Die Revision wird nicht zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Interessenausgleich mit Namensliste in der Insolvenz Zur Frage der groben Fehlerhaftigkeit der sozialen Auswahl
Leitsatz (redaktionell)
Liegt ein formell wirksam zustande gekommener Interessenausgleich mit Namensliste über eine geplante Betriebsänderung vor, so ist die Betriebsbedingtheit der Kündigung eines auf der Namensliste aufgeführten Arbeitnehmers zu vermuten. Die Wirksamkeit des Interessenausgleichs hängt nicht vom Abschluss eines Sozialplans ab, denn es handelt sich um unterschiedliche Vertragswerke mit jeweils eigenständiger Bedeutung. Von einer groben Fehlerhaftigkeit einer Sozialauswahl kann nicht ausgegangen werden, wenn die Betriebsparteien bezüglich bestimmter Mitarbeitergruppen wegen deren spezialisierter Aufgabenbereiche eine Austauschbarkeit verneint und sich dabei erkennbar nach der ausgeübten Tätigkeit und der Eingruppierung gerichtet haben. Dies sind sachliche Unterscheidungsmerkmale, die den allgemeinen Regeln der Vergleichbarkeit entsprechen.
Normenkette
BetrVG § 111 S. 3 Nr. 1, § 112 Abs. 1 S. 1; BGB §§ 125-126; InsO § 125 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1-2; KSchG § 1 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Sätze 1, 3
Verfahrensgang
ArbG Detmold (Urteil vom 09.03.2005; Aktenzeichen 2 Ca 1270/04) |
Nachgehend
BAG (Aktenzeichen 6 AZN 423/06) |
Tenor
Die Berufung der Klägern gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 09.03.2005 – 2 Ca 1270/04 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer auf der Grundlage eines Interessenausgleichs mit Namensliste in der Insolvenz ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung.
Die am 04.04.1950 geborene Klägerin war seit dem 01.04.1969 bei der in L2xxx ansässigen Firma K1xxxxx-L3xxxxxxxxxx GmbH und Co. KG als kaufmännische Angestellte tätig. Seit 1980 fungierte sie als Abteilungsleiterin des Bereich Sicherheitsleuchten und war zuletzt in die Gehaltsgruppe K 5 eingruppiert.
Über das Vermögen der genannten Firma wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Detmold vom 01.12.2003 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser stellte die Klägerin ab 01.12.2003 von der Arbeitsleistung frei. Zu diese Zeitpunkt beschäftigte die Insolvenzschuldnerin noch 115 Arbeitnehmer.
Nach Darlegung des Beklagten bestand angesichts der wirtschaftlichen Situation der Insolvenzmasse und im Interesse der Überlebensfähigkeit des Restbetriebes die Notwendigkeit, 45 Arbeitsplätze abzubauen. Nach längeren Verhandlungen mit dem Betriebsrat schloss der Beklagte am 19.07.2004 einen Interessenausgleich, dem eine Liste der zu kündigenden Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beigefügt war, auf der sich auch der Name der Klägerin befindet.
Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom 19.07.2004 fristgemäß zum 31.10.2004 mit der Begründung, er habe die Entscheidung treffen müssen, den Personalbestand dem deutlich verringerten Auftragsbestand anzupassen. Hiervon seien insgesamt 45 Arbeitsplätze betroffen.
Mit dem Abschluss des Interessenausgleichs ist das Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG verbunden worden. Der Betriebsrat hat dazu im Interessenausgleich erklärt, dass ihm eine Liste sämtlicher Arbeitnehmer mit den relevanten Sozialdaten vorgelegen habe und er insoweit gemäß § 102 BetrVG zu den mit der Betriebsstilllegung verbundenen einzelnen Kündigungen ordnungsgemäß angehört worden sei. Er habe dazu keine weitergehende Stellungnahme abgegeben, so dass das Verfahren nach § 102 BetrVG mit Unterzeichnung des Interessenausgleichs abgeschlossen sei.
Die Klägerin hat die soziale Auswahl gerügt und vorgetragen, im Vergleich zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern H3xxxxxxx (75 Punkte), M2xxxxxxxx (70 Punkte), H5xxxxxxx (76 Punkte), G2xxxx (69 Punkte), H6xx (49 Punkte), F2xxx (45 Punkte) und B2xxxxxxxx (46 Punkte) habe sie mit 87 Sozialpunkten den größten sozialen Bestandsschutz aufzuweisen.
Der Beklagte hat dazu auf das von den Betriebsparteien erarbeitete Auswahlkonzept verwiesen. Darin heißt es:
„Im Angestelltenbereich ist die Sozialauswahl innerhalb der Gehaltsgruppen KT/2 und KT/3 vorgenommen worden. Dabei sind die Parteien davon ausgegangen, dass grundsätzlich innerhalb der Gehaltsgruppen KT/2 und KT/3 regelmäßig Austauschbarkeit besteht. Oberhalb dieser Gehaltsgruppen wird wegen der Spezialisierung der Aufgabenbereiche generell nicht mehr von Austauschbarkeit ausgegangen. Es wird ferner davon ausgegangen, dass in diesen Gehaltsgruppen auch eine längere als dreimonatige Einarbeitungszeit erforderlich ist.”
Die Klägerin ist in die Gehaltsgruppe K 5 eingruppiert. Ihr Arbeitsbereich war nach dem Auswahlkonzept die Leitung des Vertriebs Innendienst. In die Gehaltsgruppe K 5 sind neben der Klägerin ferner die Mitarbeiter M2xxxxxxxx mit dem Arbeitsbereich „Verkaufsinnendienst” und F2xxx als Leiter des Personalwesens eingruppiert. Der zuletzt genannte Arbeitsplatz fällt weg, weil das Personalwesen an eine externe Firma vergeben worden ist. In dem Auswahlkonzep...