Verfahrensgang
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 16. Mai 1991 – 2 Ca 435/88 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um den Bewährungsaufstieg der Klägerin von der Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1a der Anl. 1a Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) in die Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 2 der Anl. 1a BAT ab 1. Januar 1989.
Die Klägerin ist seit dem 1. Januar 1977 im … der …. Ihre Tätigkeit als Verwaltungsfachangestellte an der Universität Hamburg mit einer Arbeitszeit von 20 Wochenstunden übt sie seit 1. Januar 1983 aus. Ihr obliegt dort die Verwaltung der vom Bund zu Forschungszwecken als Drittmittel bereitgestellten Gelder. Die Klägerin ist seit 1. Januar 1983 in die Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1a der Anl. 1a zum BAT eingruppiert. Arbeitsvertraglich vereinbart ist zwischen den Parteien die Anwendung des BAT und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge. Mit Schreiben vom 28. Januar 1988 machte die Klägerin einen Anspruch auf Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 2 der Anl. 1a zum BAT ab 1. Januar 1989 bei der Beklagten geltend. Die Beklagte lehnte diesen Anspruch unter Hinweis auf § 23 a BAT ab.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Regelung des § 23 a Satz 2 Nr. 6 BAT a.F. sei wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), Art. 1 § 2 Beschäftigungsförderungsgesetz (BeschFG), Art. 3 Abs. 2 GG, § 611 a Abs. 1 BGB i.V.m. § 612 Abs. 3 BGB sowie gegen Art. 119 EWG-Vertrag und gegen die Richtlinien der EG Nr. 75/117/EWG rechtswidrig.
In der Anwendung des § 23 a Satz 2 Nr. 6 BAT a.F. liege sowohl eine ungerechtfertigte Benachteiligung gegenüber den vollzeitbeschäftigten Kolleginnen und Kollegen als auch eine mittelbare Diskriminierung von Frauen gegenüber Männern.
Die 6-jährige Halbtagstätigkeit der Klägerin habe gezeigt, daß sie inhaltlich gleiche und gleichgute Arbeit wie die vollzeitbeschäftigten Angestellten leiste. Dies ergebe sich auch schon aus der zwischen ihr und den Vollzeitbeschäftigten bestehenden gegenseitigen Vertretungspflicht. Der Tätigkeitsbereich sei eben nicht nach inhaltlicher Schwere der Arbeit sondern nach Verwaltung für die einzelnen Fachbereiche aufgeteilt, wobei sie für den Fachbereich Physik zuständig sei. Eine Differenzierung hinsichtlich der Qualität der Tätigkeit, die sie nach einem halben Jahr, nach zwei Jahren oder nach 6 Jahren ausübe, könne nicht erfolgen, so daß sie sich ebenso wie die Vollzeitbeschäftigten Angestellten nach 6 Jahren Tätigkeit bewährt habe.
Die mittelbare Diskriminierung von Frauen ergebe sich daraus, daß ca. 95 % der Teilzeitbeschäftigten im öffentlichen Dienst Frauen seien. Die Regelung, wonach Teilzeitbeschäftigte erst nach zwölf Jahren, Vollzeitbeschäftigte aber schon nach sechs Jahren den Bewährungsaufstieg erfahren dürften, betreffe also fast ausschließlich Frauen.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab 1. Januar 1989 eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 2 BAT zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, wonach die Regelung des § 23 a Satz 2 Nr. 6 BAT a.F. rechtswirksam sei (Urteile BAG vom 14. September 1988 in den Sachen 4 AZR 132/88 sowie 4 AZR 351/88).
Die tarifliche Regelung sei objektiv gerechtfertigt und schließe damit eine Diskriminierung von Frauen aufgrund des Geschlechtes aus. Die Tarifvertragsparteien seien erkennbar davon ausgegangen, daß ein Antragsteller im Laufe der Zeit innerhalb seines Aufgabengebietes Fähigkeiten und Fertigkeiten hinzugewinne, die seine persönliche Qualifikation erhöhten. Das erhöhte und vertiefte Erfahrungswissen solle daher den Bewährungsaufstieg und die Höhergruppierung rechtfertigen. Die Möglichkeit, Erfahrungswissen zu erlangen, orientiere sich an der Beschäftigungszeit des Vollzeitbeschäftigten. Der Teilzeitbeschäftigte könne dieses Wissen naturgemäß erst nach längerem Zeitraum erlangen, da ihm eine geringere Wochenarbeitszeit zur Verfügung stehe.
Im übrigen obliege es lediglich den Tarifvertragsparteien, die Dauer der Bewährungszeit zu regeln. Den Arbeitsgerichten sei es aufgrund der in Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Tarifautonomie verwehrt, tarifliche Regelungen auf ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen.
Das Arbeitsgericht Hamburg hat am 17. April 1989 folgenden Beschluß verkündet:
„Dem Europäischen Gerichtshof werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung gem. Art. 177 Satz 1a EWG-Vertrag vorgelegt:
Liegt ein Verstoß gegen Art. 119 EWG-Vertrag in Form der „mittelbaren Diskriminierung von Frauen” vor, wenn ein Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für den Bewährungsaufstieg in die nächsthöhere Vergütungsgruppe im Hinblick auf die Position einer Verwaltungsfachangestellten der Universität bestimmt:
- Bewährungszeiten, ...