Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten
Leitsatz (redaktionell)
Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a ArbGG unter dem Gesichtspunkt einer "Sic-Non-Fallgestaltung" gegeben, wenn der Kläger zwar seine Leistungen im Vertrieb der Beklagten auf der Basis einer Handelsvertretung über eine BGB-Gesellschaft abgerechnet hat, aber der Ansicht ist, dass er tatsächlich in persönlicher Abhängigkeit für die Beklagte tätig gewesen sei und daher ein Umgehungsgeschäft vorliege, sodass von einem Arbeitsverhältnis auszugehen sei.
Normenkette
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
ArbG Bochum (Entscheidung vom 14.09.2016; Aktenzeichen 3 Ca 206/16) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bochum vom 14.09.2016 - 3 Ca 206/16 – wird auf Kosten der Klägerin (*1berichtigt: „Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bochum vom 14.09.2016 – 3 Ca 206/16 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.“
) zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf 10950 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um Entgeltansprüche des Klägers gegen die Beklagte, um die Zahlung von Weihnachts- und Urlaubsgeld für das Jahr 2015 sowie im Rahmen einer Hilfswiderklage um Rückzahlungsansprüche der Beklagten gegen den Kläger.
Der Kläger war mindestens seit dem Jahr 2007 für die Beklagte im Bereich Vertrieb/Verkauf und Kundenbetreuung tätig. Zugleich war der Kläger geschäftsführender Gesellschafter der X GbR. Weitere Gesellschafterin der GbR war die Ehefrau des Klägers.
Im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beklagte stellte der Kläger im Namen der Firma X GbR Rechnungen an die Beklagte. Wegen des Inhalts exemplarischer Rechnungen wird auf Bl. 41 – 44 d. A. Bezug genommen.
Die Beklagte zahlte auch bei Urlaubsabwesenheit des Klägers Beträge auf das in den Rechnungen angegebene Konto. Während seiner Tätigkeit für die Beklagte nahm der Kläger u. a. Termine für die Beklagte wahr und leistete an einem Tag wöchentlich einen sogenannten „Bürotag“ in den Räumen der Beklagten ab.
Am 19.05.2015 fand ein Gespräch zwischen dem Kläger und dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten sowie deren Rechtsbeiständen und Steuerberatern statt. Der Geschäftsführer machte unter anderem in diesem Gespräch deutlich, dass er in jedem Falle von einer weiteren Zusammenarbeit mit dem Kläger in Zukunft Abstand nehmen werde. Wegen des Kurzprotokolls des Gesprächs vom 19.05.2015 wird auf Bl. 36 – 37 d. A. Bezug genommen.
Vom 04.05.2015 bis einschließlich 03.07.2015 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt.
Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 26.05.2015, adressiert an die X GbR, das „bestehende Vertragsverhältnis“. Mit Schreiben vom 30.11.2015 erklärte die Beklagte die Kündigung eines eventuell zwischen dem Kläger und ihr bestehenden Arbeitsverhältnisses.
Diese Kündigungen sowie Entgeltansprüche des Klägers bis zum 15.06.2016 stritten waren Gegenstand des beim Arbeitsgericht Bochum unter dem Aktenzeichen 3 Ca 1131/15 anhängigen Verfahrens.
Mit Urteil vom 13.01.2016 stellte das Arbeitsgericht festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, dieses durch die Kündigungen vom 26.05.2015 und 30.11.2015 nicht aufgelöst worden ist und hat die Beklagte zur Entgeltfortzahlung für den Zeitraum 01.05.2015 bis 15.06.2015 verurteilt. Wegen dieses Urteils des Arbeitsgerichts Bochum derzeit bei Landesarbeitsgericht Hamm ein Berufungsverfahren anhängig, das jetzt unter dem Aktenzeichen 15 Sa 800/16 anhängig ist und in dem für den 28.08.2017 eine weitere Berufungsverhandlung anberaumt wurde, nachdem der gerichtliche Vergleichsvorschlag vom 14.11.2016 nicht angenommen wurde.
Mit seiner am 10.02.2016 bei Gericht eingegangenen Klage sowie seiner am 20.05.2016 bei Arbeitsgericht eingegangenen Klageerweiterung begehrt der Kläger die Zahlung von insgesamt 53.750,00 € brutto nebst Zinsen.
Mit der am 25.02.2016 bei Gericht eingegangenen Hilfswiderklage begehrt die Beklagte hilfsweise die Rückzahlung von 69.353,89 € durch den Kläger.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis begründet worden sei, das mangels einer wirksamen Kündigung weiterhin fortbestehe. Leistungsverhältnisse hätten nur zwischen ihm und der Beklagten bestehen sollen, nicht zwischen der X GbR und der Beklagten. Die Rechnungen der X GbR seien bis Mai 2015 auf Anweisung der Beklagten im Namen der X GbR erstellt worden, um den Schein der Selbständigkeit zu wahren. Im Jahr 2013 sei das Gewerbe abgemeldet und der Sohn des Geschäftsführers der Beklagten auch darüber von ihm in Kenntnis gesetzt worden.
Der Kläger hat darüber hinaus behauptet, er habe nicht frei über seine Zeit verfügen können, sondern sei durch die Beklagte angewiesen worden, von 08:00 bis 17:00 Uhr arbeitstäglich zur Verfügung zu stehen, er sei auch an Weisungen der Beklagten gebunden gewesen und organisatorisch in die betriebl...