Gegen diese Entscheidung findet kein Rechtsmittel statt, § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG.
Entscheidungsstichwort (Thema)
Wertfestsetzung im Beschlussverfahren einstweilige Verfügung Unterlassung. Beseitigung einer Betriebsänderung durch Personalabbau
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Wertfestsetzung für ein Beschlussverfahren, mit dem der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte im Rahmen einer Betriebsänderung durch Personalabbau sichern will, richtet sich als nicht vermögensrechtliche Streitigkeit nach § 23 Abs. 3 RVG.
2. Für den Grundfall einer Betriebsänderung durch Personalabbau, von dem mindestens sechs Arbeitnehmer betroffen sind (§ 17 Abs. 1 KSchG), ist der Auffangwert von 4.000 EUR anzusetzen.
3. Zur Gewährleistung der erforderlichen Berechenbarkeit ist für jeden von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer ein Sechstel des Auffangwertes, mithin 666,67 EUR, anzusetzen.
Normenkette
RVG §§ 33, 23 Abs. 2; BetrVG § 111; ArbGG § 85 Abs. 2; RVG § 23 Abs. 3; BetrVG § 112
Verfahrensgang
ArbG Bochum (Beschluss vom 21.02.2005; Aktenzeichen 4 BVGa 9/04) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bochum vom 21.02.2005 – 4 BVGa 9/04 – teilweise abgeändert.
Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 15.333,40 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I
Im Ausgangsverfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat der antragstellende Betriebsrat von der Arbeitgeberin verlangt, bis zum Abschluss der Verhandlungen über einen Interessenausgleich den Ausspruch von Kündigungen, Änderungskündigungen oder Versetzungen hinsichtlich von 23 Mitarbeitern zu unterlassen und bereits ausgesprochene Kündigungen gegenüber 20 Arbeitnehmern zurückzunehmen.
Durch Beschluss des Arbeitsgerichts vom 18.11.2004 wurden die Anträge des Betriebsrates zurückgewiesen. Der Beschluss vom 18.11.2004 wurde rechtskräftig.
Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates hat das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 21.02.2005 den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit auf 33.666,67 EUR festgesetzt. Gegen diesen der Arbeitgeberin am 24.02.2005 zugestellten Beschluss hat diese am 04.03.2005 Beschwerde eingelegt und zur Begründung vorgetragen, im vorliegenden Fall sei lediglich der dreifache Hilfswert anzusetzen. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II
Die nach § 33 Abs. 3, 61 Abs. 1 Satz 2 RVG zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin ist nur zum Teil begründet.
Der Gegenstandswert für das vorliegende Verfahren war auf 15.333,40 EUR festzusetzen.
1. Die Wertfestsetzung richtet sich vorliegend nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG (früher: § 8 Abs. 2 BRAGO). Hiernach ist der Gegenstandswert in Fällen der vorliegenden Art nach billigem Ermessen zu bestimmen. Die Wertfestsetzung nach billigem Ermessen kommt auch im Anwendungsbereich des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG erst hinter allen sonstigen Bewertungsfaktoren zum Zuge. Wo ein objektiver Wert festgestellt werden kann, kommt es in erster Linie auf die Feststellung dieses Wertes an. Für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren folgt hieraus, dass die wirtschaftliche Bedeutung des jeweiligen Streitgegenstandes vielfach im Vordergrund der Bewertung stehen muss (LAG Hamm, Beschluss vom 24.11.1994 – LAGE § 8 BRAGO Nr. 27; LAG Hamm, Beschluss vom 12.06.2001 – LAGE § 8 BRAGO Nr. 50; Wenzel, GK-ArbGG, § 12 Rz. 194, 441 ff. m.w.N.).
Vom Hilfswert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG ist jedoch dann auszugehen, wenn es sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit handelt. Hiervon ist im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren immer dann auszugehen, wenn um das Bestehen und die Beachtung betriebsverfassungsrechtlicher Beteiligungsrechte gestritten wird, weil dieses Begehren weder auf Geld noch auf eine geldwerte Leistung gerichtet ist und seine Grundlage auch nicht in einem Verhältnis steht, dem ein Vermögenswert zukommt (BAG, Beschluss vom 09.11.2004 – NZA 2005, 70 = DB 2005, 564; LAG Hamm, Beschluss vom 12.06.2001 – LAGE § 8 BRAGO Nr. 50).
Da die Beteiligten im vorliegenden Verfahren darum gestritten haben, ob im Rahmen der §§ 111, 112 BetrVG die Beteiligungsrechte des Betriebsrats gewahrt worden sind, handelte es sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit. Auch in der Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte ist in Fällen der vorliegenden Art stets der Ausgangswert des § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO (heute § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG) zugrunde gelegt worden (LAG Hamburg, Beschluss vom 06.01.1999 – LAGE § 8 BRAGO Nr. 44; LAG Köln, Beschluss vom 09.06.1999 – NZA-RR 1999, 608; LAG Thüringen, Beschluss vom 28.07.1999 – AuR 2000, 39; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 16.11.2000 – LAGE § 8 BRAGO Nr. 47; LAG Sachsen, Beschluss vom 11.12.2001 – AuR 2003, 35). Dieser Bewertung haben sich auch die beim Landesarbeitsgericht Hamm zuständigen Beschwerdekammern angeschlossen.
Dabei ist in Verfahren der vorliegenden Art zunächst vom Hilfswert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG auszugehen ...