Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit einer ordentlichen krankheitsbedingten Kündigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Steht aufgrund eingeholter Gutachten fest, dass der Gesundheitszustand einer Arbeitnehmerin dauerhaft auch eine Beschäftigung nur in Teilzeit nicht zulässt und erweisen sich Maßnahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements als unwirksam, so ist eine ordentliche krankheitsbedingte Kündigung sozial gerechtfertigt.
2. Steht von vornherein fest, dass auch die betriebliche Eingliederung nicht erfolgreich sein wird, so ist es unschädlich, wenn erhebliche Zweifel daran besteht, ob das BEM-Verfahren ordnungsgemäß eingeleitet worden ist.
Normenkette
KSchG § 1; SGB IX § 84
Verfahrensgang
ArbG Hagen (Westfalen) (Entscheidung vom 24.10.2013; Aktenzeichen 4 Ca 1954/12) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 24.10.2013 - 4 Ca 1954/12 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen krankheitsbedingten Kündigung.
Die am 05.09.1960 geborene Klägerin war seit dem 01.02.1989 bei der Beklagten, einem metallverarbeitenden Unternehmen für Draht- und Bandbiegeteile mit aktuell rund 15 Beschäftigten, als angelernte Maschinenarbeiterin in der Produktion gegen ein Monatsentgelt in Höhe von zuletzt 1.343,36 € brutto beschäftigt. Die Klägerin ist schwerbehinderter Mensch im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB IX, der Grad der Behinderung beträgt 50. Sie ist türkische Staatsbürgerin und der deutschen Sprache nicht umfassend mächtig. Die Klägerin ist seit dem 04.04.2011 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Auf der Grundlage des Leistungsbescheids der Deutschen Rentenversicherung vom 15.08.2011 bezieht sie (rückwirkend) seit Mai 2011 eine zunächst bis Dezember 2014 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 20.01.2012 (Bl. 21/22 d. A.), auf welches der Einzelheiten wegen verwiesen wird, bot die Beklagte der Klägerin "im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements" ein Gespräch darüber, wie sie sich die weitere Beschäftigung und ihre gesundheitliche Perspektive vorstelle. Der Sinn und Zweck des Eingliederungsmanagements ergebe sich aus dem anliegend beigefügten Text des § 84 SGB IX. Soweit man bis zum 30.01.2012 nichts höre, gehe man davon aus, dass die Klägerin an einem solchen Gespräch nicht interessiert sei.
Das weitere Prozedere stelle sich so dar, dass mangels positiver Gesundheitsprognose beim Integrationsamt die Zustimmung zu einer krankheitsbedingten Kündigung beantragt werde. Auf dieses Schreiben reagierte die Klägerin nicht.
Auf Antrag der Beklagten vom 21.02.2012 stimmte das zuständige LWL-Integrationsamt Westfalen, nach erfolgloser Einigungsverhandlung und der Einholung von Stellungnahmen die Klägerin behandelnder Ärzte, mit Bescheid vom 30.08.2012 (Bl. 23 ff d. A.), auf den Bezug genommen wird, der ordentlichen Kündigung zu. Die vorliegenden Erkrankungen ließen, was zwischen den Parteien unstreitig ist, keinen ursächlichen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit der Klägerin erkennen. Der behandelnde Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Dr. H. - P B, habe in seiner Stellungnahme vom 27.07.2012 ausgeführt, dass mit therapeutischen Maßnahmen weder eine Heilung der Klägerin noch eine weitere Besserung ihres Zustands zu erreichen sei, weshalb weiterhin mit Arbeitsunfähigkeitszeiten im bisherigen Umfang gerechnet werden müsse. Der von der Klägerin gegen den Bescheid eingelegte Widerspruch wurde am 19.07.2013 zurückgewiesen. Aktuell betreibt die Klägerin das Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht erster Instanz.
Mit Schreiben vom 10.09.2012, welches die Klägerin am 12.09.2012 erhielt, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis unter Hinweis auf den Zustimmungsbescheid zum Ablauf des 30.04.2013.
Gegen diese Kündigung wendet sich die Klägerin mit ihrer am 14.09.2012 bei Gericht eingegangenen Kündigungsschutzklage. Sie hat vorgetragen, dass entgegen der Annahme der Beklagten von einer langfristig oder dauerhaft negativen Gesundheitsprognose nicht ausgegangen werden könne. Bis spätestens August 2013 sei mit einer Genesung zu rechnen. Im Zusammenhang mit dem Rentenverfahren habe das Sozialgericht ein psychiatrisches Fachgutachten (Erstellungsdatum 18.07.2011) eingeholt. Danach sei bei konsequenter Behandlung, eben diese durchlaufe sie seither, binnen 2 bis 3 Jahren eine so weitgehende Besserung des Gesundheitszustands nicht unwahrscheinlich, als eine Arbeitstätigkeit von 6 und mehr Stunden täglich ohne größere krankheitsbedingte Ausfallzeiten wieder möglich werde. Damit korrespondiere der Befundbericht des Dr. H. - P B vom 16.08.2010 (Bl. 69/70 d. A.),
wonach die psychische und körperliche Belastbarkeit für leichte körperliche Arbeitstätigkeit noch ausreiche. Der längere krankheitsbedingte Ausfall belaste die Beklagte in wirtschaftlicher Hinsicht nicht. Dadurch bedingte Betriebsablaufstörungen seien nicht erkennbar. Jedenfalls falle die Abwägung d...