Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung. Kündigung Arbeitnehmer. Annahmeverzug. tatsächliches Angebot

 

Leitsatz (amtlich)

Kündigt der Arbeitnehmer ordentlich zu einem Kündigungstermin, der nicht der einzuhaltenden Kündigungsfrist entspricht, ist diese Kündigung als ordentliche Kündigung zum zulässigen Termin des Ablaufs der Kündigungsfrist auszulegen. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer zunächst darauf beharrt, dass der von ihm gewählte Kündigungstermin der einzuhaltenden Kündigungsfrist entspricht, und im unmittelbaren Anschluss bei einem anderen Arbeitgeber (Wettbewerber) eine Tätigkeit aufnimmt.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 293 ff., § 615

 

Verfahrensgang

ArbG Münster (Urteil vom 12.10.2007; Aktenzeichen 4 Ca 1310/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird unter ihrer Zurückweisung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 12. Oktober 2007 (4 Ca 1310/07) teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

  • für den Monat Mai 2007 insgesamt 994,90 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 1. Juni 2007 sowie
  • für den Monat Juni 2007 insgesamt 2.288,38 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 1. Juli 2007

zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits (einschließlich des Berufungsverfahrens) tragen der Kläger 1/25, die Beklagte 24/25.

Der Streitwert wird auf 3.432,76 Euro festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Anspruch des Klägers auf Zahlung von Lohn unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs.

Der Kläger war seit dem 1. Februar 2001 als kaufmännischer Angestellter im Verkauf bei der Beklagten zu einem monatlichen Gehalt von zuletzt 2.288,38 EUR brutto beschäftigt. Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 12. Dezember 2000 (wegen der Einzelheiten vgl. Bl. 8 ff d.A. 4 Ga 11/07) enthielt u.a. folgende Regelungen:

§ 4

Kündigung

Der Vertrag kann nach der Probezeit von beiden Seiten unbeschadet des Rechts zur fristlosen Kündigung mit einer Kündigungsfrist von mindestens einem Monat zum Monatsende gekündigt werden. Sofern der Betrieb bis zu 20 Arbeitnehmer beschäftigt, gilt eine Kündigungsfrist von 4 Wochen. Für die Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer gilt § 622 Abs. 5 Satz 2 BGB.

Verlängerte Kündigungsfristen aufgrund gesetzlicher oder tarifvertraglicher Bestimmungen gelten für beide Vertragspartner.

§ 12

Anwendung tarifvertraglicher und gesetzlicher Bestimmungen

Neben den vorstehenden Vertragsvereinbarungen gelten die Bestimmungen der jeweils gültigen Tarifverträge im Groß- und Außenhandel NRW. Im Übrigen gelten die gesetzlichen Bestimmungen, etwaige Betriebsvereinbarungen und Arbeitsordnungen.

§ 7 MTV Groß- und Außenhandel NRW sieht für den Arbeitgeber eine Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Ende eines Kalendermonats vor, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen 5 Jahre bestanden hat.

Der Kläger kündigte mit Schreiben vom 23. März 2007 zum 30. April 2007 (Bl. 14 d.A. 4 Ga 11/07). Mit Schreiben vom 29. März 2007 (Bl. 15 d.A. 4 Ga 11/07) wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass Kündigungstermin der 30. Juni 2007 sei. Mit Schreiben seines damaligen Bevollmächtigten vom 23. April 2007 (Bl. 16 ff d.A. 4 Ga 11/07) hielt der Kläger an seiner Auffassung, dass das Arbeitsverhältnis mit dem 30. April 2007 ordentlich ende, gegenüber der Beklagten fest. Am 1. Mai 2007 nahm der Kläger eine Tätigkeit für einen Wettbewerber der Beklagten auf. Daraufhin erwirkte die Beklagte durch Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 11. Mai 2007 (4 Ga 11/07) eine einstweilige Verfügung, mit dem dem Kläger die weitere Tätigkeit für die Firma S4 untersagt wurde. Einen zunächst unter dem 15. Mai 2007 vom Kläger gegen die erlassene einstweilige Verfügung eingelegten Widerspruch nahm er mit dem am 29. Mai 2007 eingegangenen Schriftsatz zurück.

Der Kläger nahm nach Verkündung des Urteils am nächsten Arbeitstag (Montag, den 14. Mai 2007) seine Arbeit bei der Firma S4 nicht wieder auf. Mit Schreiben vom 15. Mai 2007 (Bl. 15 d.A. 4 Ga 11/07) teilte er der Beklagten Folgendes mit:

„Sehr geehrter Herr K1,

aufgrund der verlängerten Kündigungsfrist, stehe ich der Fa. H1. G1 bis zum 30.06.2007 zur Verfügung.

Bitte teilen Sie mir weiteres Vorgehen bezüglich meines Arbeitseinsatzes mit.”

Des Weiteren zahlte der Kläger die von der Gegenseite geforderte Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsentgelts. Schließlich sprach er, nachdem sich die Beklagte auf sein Schreiben vom 15.Mai 2007 nicht geäußert hatte, am 18. Mai 2007 persönlich vor und bot seine Arbeitskraft bis zum 30. Juni 2007 an. Eine Beschäftigung erfolgte nicht. Ebenso lehnte die Beklagte den später vom Kläger geltend gemachten Zahlungsanspruch auf Zahlung der hälftigen Vergütung für den Monat Mai 2007 sowie der Vergütung für den Monat Juni 2007 ab.

Mit seiner am 14. Juni 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat d...

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