Verfahrensgang
ArbG Rheine (Vorbehaltsurteil vom 23.11.1999; Aktenzeichen 1 Ca 861/99) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 23.11.1999 (1 Ca 861/99) abgeändert
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Der Kläger hat die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 19.000,00 DM = 9.714,55 [euro] festgesetzt
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen, fristgerechten Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers durch den beklagten Insolvenzverwalter.
Der Beklagte ist der durch Beschluß des Amtsgerichts Münster vom 01.05.1999 (86 IN 3/99) bestellte Insolvenzverwalter über das Vermögen der N. Textilwerke H. GmbH & Co. KG aus Neuenkirchen, die mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt.
Der am 06.05.1966 geborene, verheiratete Kläger, welcher seiner Ehefrau und einem am 15.06.1999 geborenen Kind unterhaltsverpflichtet ist, war bei der Schuldnerin seit dem 09.07.1989 als Kettfahrer zu einem Lohn von zuletzt 3.800,00 DM brutto beschäftigt.
Am 25./28.06.1999 unterzeichneten der Beklagte als Insolvenzverwalter und der Betriebsrat einen Interessenausgleich, in dem es u. a. heißt:
2. Interessenausgleich
a) Insolvenzverwalter und Betriebsrat sind sich in dem gemeinsamen Ziel einig, das Unternehmen und seine Arbeitsplätze zu erhalten und zu sichern. Der Interessenausgleich I. ist notwendig, weil die derzeitige Situation (Auftragsrückgänge) unabhängig von der Insolvenzsituation eine Reduzierung der Personalstärke erforderlich macht, wobei diese Personalreduzierung unabhängig von einem eventuell wegen der Insolvenz noch erfordertich werdenden weiteren Interessenausgleich und Sozialplanregelung erfolgt.
Dem Betriebsrat wurden alle notwendigen Untertagen zur Verfügung gestellt, um eine sachgerechte Entscheidung hinsichtlich der vom Insolvenzverwalter beabsichtigten Personalreduzierung treffen zu können. Diese Untertagen werden als Anlage zum Interessenausgleich genommen.
b) Der Auftragsrückgang und die damit verbundene Verringerung des Umsatzes der Gesellschaft hat zur Folge, daß die Arbeitsverhältnisse in der Anlage 1 aufgeführten Mitarbeiter des Unternehmens gekündigt werden müssen.
Es besteht Einigkeit dahingehend, daß die erforderlichen Kündigungen nach Abschluß des vorliegenden Betriebsvereinbarung ausgesprochenen werden können.
Der Insolvenzverwalter verpflichtet sich, Kündigungen nur unter Beachtung der gesetzlichen, tariflichen oder individuellen Kündigungsfristen – maximal jedoch mit der Kündigungsfrist des § 113 Abs. 1 Satz 2 InsO – auszusprechen.
c) Der Betriebsrat hat eine Liste der zu kündigenden Arbeitnehmer mit den individuellen Sozialdaten erhalten. Diese Liste ist als Anlage 1 fester Bestandteil der vorliegenden Betriebsvereinbarung.
DieAnlage 1 stellt eine Namensliste im Sinne des § 125 Abs. 1 InsO dar.
Der Betriebsrat hat in seiner Sitzung, die der Unterzeichnung der vorliegenden Betriebsvereinbarung voranging, die beabsichtigten Kündigungen der in der Anlage 1 aufgeführten Personen zur Kenntnis genommen und erklärt, daß damit das Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG bezüglich der in der anliegenden Liste 1 aufgeführten Arbeitnehmer durchgeführt und abgeschlossen ist
d) Es wird noch unter Beachtung des Gesetzes über den Sozialplan im Insolvenzverfahren ein Sozialplan ausgehandelt. Die sich nach dem Gesetz der Höhe nach ergebenden Obergrenzen sind zu beachten. Dieser Sozialplan gilt für alle Arbeitnehmer der Firma N. Textilwerke H. GmbH & Co. KG, die am Tage der Unterzeichnung dieser Betriebsvereinbarung in einem ungekündigten und unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen.
Der Interessenausgleich ist mit einer Namensliste oben links geklammert. Es sind mehrere Löcher vorhanden. Bei der Einnahme des Augenscheins im Berufungstermin wurde festgestellt, daß sich aus dem Text der Betriebsvereinbarung (des Interessenausgleichs) vom 25./28.06.1999 Einstiche von Heftklammern zeigten, die auf der Namensliste nicht festzustellen sind. Außerdem enthält die Namensliste zwei handschriftlich nachgetragene Arbeitnehmerinnen, die seinerzeit in Erziehungsurlaub gewesen sind. Es wurde streitlos gestellt, daß die Eintragung nach Abschluß des Interessenausgleichs vorgenommen worden ist. Gleiches gilt für die Änderung des Beendigungsdatums von zwei Arbeitnehmerinnen, die ebenfalls mit Bleistift vorgenommen worden ist. Am Schluß der Namensliste heißt es im Text:
Bei der Ermittlung der Punktezahl sind folgende Kriterien berücksichtigt worden:
- Lebensalter je Jahr – 1 Punkt,
- Betriebszugehörigkeit je Jahr – 1 Punkt,
- Steuerstand Steuerklasse III – 8 Punkte.
Der Beklagte hat in der Weberei die Kapazität von 76 Webmaschinen auf 52 Webmaschinen reduziert und hat in der Schichterei von drei auf zwei Schichten umgestellt. Von den drei Garn- und Kettfahrern wurden zwei Arbeitnehmer, darunter der Kläger, entlassen. Die Sozialdaten der drei Kettfahrer sind wie folgt ermittelt worden:
Name: |
geboren: |
Eintritt: |
Steuerklasse: |
... |