Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustimmung Integrationsamt

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Wirksamkeit der auflösenden Bedingung durch Eintritt der Erwerbsminderung kann nur innerhalb einer Frist von drei Wochen gerichtlich angefochten werden. Die Frist beginnt am Tag der Benachrichtigung durch den Arbeitgeber.

2. Das Integrationsamt muss bei dieser Form der Beendigung nicht zustimmen.

 

Normenkette

SGB IX § 175; TV-L § 33 Abs. 2; TzBfG §§ 17, 21, 15 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Entscheidung vom 11.12.2018; Aktenzeichen 11 Ca 1767/18)

 

Tenor

  1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 11. Dezember 2018, Az. 11 Ca 1767/18, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis nach § 33 Abs. 2 TV-L aufgrund Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung geendet hat.

Die im Dezember 1954 geborene Klägerin ist als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Sie ist seit vielen Jahren bei dem beklagten Land im Geschäftsbereich des Landesamtes für Vermessung und Geobasisinformation zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt € 2.459,26 angestellt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Regelungen des Tarifvertrages des öffentlichen Dienstes der Länder (TV-L) Anwendung. Die Klägerin, die ab 01.09.2020 die Regelaltersrente (mit 65 Jahren und 8 Monaten) beanspruchen kann, bezieht seit dem 01.08.2006 von der Deutschen Rentenversicherung Bund ununterbrochen eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 08.03.2007 wurde ihr diese Rente rückwirkend ab 01.08.2006 zeitlich befristet bis zum 31.07.2009 zuerkannt. Der Rentenbezug wurde in der Folgezeit mehrfach bis zum 31.07.2012, 31.07.2015 und 31.07.2018 - jeweils auf Zeit - verlängert. Zuletzt wurde der Klägerin mit bestandskräftigem Rentenbescheid vom 07.03.2018 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum 31.08.2020 bewilligt. Der Rentenbescheid lautet auszugsweise:

"Ihre Rente wegen voller Erwerbsminderung wird weiterhin auf Zeit bis zum 31.08.2020 geleistet.

...

Ende Ihrer Rente:

Die Regelaltersgrenze wird am 08.08.2020 erreicht.

Dieser Rentenanspruch besteht längstens bis zum 31.08.2020. Das ist das Ende des Monats, in dem die Regelaltersgrenze erreicht wird. Im Anschluss besteht ein Anspruch auf Regelaltersrente. ..."

Das beklagte Land ist der Ansicht, das Arbeitsverhältnis habe mit Ablauf des 31.03.2018 geendet. Da der Klägerin die Rente wegen voller Erwerbsminderung laut bestandskräftigem Rentenbescheid vom 07.03.2018 bis zum Anspruch auf Regelaltersrente bewilligt worden sei, werde ihr eine Dauerrente gewährt. Mit Schreiben vom 22.05.2018, der Klägerin am 25.05.2018 zugegangen, teilte das beklagte Land der Klägerin mit, dass ihr Arbeitsverhältnis gem. § 33 Abs. 2 TV-L rückwirkend mit Ablauf des 31.03.2018 geendet habe.

Mit ihrer am 20.06.2018 beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem beklagten Land am 29.06.2018 zugestellten Klage hat die Klägerin geltend gemacht, ihr Arbeitsverhältnis habe nicht nach § 33 Abs. 2 TV-L geendet. Mit Rentenbescheid vom 07.03.2018 sei ihr lediglich eine bis zum 31.08.2020 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt worden. Deshalb sei die auflösende Bedingung des § 33 Abs. 2 TV-L nicht eingetreten, vielmehr ruhe ihr Arbeitsverhältnis. Abgesehen davon habe das beklagte Land keine Zustimmung des Integrationsamts eingeholt. Schließlich bestreite sie rein vorsorglich, dass sie bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze erwerbgemindert bleibe. Tatsächlich sei sogar wahrscheinlich, dass durch laufende Therapien eine relevante Steigerung ihres Leistungsvermögens eintreten werde.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht gemäß § 33 Abs. 2 TVöD mit Ablauf des 31.03.2018 endete.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 11.12.2018 Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt, das Arbeitsverhältnis der Parteien habe gem. § 33 Abs. 2 TV-L mit Bewilligung der vollen Erwerbsminderungsrente mit Ablauf des 31.03.2018 sein Ende gefunden. Denn die Erwerbsminderungsrente sei der Klägerin solange zugesprochen worden, bis sie das gesetzlich festgelegte Alter für den Bezug einer Regelaltersrente vollendet habe. Bei Verwendung dieser in den Rentenbescheiden der Deutschen Rentenversicherung üblichen Formulierung werde im Ergebnis eine unbefristete Erwerbsminderungsrente bewilligt, die gem. § 33 Abs. 2 TV-L zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führe (vgl. Breier/Dassau/Kiefer u.a. TV-L § 33 Rn. 187 - 4.1.6 Rentengewährung "auf Dauer"). Diese Praxis fuße nicht zuletzt darauf, dass ein Anspruch auf Bewilligung einer - auch auf unbestimmte Zeit bewilligten - Erwerbsminderungsrente gem. § 43 ...

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