Entscheidungsstichwort (Thema)

Auflösung eines Arbeitsverhältnisses wegen Zuerkennung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird eine Arbeitnehmerin durch Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Dauer zuerkannt, so führt dies gem. § 33 Abs. 2 TV-L zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses.

2. Die für diesen Fall in § 33 Abs. 2 TV-L vorgesehene auflösende Bedingung ist rechtswirksam, da durch einen Sachgrund i.S. von §§ 21, 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigt.

3. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bedarf nicht der Zustimmung des Integrationsamtes gem. § 92 SGB IX.

 

Normenkette

TV-L § 33 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 27.05.2014; Aktenzeichen 1 Ca 2661/13)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 27.05.2014 - 1 Ca 2661/13 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Bestand des Arbeitsverhältnisses der Klägerin.

Die 1957 geborene Klägerin war bei dem beklagten Land seit 1974 als Justizangestellte beschäftigt, zuletzt zu einem monatlichen Bruttoentgelt von 2.000,00 Euro bei dem Landgericht S.

Die Klägerin ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50, festgestellt mit Wirkung vom 13.11.2012.

Auf ihren Antrag vom 20.06.2013 wurde der Klägerin durch Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund Rente wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Dauer über den bisherigen Befristungszeitpunkt hinaus ab dem 01.01.2014 zuerkannt (vgl. Kopie des Rentenbescheids auf Bl. 11, 12 d. A.).

Nachdem die Klägerin den Rentenbescheid an den Präsidenten des Landgerichts S übermittelt hatte, teilte ihr dieser mit Schreiben vom 10.09.2013, der Klägerin nach ihren Angaben am 12.09.2013 zugegangen, mit, dass das bereits ruhende Arbeitsverhältnis mit dem Land Nordrhein-Westfalen aufgrund der mit Wirkung vom 01.01.2014 bewilligten Rente wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Dauer gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Satz 3 TV-L mit Ablauf des dem Rentenbeginn wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Zeit vorangehenden Tages, also mit Ablauf des 31.12.2013, ende. Für die Einzelheiten des Schreibens vom 10.09.2013 wird verwiesen auf Bl. 14, 15 d. A.

Mit ihrer am 02.10.2013 beim Arbeitsgericht eingegangen Feststellungsklage hat sich die Klägerin gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses gewandt.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass beklagte Land gehe zu Unrecht davon aus, dass ihr eine Rente gewährt werde, die zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 33 TV-L führe. Denn bei der ihr bewilligten Rente handele es sich nicht um eine solche, bei der sie die Gewissheit habe, dass ihr diese bis zum Erreichen des gesetzlichen Rentenalters zustehe. Der Rentenversicherungsträger habe ausdrücklich den Vorbehalt erklärt, die Rentenberechtigung zu einem späteren Zeitpunkt erneut zu prüfen. Letztlich könne sie sich deshalb auf den Tatbestand des § 33 Abs. 2 Satz 5 TV-L berufen, so dass ihr Arbeitsverhältnis lediglich ruhe.

Darüber hinaus hat die Klägerin den besonderen Kündigungsschutz nach § 92 SGB IX geltend gemacht.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der auflösenden Bedingung im Arbeitsvertrag i. V. m. § 33 TV-L nicht beendet wurde und zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat die Auffassung vertreten, das Ende des Arbeitsverhältnisses ergebe sich unmittelbar aus der Vorschrift des § 33 Abs. 2 TV-L. Da die Rente der Klägerin zum 01.01.2014 bewilligt worden sei, habe das Arbeitsverhältnis nach § 33 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 3 TV-L mit dem 31.12.2013 sein Ende gefunden. Hieran ändere die im Rentenbescheid enthaltene Vorbehaltsformulierung nichts. § 92 SGB IX habe, so dass beklagte Land, für den Fall einer endgültig auf Dauer bewilligten Rente keine Bedeutung.

Das Arbeitsgericht Bielefeld hat mit Urteil vom 27.05.2014 die Klage abgewiesen. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ende gemäß § 33 Abs. 2 TV-L aufgrund des Rentenbezugs der Klägerin. Die Klägerin habe zwar die dreiwöchige Klagefrist gemäß §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG gewahrt. Die in § 33 Abs. 2 TV-L geregelte auflösende Bedingung für den Fall der Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung sei jedoch als Beendigungsgrund den in dem Katalog des § 14 Abs. 1 TzBfG aufgeführten Sachgründen gleichwertig. Die Voraussetzungen nach § 33 Abs. 2 Satz 1 TV-L lägen vor. Diese Regelung verstoße nicht gegen höherer rangiges Recht. Auch habe die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht der Zustimmung des Integrationsamtes nach § 92 SGB IX bedurft. Mangels planwidriger Regelungslücke sei die gesetzliche Bestimmung auch nicht analog anzuwenden.

Gegen das ihr am 30.09.2014 zugestellte erstinstanzliche Urteil hat die Klägerin am 13.10.2014 Berufung eingelegt und diese nac...

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