Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 23.11.1994; Aktenzeichen 21 Ca 293/94) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 23. November 1994 – 21 Ca 293/94 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der nachfolgende Tatbestand enthält in Anwendung der §§ 543 Abs. 2 ZPO, 64 Abs. 6 ArbGG eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien; von der Möglichkeit der Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen wird Gebrauch gemacht.
Der Kläger ist bei der Beklagten als gewerblicher Arbeitnehmer mit der Tätigkeit eines Kunststoffhandwerkers beschäftigt. Beide Parteien sind tarifgebunden im Sinne der Tarifverträge für die … Gem. § 5 Abs. 5 des ab 1. April 1990 geltenden Manteltarifvertrags für Arbeitnehmer der … erhalten Angestellte im Falle von Kurzarbeit einen Zuschuß in Höhe von 50 % des Differenzbetrages zwischen dem Kurzarbeitergeld und dem regelmäßigen Nettoarbeitsentgelt. Für gewerbliche Arbeitnehmer sieht der … eine derartige Leistung vor. Der Kläger verlangt von der Beklagten für eine Zeit der Kurzarbeit von April bis Juni 1993 einen entsprechenden Zuschuß in der rechnerisch unstreitigen Höhe von DM 153,64 brutto.
Hinsichtlich des vom Arbeitsgericht als unstreitig zugrundegelegten Sachverhalts sowie des streitigen Sachvortrages und der Anträge der Parteien im ersten Rechtszug wird im übrigen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 85–88 d.A.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und dies im wesentlichen wie folgt begründet:
§ 5 Abs. 5 MTV verstoße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Der Kläger werde in verfassungswidriger Weise von der begünstigenden Regelung ausgenommen. Auch die Tarifvertragsparteien seien an den Gleichheitssatz gebunden Sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung von Arbeitern und Angestellte hinsichtlich der Gewährung eines Zuschusses zum Kurzarbeitergeld seien nicht zu erkennen, Sie wären insbesondere nicht durch die Bestimmung des § 5 Abs. 2 MTV, nach der es zur Herabsetzung der Arbeitszeit nicht der Einhaltung der Kündigungsfrist bedarf, im Zusammenhang mit den unterschiedlichen Kündigungsfristen begründet. Die wegen der Unwirksamkeit des § 5 Abs. 5 MTV bestehende Lücke sei in der Weise zu schließen, daß auch den gewerblichen Arbeitnehmern der Zuschuß zum Kurzarbeitergeld zustehe.
Im einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 88–100 d.A.) Bezug genommen.
Mit der zugelassenen Berufung verfolgt die Beklagte weiterhin das Ziel der Klagabweisung.
Sie vertritt auch in der Berufungsinstanz die Auffassung, es liege ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmergruppen im Tarifvertrag vor. Das gelte auch dann, wenn Kurzarbeit nicht über Änderungskündigungen, sondern über eine entsprechende Betriebsvereinbarung eingeführt werde. Durch § 5 Abs. 5 MTV würden in diesem Fall langwierige Verhandlungen über den Ausgleich für die längeren Kündigungsfristen der Angestellten vermieden, Dem Arbeitgeber solle nach dem Willen der Tarifvertagsparteien eine kurzfristige Personalanpassung bei ungünstiger Beschäftigungslage ermöglicht werden. Werde Kurzarbeit über Änderungskündigungen eingeführt, so hätten die Angestellten wegen der Verkürzung ihrer Kündigungsfristen gegenüber den Arbeitern einen offensichtlichen Nachteil. Da Angestellte jedenfalls generell längere Kündigungsfristen als Arbeiter hätten, hätten die Tarifvertragsparteien eine zulässige Gruppenbildung vorgenommen. In Tarifverträgen könnten durchaus unterschiedliche Kündigungsfristen wirksam vereinbart werden. Das gelte für den Produktionsbereich in der Metallindustrie, für den ein Flexibilitätsbedürfnis auch von der Rechtsprechung anerkannt werde. Dann seien aber auch differenzierende Regelungen zulässig, die an die unterschiedlichen Kündigungsfristen anknüpften.
Auch wenn kein Grund für die unterschiedliche Behandlung bestehen sollte, ergebe sich daraus noch kein Anspruch der gewerblichen Arbeitnehmer. In den aktuellen Tarifverhandlungen sei § 5 Abs. 5 MTV Gegenstand der Verhandlungen; eine Einigung sei bisher nicht erzielt worden. Es gebe durchaus verschiedene Möglichkeiten, eine tarifvertragliche Regelung unter Gleichbehandlung beider Arbeitnehmergruppen zu erreichen. Sie habe auch – was zwischen den Parteien unstreitig ist – den Zuschuß an die Angestellten nur unter dem Vorbehalt der Wirksamkeit der Tarifnorm gezahlt. Es wäre mithin auch möglich, auch rückwirkend eine die Angestellten belastende tarifliche Regelung zu vereinbaren. Eine rückwirkende Gewährung des vollen Zuschusses auch an die gewerblichen Arbeitnehmer würde sie zusätzlich mit DM 8,1 Mio. belasten. Angesichts ihrer Verluste in den Geschäftsjahren 1993 und 1994 könnten weiter...