Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustimmungsersetzung. Einstellung, Versetzung und Eingruppierung von Arbeitnehmern. Umfang der Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers. Vorlage von Bewerbungsunterlagen. Zustimmungsverweigerungsgründe. dringende sachliche Erforderlichkeit der vorläufigen Durchführung der personellen Maßnahmen
Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen der Unterrichtung des Betriebsrates ist der Arbeitgeber nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG auch ohne konkrete Rüge des Betriebsrates verpflichtet, dem Betriebsrat Bewerbungsunterlagen der Bewerber vorzulegen.
Er ist ferner verpflichtet, um den Unterrichtungsanspruch des Betriebsrates nicht leer laufen zu lassen, den Betriebsrat über diejenigen Informationen und Erkenntnisse, insbesondere über die fachliche und persönliche Eignung des Bewerbers, die sich aus mündlichen Vorstellungsgesprächen ergeben, zu unterrichten.
Normenkette
BetrVG § 99 Abs. 1 S. 1, Abs. 3-4, § 100
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Beschluss vom 09.10.2002; Aktenzeichen 9 BV 15/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 09.10.2002 – 9 BV 15/02 – wird zurückgewiesen.
Auf die Beschwerde des Betriebsrates wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 09.10.2002 – 9 BV 15/02 – abgeändert.
Die Anträge des Arbeitgebers werden insgesamt abgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten über die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Einstellung, Versetzung und Umgruppierung von Mitarbeitern des Arbeitgebers sowie über die Feststellung, dass die personellen Maßnahmen aus sachlichen Gründen dringend erforderlich waren.
Der antragstellende Arbeitgeber betreibt in Nordrhein-Westfalen mehrere konzessionierte Spielbanken, darunter die Spielcasinos in A4xxxx, B6x O1xxxxxxxx und D2xxxxxx-H1xxxxxxxxx. Antragsgegner des vorliegenden Verfahrens ist der im Spielcasino in D2xxxxxx-H1xxxxxxxxx gewählte Betriebsrat.
Die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter des Arbeitgebers richten sich nach den Bestimmungen des Manteltarifvertrages vom 27.05./08.07.1994 – MTV. In § 2 Abs. 3 MTV ist geregelt:
„Das Recht zur Versetzung in einen anderen Betrieb ist von der Zustimmung des abgebenden und des aufnehmenden Betriebsrates abhängig.”
Die Eingruppierung und Bezahlung der punktbesoldeten Arbeitnehmer/innen des Arbeitgebers richten sich nach dem Entgeltrahmentarifvertrag vom 01.12.1996 (Bl. 263 ff.d.A.), auf dessen Bestimmungen im Einzelnen Bezug genommen wird. § 11 des Entgeltrahmentarifvertrages – ERTV – sieht vor:
„§ 11
Beförderungen
Für eine Beförderung in die Position des Tischchefs bzw. Saalchefs ist die erfolgreiche Absolvierung von Lehrgängen aller im Unternehmen angebotener Spiele und die erfolgreiche Teilnahme an einem Assessment Center vorgegeben. Bei Vorliegen der Voraussetzung besteht auf die Teilnahme an einem Assessment Center für die Positionen Tischchef oder Saalchef Anspruch. Näheres ist in einer Gesamtbetriebsvereinbarung geregelt, die folgende Eckpunkte enthält:
- Die Teilnahme am Tischchef Assessment Center bedingt eine Berufszugehörigkeit von mindestens 8 Jahren als Croupier.
- Die Teilnahme an einem Saalchef Assessment Center soll frühestens 3 Jahre nach erfolgreichem Absolvieren eines Tischchef Assessment Centers oder nach mindestens 3jähriger Berufstätigkeit als bestätigter Tischchef oder Tischchefvertreter erfolgen.
Sobald neue Regelungen auf betrieblicher Ebene getroffen sind, wird der Tarifvertrag entsprechend geändert.”
Zwischen dem Arbeitgeber und dem Gesamtbetriebsrat wurde unter dem 10.10.1997 eine Gesamtbetriebsvereinbarung über „Assessment Center für den Bereich Spieltechnik” – GBV – abgeschlossen. Dort heißt es u.a.:
„ 1. Grundsatz
Das Assessment Center ist ein Baustein eines unternehmenseinheitlichen Personalentwicklungs- und Auswahlsystems. Hierzu gehören gleichrangig Beurteilungen, Personalentwicklungsgespräche und andere Maßnahmen betrieblicher Weiterbildung. Die erfolgreiche Absolvierung eines Assessment Centers ist Voraussetzung für eine Bewerbung auf eine Tischchef- bzw. Saalchef-Position. Die Teilnahme am Assessment Center erfolgt grundsätzlich freiwillig (…).
11. Inkrafttreten
Diese Gesamtbetriebsvereinbarung tritt mit Wirkung vom 01.07.1997 in Kraft und ersetzt die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 02.08.1994. Sie ist befristet bis zum 31.12.1998. § 11 Entgeltrahmentarifvertrag vom 01.01.1996 bleibt unberührt. Eine Nachwirkung wird ausgeschlossen.”
Auf die weiteren Bestimmungen der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 10.10.1997 (Bl. 272 ff.d.A.) wird Bezug genommen. Nach Auslaufen der befristeten Gesamtbetriebsvereinbarung zum 31.12.1998 wurde eine neue Gesamtbetriebsvereinbarung nicht abgeschlossen.
Der Entgeltrahmentarifvertrag vom 01.02.1996 wurde zum 31.12.1999 gekündigt und befindet sich seither in der Nachwirkung. Ein neuer Tarifvertrag ist bislang nicht abgeschlossen worden. Auch die Bestimmungen des Manteltarifvertrages vom 27.05./08.07.1994 sind gek...