Entscheidungsstichwort (Thema)

Feiertags- und Nachtzuschlag. Kürzung unter Berufung auf irrtümliche Tarifanwendung. Jahrelange Anwendung von Tarifnormen, die das betreffende Arbeitszeitmodell ausdrücklich nicht regeln, schließt Berufung auf Irrtum aus

 

Leitsatz (amtlich)

Ein ArbGeb, der jahrelang unter Berufung auf einen TV Zuschläge zahlt, obwohl dieser TV das Arbeitszeitmodell der Wochenendwechselschicht noch gar nicht kennt, kann sich später grundsätzlich nicht einseitig unter Berufung auf einen Irrtum von den höheren Zuschlägen lossagen.

Auch neu eintretende ArbN haben Anspruch auf den höheren Zuschlag, wenn dieser im übrigen noch gezahlt wird. Es gilt der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz.

 

Normenkette

MTV für Metallindustrie Hamburgs und Umgebung

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 28.09.1994; Aktenzeichen 6 Ca 424/93)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 28.05.1996; Aktenzeichen 3 AZR 619/95)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 28. September 1994 – 6 Ca 424/93 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der Nachtzuschläge und der Feiertagszuschläge, insbesondere über die richtige Auslegung des einschlägigen Tarifvertrages.

Die Beklagte beschäftigt in ihrem Werk in der Stresemannallee in Hamburg-Lokstedt ca. 220 Arbeitnehmer in der sog. Wochenendwechselschicht. Das bedeutet Arbeit wöchentlich wechselnd von 6.00 Uhr bis 18.00 Uhr und von 18.00 Uhr bis 6.00 Uhr. Außerdem sind die Wochenendwechselschichtler verpflichtet, an sog. Wochenfeiertagen zu arbeiten.

Der Kläger ist seit dem 29. Mai 1989 in Wochenendwechselschicht als Schichttechniker für die Beklagte tätig.

In der Anlage zum Arbeitsvertrag vom 19. Mai 1989 heißt es:

  1. „Der Arbeitnehmer wird in Wochenendwechselschicht unter Einschluß von Freitagen (Frühschicht) tätig. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich zusätzlich, an bestimmten gesetzlichen Feiertagen (Karfreitag, Ostermontag, 1. Mai, Himmelfahrt, Pfingstmontag, 17. Juni. Buß- und Bettag) entsprechend dem Wochenendschichtmodell zu arbeiten. Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit richtet sich nach der jeweils gültigen Betriebsvereinbarung über die Wochenendschicht unter Einschluß der gesetzlichen Feiertage.
  2. Zulagen und Zuschläge bestimmen sich nach den tariflichen und betrieblichen Vereinbarungen.”

Auf den Arbeitsvertrag nebst Anlagen wird ergänzend Bezug genommen (Bl. 9-10, 11, 12, 13 d.A.).

Die Beklagte zahlte dem Kläger von Anfang an einen Feiertagszuschlag von 150 %. Unter Hinweis auf einen entsprechenden Aushang ging die Beklagte ab 1. April 1993 dazu über, statt dessen nur noch einen Zuschlag von 100 % zu zahlen, und beruft sich zur Begründung auf die ihrer Ansicht nach richtige Tarifauslegung.

Nachtzuschläge zahlte die Beklagte an den Kläger von Anfang lediglich in Höhe von 12,5 %. Auch insoweit beruft sich die Beklagte auf den Tarifvertrag, während der Kläger sich für seine gegenteilige Auffassung auf dieselben Tarifnormen bezieht.

Der Manteltarifvertrag (MTV) für die Metallindustrie Hamburgs und Umgebung sowie Schleswig-Holstein hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

㤠6

2. Begriff der Nachtarbeit

Nachtarbeit ist die zwischen 20.00 Uhr und 06.00 Uhr geleistete Arbeit.

2.1 Tarifgebiet Hamburg und Umgebung

Regelmäßige Nachtarbeit liegt vor, wenn sie mindestens 5 Arbeitstage umfaßt. Unregelmäßige Nachtarbeit liegt vor, wenn sie weniger als 5 Arbeitstage umfaßt.

2.2 Tarifgebiet Schleswig-Holstein

Regelmäßige Nachtarbeit liegt vor, wenn sie mindestens 5 aufeinanderfolgende Arbeitstage umfaßt oder regelmäßig wöchentlich wiederkehrend geleistet wird. Unregelmäßige Nachtarbeit liegt vor, wenn sie weniger als 5 Arbeitstage umfaßt und nicht wöchentlich wiederkehrend geleistet wird.

§ 7

1. Zuschläge für Arbeitnehmer im Tarifgebiet Hamburg und Umgebung

1.1 Höhe des Zuschlages

Die Arbeitnehmer erhalten je Stunde für angeordnete

a)

Mehrarbeit

25 % Zuschlag

b)

Nachtarbeit soweit nicht unregelmäßig bzw. regelmäßige Nach- oder Nachtschichtarbeit vorliegt

50 % Zuschlag

c)

regelmäßige Nachtarbeit oder regelmäßige Wechselschichtarbeit in der Nacht

12,5 % Zuschlag

d)

regelmäßige Nachtarbeit oder regelmäßige Wechselschichtarbeit in der Nacht

20 % Zuschlag

e)

Sonntagsarbeit

50 % Zuschlag

f)

g)

Arbeit an gesetzlichen Feiertagen, die auf einen Wochentag fallen, an dem im Betrieb regelmäßig gearbeitet wird

150 % Zuschlag

h)

Arbeit an gesetzlichen Feiertagen, die auf einen Wochentag fallen, an dem im Betrieb regelmäßig nicht gearbeitet wird

100 % Zuschlag

i)

Arbeit an gesetzlichen Feiertagen, die auf einen Sonntag fallen

100% Zuschlag

1.2 Treffen mehrere Zuschläge zusammen, so ist nur der höhere Zuschlag zu zahlen.

1.3 Zuschlagsfrei ist die Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit der Pförtner, Wächter und Nachtwächter.

2. Zuschläge für gewerbliche Arbeitnehmer im Tarifgebiet Schleswig-Holstein

2.4 Der Nachtarbeitszuschlag beträgt

a)

bei regelmäßiger Nachtarbeit

15 % Zuschlag

b)

bei unregelmäßiger Nachtar...

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