Die Revision wird zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Massenentlassung. Anzeigepflicht. Kündigung. Vertrauensschutz
Leitsatz (amtlich)
Mit Urteil des EuGH vom 27.01.2005 – C – 188/03 – wurde der nationale Gesetzgeber aufgefordert, di e §§ 17, 18 KSchG an die Ratsrichtlinie 98/59/EG vom 20.07.1998 entsprechend seiner Auslegung (Entlassung = Kündigung) anzupassen. Der private Arbeitgeber ist hieraus noch nicht verpflichtet, zumal eine Richtlinien konforme Auslegung über die allgemeinen Auslegungskriterien nicht erreicht werden kann.
Normenkette
KSchG §§ 17-18
Verfahrensgang
ArbG Iserlohn (Urteil vom 10.02.2005; Aktenzeichen 4 Ca 2532/04) |
Tenor
führende Parallelsache
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 10.02.2005 – 4 Ca 2532/04 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen zum 01.08.1987 begründete Arbeitsverhältnis als Versandmitarbeiter aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Kündigung der Beklagten vom 26.07.2004 mit dem 31.01.2005 beendet worden ist oder darüber hinaus fortbesteht.
Die Beklagte war Zulieferer für den Automobilsektor. Sie war in die Großserienfertigung eingebunden. Aufgrund sich abzeichnender Absatzprobleme und einer nicht mehr kostendeckenden Produktion entschloss sich der Gesellschafter/Geschäftsführer R2xx D1xx im ersten Halbjahr 2004, wegen mangelnder Auslastung der Maschinen und nicht kostendeckender Produktion den Betrieb stillzulegen. Inhalt dieser Entschließung war, keine neuen Kunden (Aufträge) anzunehmen, die Maschinen nach Tschechien und Großbritannien auszulagern und die Hallen zu verwerten. Diesen Beschluss formulierte er am 22.07.2004 schriftlich und legte den Endzeitpunkt der Stilllegung auf den 31.03.2005 fest. Zugleich wies er die Geschäftsführung an, diesen Beschluss so schnell als möglich umzusetzen und die Arbeitsverhältnisse unter Beachtung der Kündigungsfristen zeitnah aufzukündigen. Dieser Beschluss wurde von der Geschäftsführung dergestalt umgesetzt, dass am 26.07.2004 nahezu 100 Kündigungen geschrieben und unterschrieben waren. Zeitgleich wurde beim Integrationsamt die Zustimmung zur Entlassung von drei schwerbehinderten Arbeitnehmern beantragt. Entgegen dem betrieblichen Ansinnen konnten die Kündigungen wegen des am Betriebssitz stattfindenden Schützenfestes nicht schon am 26.07.2004 als Einschreiben aufgegeben werden. Die zuständige Sachbearbeiterin bei der Post gab der kaufmännischen Mitarbeiterin der Beklagten die Briefe mit der Auflage mit, eine Liste über alle aufzugebenden Einschreiben zu erstellen. Dieser Verpflichtung kam die Beklagte nach. Die Kündigungen gelangten deshalb erst am 27.07.2004 endgültig zur Post. Zuvor hatte der Prokurist und Personalleiter der Beklagten, U2xxxx H2xxxxx, am 27.07.2004 gegen 10.00 Uhr die Massenentlassungsanzeige im Büro W1xxxxx der Agentur für Arbeit Iserlohn eingereicht.
Mit der beim Arbeitsgericht Iserlohn am 05.08.2004 erhobenen Feststellungsklage wehrt sich der Kläger gegen die ihm am 28.07.2004 zugegangene Kündigung. Seiner Meinung nach sei die Kündigung nicht nur wegen nicht ordnungsgemäßer Massenentlassungsanzeige rechtsunwirksam sondern auch mangels dringender betrieblicher Erfordernisse sozial ungerechtfertigt. Zur Begründung bestritt er die rechtzeitige Einreichung der Massenentlassungsanzeige sowie die behauptete unternehmerische Entscheidung. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Beklagte habe die Produktion nicht stillgelegt sondern auf die D1xx K2xxxxxxxxxxxxx GmbH, A1xxxx, und auf die am 08.08.2004 gegründete A2x W2xxxxxxxxxxxxx GmbH, N1xxxxxxx, übertragen. Die Tatsache, dass diese Gesellschaft ihre Tätigkeit in den Hallen der Beklagten aufgenommen habe bewertete er als Teilbetriebsübergang, der den betriebsbedingten Kündigungsgrund entfallen ließe.
Mit Urteil vom 10.02.2005 hat das Arbeitsgericht seine Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, die Kündigung sei durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt (§ 1 Abs. 2 KSchG). Mit Auslaufen der Kündigungsfrist bestehe für den Kläger kein weiterer Beschäftigungsbedarf. Die Beklagte habe ihren Stilllegungsbeschluss umgesetzt. Sie habe die Arbeitsverhältnisse aufgekündigt, die vorliegenden Aufträge im Wesentlichen durch Vorproduktion abgearbeitet, keine neuen Aufträge angenommen und die Maschinen entweder endgültig stillgelegt und verschrottet oder an andere Standorte verlagert. Dadurch, dass die Beklagte der neu gegründeten A2x W2xxxxxxxxxxxxx GmbH neun CNC Pressen und Biegemaschinen sowie fünf Schweißanlagen zur Nutzung überlassen habe, habe sie keinen Betriebsteil im Sinne des § 613 a BGB übertragen. Hierdurch sei der Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf diese Gesellschaft nicht vermittelt worden. Hierfür fehle ein bei der Beklagten schon vorhandener organisatorisch verselbständigter Betriebsteil (BAG, Urteil vom 17.04.2003 – 8 AZR 253/02 – AP Nr. 253 zu § 613 a BGB).
Gegen dieses, ihm am 18.02.2005 zugestellte, vorgetragene und wegen der sonstig...