Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung Amtsvormund/-pfleger. Amtsbetreuer
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Tätigkeit Amtsvormundes/-pflegers/Amtsbetreuers handelt es sich um einen einheitlichen Arbeitsvorgang.
2. Die Tätigkeit Amtsbetreuers nach Inkrafttreten des Betreuungsgesetzes am 1.1.1992 hebt sich grundsätzlich durch „besondere Schwierigkeit und Bedeutung” aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 16 heraus. Dies gilt auch für die Tätigkeit Amtsvormundes/Amtspflegers vor Inkrafttreten des Betreuungsgesetzes, wenn sich die Tätigkeiten durch Inkrafttreten des Betreuungsgesetzes nicht geändert haben.
Normenkette
BAT 1975 §§ 22-23
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 19.01.1994; Aktenzeichen 16 Ca 130/93) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 19. Januar 1994 – 16 Ca 130/93 – wird auf deren Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende tarifliche Eingruppierung der Klägerin.
Die Klägerin ist Sozialarbeiterin. Seit dem 1. März 1979 ist sie bei der Beklagten, Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales als Angestellte beschäftigt.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien richtet sich nach § 2 des zuletzt geschlossenen Arbeitsvertrages vom 13. Juli 1992 (Anlage 2 zur Klageschrift, Bl. 19 f. d.A.) nach dem Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. Der BAT wurde für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst mit Wirkung vom 1. Januar 1991 geändert.
Die Klägerin war bei der Beklagten zunächst als „Amtsvormund/-pfleger” tätig. Nach Änderung der Vorschriften über die Vormundschaft mit Wirkung vom 1. Januar 1992 durch das Betreuungsgesetz ist die Klägerin sogenannte Amtsbetreuerin.
Nach der Stellenbeschreibung vom 16. Juni 1992 (Anlage 4 zur Klageschrift, Bl. 25 f.) hat die Klägerin folgende Aufgaben zu verrichten:
„1. Betreuungen für Volljährige im Sinne des Betreuungsgesetzes
– Allgemein
Rechtliche Vertretung der Betreuten im Rahmen des vom Vormundschaftsgericht definierten Aufgabenkreises; persönliche Betreuung/Unterstützung/Beratung der Betreuten in allen Angelegenheiten des täglichen Lebens; Feststellung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Betreuten; Kontaktaufnahme mit seiner/ihrer Umwelt, Familie, Arbeitgeber, Ärzte usw..
– Sorge für die Person des/der Betreuten
Wahrnehmung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes (Unterbringung in Einrichtungen – auch gegen den erklärten Willen des/der Betreuten in geschlossenen Einrichtungen –, Anwendung von Zwang, Inanspruchnahme von Vollzugsorganen; vormundschaftsgerichtliche Genehmigungen einholen); Zustimmung zu Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit, Vertretung in Strafsachen/Familienrechtssachen/Scheidungs- und Scheidungsfolgeverfahren u. a..
– Anspruchswahrnehmung
Geltendmachung und Realisierung aller materiellen/rechtlichen Ansprüche im Rahmen des Aufgabenkreises (Rentenansprüche, Krankengeld, Sozialhilfe, Unterhalt, Kriegsopferfürsorge, Arbeitslosengeld/-hilfe, Wohngeld, Beihilfe usw.). Verwaltung aller Vermögenswerte; Führung eines Kontos, unter Umständen Einteilung des Lebensunterhaltes auch gegen den Willen des/der Betreuten.
– Rechtliche Vertretung im vermögensrechtlichen Bereich
Abschluß von Kauf-, Miet-, Grundstücks-, Arbeits-, Versicherungs- und sonstigen schuldrechtlichen Verträgen; Wohnungsauflösung, Schuldanerkenntnisse, Schadensersatzansprüche für oder gegen den/die Betreute(n), Einleitung und Führung von Prozessen, Einlegung von Rechtsmitteln, Abschluß von Vergleichen, Vermittlung und Bevollmächtigung von Rechtsbeiständen, Zugewinnausgleich, Entscheidungen über Unterhaltsansprüche von unterhaltsberechtigten Personen u. a., Geltendmachung, Realisierung und Sicherung von Erb- und Pflichtteilsrechten, Ermittlung und Bewertung von Nachlaßvermögen und -verbindlichkeiten, Prüfung von Erb- und Erbersatzansprüchen, Abschluß von Erbauseinandersetzungsverträgen, Ausschlagung der Erbschaft.
– Vertretung der Betreuten im gerichtlichen Verfahren, Prüfung der Rechtslage, Antrag auf Änderung des Aufgabenkreises, und Anträge an das Vormundschaftsgericht, Fertigung des Vermögensverzeichnisses,
– Verwaltungsmäßige Erfassung und Führung der Betreuungen, Statistik, Kassengeschäfte, Rechnungslegung/Schlußrechnung.
1.1. Neuzugänge und herausgehobene Einzelfälle
1.2 Sonstige laufende Einzelfalle in der Betreuung
…”
Die Klägerin ist weiter betraut mit Aufgaben nach dem Betreuungsbehördengesetz und nach dem Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit.
Die Tätigkeit der Klägerin als Amtsbetreuerin für Volljährige im Sinne des Betreuungsgesetzes nimmt ohne die Zusatzarbeiten nach dem Betreuungsbehördengesetz 75 % der Gesamtarbeitszeit der Klägerin in Anspruch.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Arbeitsplatzbeschreibung vom 16. Juni 1992 wird auf Bl. 25/26 d.A. verwiesen.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß sich die Tätigkeiten der Klägerin durch das Inkrafttreten des Betreuungsge...