Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsfolgen der Kündigung und Fortsetzung des Arbeitsvertrages auf Grund mündlicher Vereinbarung hinsichtlich eines Wettbewerbsverbots
Leitsatz (amtlich)
Enthält ein schriftlicher Arbeitsvertrag ein Wettbewerbsverbot, wird dieser Vertrag gekündigt und sodann aufgrund mündlicher Vereinbarung fortgesetzt, entfällt das Wettbewerbsverbot.
Normenkette
HGB § 74
Verfahrensgang
ArbG Hamm (Entscheidung vom 16.09.2015; Aktenzeichen 3 Ca 758/15) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 16. September 2015 (3 Ca 758/15) abgeändert.
Der Klageantrag zu 2) wird abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Karenzentschädigung.
Die Klägerin war bei der Beklagten, welche ein Fotofachgeschäft betreibt, seit dem 1. August 2008 zunächst als Auszubildende und nach Abschluss der Ausbildung auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 11. Juli 2011 als Einzelhandelskauffrau beschäftigt. § 2 und § 8 Arbeitsvertrag enthalten folgende Regelungen:
§ 2 - Tätigkeit/Probezeit
Der Angestellte wird als Einzelhandelskauffrau Foto- Video- Digital zum Dienstantritt am 06.07.2011 angestellt. Die Probezeit beginnt am 06.07.2011 und endet am 31.12.2011. Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis beidseits gekündigt werden mit einer Frist von 2 Wochen. ...
§ 8 - Wettbewerbsvereinbarung ...
1. Der Angestellte verpflichtet sich, für die Dauer von vierundzwanzig Monate nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses weder ein Arbeitsverhältnis zu einem mit der Firma in Wettbewerb stehenden Unternehmen zu begründen, noch ein Wettbewerbsunternehmen zu errichten oder sich an einem solchen zu beteiligen.
2. Das Wettbewerbsverbot erstreckt sich räumlich auf das Gebiet V u. I.
3. Das Arbeitsgebiet der Firma erstreckt sich auf die nachfolgenden Bereiche Kennzeichen V + I Foto- Video- Digital.
4. Die Firma verpflichtet sich, dem Angestellten für die Dauer des Wettbewerbsverbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Angestellten zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht. Diese Entschädigung wird fällig am Schluss eines jeden Monats. Der Angestellte muss sich jedoch gemäß § 74 c HGB auf die fällige Entschädigung dasjenige anrechnen lassen, was er in dieser Zeit durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erworben oder zu erwerben böswillig unterlassen hat. Hierüber hat er auf Verlangen Auskunft zu erteilen. ...
Die vorstehend kursiv gesetzten Passagen sind handschriftlich in dem Vertrag eingefügt. Mit Schreiben vom 30. März 2015 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin fristgemäß zum 31. Mai 2015, die Kündigung wurde von der Klägerin akzeptiert. Am 19. Mai 2015 kündigte die Beklagte mit einem Schreiben vom Vortage der Klägerin fristlos, hiergegen erhob die Klägerin Kündigungsschutzklage, welche sie später um Klagen auf Zahlung von Urlaubsabgeltung, Urlaubsgeld, Überstundenvergütung und Karenzentschädigung erweiterte. Zuletzt hat sie vorgetragen, sie könne gemäß § 8 Arbeitsvertrag für den Monat Juni 2015 eine Karenzentschädigung von 1.155,80 Euro und für den Monat Juli 2015 unter Anrechnung anderweitigen Erwerbs eine solche von 820,00 beanspruchen.
Die Klägerin hat insoweit zuletzt erstinstanzlich mit dem Klageantrag zu 2) beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.975,80 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 1.155,80 Euro seit dem 1. Juli 2015 und aus einem Betrag in Höhe von 820,00 Euro seit dem 1. August 2015 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung von Karenzentschädigung, weil ihr bereits keine von beiden Parteien unterzeichnete Originalurkunde, d. h. der Arbeitsvertrag ausgehändigt worden sei. Zudem habe die Beklagte mit Schriftsatz vom 31. August 2015 auf die Wettbewerbsvereinbarung verzichtet. Im Übrigen sei nicht überprüfbar, ob und in welcher Höhe die Klägerin Zwischenverdienst erzielt habe.
Das Arbeitsgericht hat durch die hier angefochtene Entscheidung die Beklagte zur Zahlung von Karenzentschädigung 1.695,00 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt. Der Klägerin stünde dem Grunde nach aus dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot ein Anspruch zu, für den Monat Juni 2015 schulde die Beklagte jedoch nur 875,00 Euro, die Hälfte der von der Klägerin zuletzt erzielten monatlichen Vergütung von 1.750,00 Euro, für den Monat Juli 2015 820,00 Euro brutto, weil anderweitiger Erwerb anzurechnen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten zur Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils (Seite 7 ff. des Urteils, Blatt 97 ff. der Akte) verwiesen.
Das Urteil wurde der Beklagten am 25. September 2015 zugestellt. Hiergegen richtet sich ihre am...