ein Wille der Tarifvertragsparteien, eine nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung wegen Verstoß gegen höherrangiges Recht unwirksame Regelung vereinbaren zu wollen, um die Gerichte zu einer Überprüfung ihres Standpunktes zu veranlassen, nur angenommen werden kann, wenn ein solcher Wille im Tarifvertrag deutlich zum Ausdruck gebracht ist; Dies ist bei § 3 GTV nicht der Fall. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Unzulässigkeit auch sog. beschränkter Effektivklauseln festzuhalten ist.
Normenkette
TVG § 1
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 16.02.1995; Aktenzeichen 23 Ca 115/94) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 16. Februar 1995 – 23 Ca 115/94 – abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger macht mit seiner Klage geltend, er habe auch über den 1. März 1993 hinaus einen Anspruch auf eine übertarifliche Vergütung.
Gegenstand des Unternehmens der Beklagten ist der Verkauf und die Reparatur von Kraftfahrzeugen.
Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 27. September 1974 als Kraftfahrzeugmechaniker beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitsvertrag vom 27. September 1974 (Anlage K 1, Bl. 5 f. d. A.).
Nach dem Arbeitsvertrag sind maßgebend für das Arbeitsverhältnis die jeweils gültigen Tarifverträge. Dies sind vorliegend die Tarifverträge für die Arbeitnehmer in den Betrieben des Kraftfahrzeughandwerks und des Kraftfahrzeughandels in Hamburg. Diese Tarifverträge gelten für die Parteien außerdem aufgrund der beiderseitigen Tarifbindung, weil der Kläger Mitglied der IG-Metall ist und die Beklagte Mitglied der Innung des Kraftfahrzeughandwerks Hamburg.
Der Kläger ist in die Lohngruppe IV des Lohntarifvertrages, qualifizierte Gesellen oder Facharbeiter, eingruppiert. Er ist in der Vergangenheit überwiegend übertariflich vergütet worden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage B 1 (Bl. 69 d. A.) verwiesen. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält eine Regelung, nach der der Unterschied zwischen dem tariflichen und dem vereinbarten Arbeitsentgelt als übertariflicher Zuschlag gilt, der auf spätere Tariferhöhungen angerechnet werden kann, soweit es sich nicht um eine schriftlich bestätigte Leistungszulage handelt. Eine schriftlich bestätigte Leistungszulage hat der Kläger nicht erhalten und erhält er auch derzeit nicht.
Unter dem 3. August 1984 machte die Beklagte in ihrem Betrieb folgende Mitteilung durch Aushang bekannt:
„Betr.: Erhöhte tarifliche Absicherung für Lohnempfänger
Im Hinblick auf die mit dem Betriebsrat vereinbarte Umstellung des Lohnzahlungssystems für alle Handwerker hat die Unternehmensleitung entschieden, für alle gewerblichen Mitarbeiter sinngemäß die Regelung des § 3 aus dem gültigen Gehaltstarifvertrag anzuwenden.
Ist ein höherer als der tarifliche Stundenlohn vereinbart, so werden die einzelvertraglichen Lohnteile, die bis zu 5 % über dem. Tarifliegen, wie Tariflohn behandelt.
Das schließt auch ein, daß für die Errechnung der betrieblichen Sonderzahlung der abgesicherte Stundenlohn zugrunde gelegt wird. Dies wird in den meisten Fällen zu einer bis zu 5 % über der bisherigen Zahlung liegenden Lohnzahlung führen.
Diese freiwillige Zusage entfällt, wenn eine entsprechende Regelung für den Lohntarif vereinbart wird.”
§ 3 des in dem Aushang in bezug genommenen Gehaltstarif Vertrages hatte in der damals und auch heute noch geltenden Fassung folgenden Wortlaut:
§ 3
Ist einzelvertraglich ein höheres Gehalt als das Tarifgehalt (§ 2) vereinbart, so werden die einzelvertraglichen Gehaltsteile, die bis zu 5 % über dem Tarifliegen, wie Tarifgehalt behandelt.
Der Kläger, der bis Ende Februar 1992 mit einem Stundenlohn von 18,35 DM übertariflich vergütet wurde, erhielt von der Beklagten ab dem 1. März 1992, dem Inkrafttreten der tariflichen Lohnerhöhung, zunächst den tariflichen Stundenlohn von 19,19 DM, den die Beklagte mit Wirkung vom 1. Juli 1992 auf einen übertariflichen Stundenlohn von 20,– DM anhob. Im Zusammenhang mit der Anhebung des tariflichen Stundenlohnes ab 1. März 1993 auf 20,– DM aufgrund des Lohntarifvertrages vom 19.07.1993 erfolgte keine Erhöhung des Stundenlohnes des Klägers. Er erhielt weite...