Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Häufige Kurzerkrankungen des Arbeitnehmers können zum Anlass einer personenbedingten Kündigung genommen werden, wenn objektive Tatsachen vorliegen, welche die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang rechtfertigen. Häufige Kurzerkrankungen in der Vergangenheit können für ein entsprechendes Erscheinungsbild in der Zukunft sprechen.
2. Häufige Kurzerkrankungen können zu schwerwiegenden Störungen im Produktionsprozess (Betriebsablaufstörungen) oder zu erheblichen wirtschaftlichen Belastungen des Arbeitgebers führen, wenn davon auszugehen ist, dass die künftigen Ausfallzeiten Entgeltfortzahlungskosten von jährlich über sechs Wochen auslösen werden.
3. Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung ist zu Gunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, wenn die Erkrankungen betriebliche Ursachen haben. Von solchen betrieblichen Ursachen kann aber nicht ausgegangen werden, wenn die Fehlzeiten vergleichbarer Arbeitnehmer weit geringer sind.
Normenkette
KSchG § 1
Verfahrensgang
ArbG Herne (Urteil vom 19.01.2005; Aktenzeichen 1 Ca 1862/04) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 19.01.2005 – 1 Ca 1826/05 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen ordentlichen Kündigung sowie um die Weiterbeschäftigung des Klägers.
Der am 23.01.11xx geborene, geschiedene Kläger, der keine Kinder hat, war seit dem 14.02.1992 bei der Beklagten als Busfahrer beschäftigt. Er erhielt zuletzt eine monatliche Vergütung von 2.500,00 EUR brutto. Bei der Beklagten sind regelmäßig 160 Mitarbeiter tätig. Ein Betriebsrat ist bei der Beklagten gewählt.
Ausweislich der vom Kläger zu den Akten gereichten Auskunft der AOK Westfalen-Lippe erkrankte er in den Jahren 2000 bis 2004 während folgender Zeiträume:
2000
27.01. – 29.01.2000
20.03. – 17.04.2000
15.08. – 12.09.2000
28.11. – 11.12.2000
2001
20.03. – 24.04.2001
04.07. – 05.07.2001
18.10.2001
2002
11.03. – 25.03.2002
12.08. – 20.09.2002
2003
27.02. – 27.03.2003
14.08. – 05.09.2003
2004
09.02. – 09.03.2004.
Wegen der Einzelheiten der genannten Aufstellung der AOK und der darin genannten Krankheitsursachen wird auf Bl. 49 d.A. Bezug genommen.
In der Zeit vom 15.08. bis zum 12.09.2000 nahm der Kläger wegen seines LWS-Leidens an einer Kurmaßnahme teil. Ausweislich der von der Beklagten eingereichten Aufstellung (Bl. 17, 18 d.A.) fehlte der Kläger krankheitsbedingt zusätzlich am 01.10.2003. Für sämtliche der genannten Fehltage leistete die Beklagte Entgeltfortzahlung. Hinsichtlich der Höhe der Entgeltfortzahlung im Einzelnen wird auf die Aufstellung der Beklagten im Schriftsatz vom 25.06.2004 (Bl. 18 d.A.) verwiesen.
Mit Schreiben vom 17.05.2004, das der Betriebsrat ausweislich seiner Empfangsbestätigung am gleichen Tage erhielt, hörte die Beklagte den Betriebsrat zur beabsichtigten ordentlichen personenbedingten Kündigung des Klägers an. Wegen der Einzelheiten des Anhörungsschreibens wird auf Bl. 20 ff. d.A. Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 28.05.2004, welches dem Kläger am 01.06.2004 zuging, erklärte die Beklagte die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2004. Hiergegen richtet sich die am 11.06.2004 beim Arbeitsgericht Herne eingegangene Feststellungsklage, die der Beklagten am 17.06.2004 zugestellt worden ist.
Der Kläger hält die Kündigung für sozialwidrig. Zur Begründung hat er vorgetragen, die krankheitsbedingten Fehltage begründeten keine negative Prognose. Ein wesentlicher Teil der Krankheitsursachen, die den Fehlzeiten zugrunde lägen, sei ausgeheilt und damit nicht prognoserelevant. Im Übrigen habe die Beklagte die Anzahl der Fehltage unzutreffend ermittelt. Der Kuraufenthalt vom 15.08. bis zum 12.09.2000, der ohnehin für eine negative Prognose nicht zugrunde gelegt werden dürfe, beinhalte nicht 25, sondern nur 23 Fehltage. Darüber hinaus habe die Beklagte im März 2002 12 statt 11 Fehltage, in der Zeit vom 12.08. bis zum 20.09.2002 31 statt 30 Fehltage und im August/September 2003 20 statt 19 Tage berechnet. Schließlich gehe die Beklagte offensichtlich von einer Fünftagewoche aus. Er, der Kläger, arbeite hingegen in einer Sechstagewoche, so dass wesentlich niedrigere Wochenausfallzeiten zugrunde zu legen seien.
Vereinzelte Fehltage, so z.B. drei Tage im Januar 2000, zwei Tage im Juli und Oktober 2001, ein Tag im Januar 2002 und ein Tag im Oktober 2003 seien entweder durch Zahnarzttermine oder aufgrund eines Insektenstiches bedingt gewesen. Bei der Erkältung in der Zeit vom 28.11. bis 11.12.2000, einer Unterschenkelphlegmonie in der Zeit vom 12.08. bis 25.09.2002, einer Bronchitis im Zeitraum 11.03. bis 25.03.2002 sowie den Fußbeschwerden für die Zeit vom 12.08. bis 20.09.2002 handele es sich durchgängig um Krankheiten, welche außer der Reihe aufgetreten seien. Eine Wiederholung dieser Krankheiten sei kaum zu...