Entscheidungsstichwort (Thema)

Reduzierung der Besitzstandszulage nach §§ 11 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-VKA, 24 Abs. 2 TVöD-VKA bei Erhähung der unter einer Vollbeschäftigung liegenden Arbeitszeit einer teilzeitbeschäftigten Angestellten, die bis zur Änderung der Arbeitszeit die volle Besitzstandszulage nach § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA erhalten hat?. Besitzstandszulage. Erhöhung der Arbeitszeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Auslegung des § 11 Abs. 2 S. 1 TVÜ-VKA ergibt, dass die Arbeitszeiterhöhung einer teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmerin von 16 Stunden auf 19,25 Stunden nicht zum Anlass genommen werden darf, die Besitzstandszulage entsprechend dem Verhältnis der Teilzeitbeschäftigung zu einer Vollzeitbeschäftigung zu reduzieren.

 

Normenkette

TVÜ-VKA § 11 Abs. 1, 2 S. 1; TVÖD-VKA § 24 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Arnsberg (Urteil vom 13.10.2009; Aktenzeichen 3 Ca 689/09 O)

 

Nachgehend

BAG (Aktenzeichen 6 AZR 272/10)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 13.10.2009 – 3 Ca 689/09 O – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der an die Klägerin für die Monate August 2008 bis Februar 2009 zu zahlenden kinderbezogenen Besitzstandszulage nach § 11 TVÜ-VKA.

Die Klägerin ist am 06.01.1957 geboren, geschieden und gegenüber ihren beiden am 07.09.1992 sowie am 02.02.1995 geborenen Kindern unterhaltsverpflichtet.

Sie ist seit dem 01.10.1987 bei dem Beklagten als Diplom-Pädagogin in dessen Einrichtung LWL Wohnverbund M3 beschäftigt.

Auf das Arbeitsverhältnis fand bis zum 30.09.2005 der BAT Anwendung. Seit dem 01.10.2005 richtet es sich nach den Bestimmungen des TVöD-VKA.

Der geschiedene Ehemann der Klägerin ist ebenfalls im öffentlichen Dienst beschäftigt.

Im September 2005 erhielt die Klägerin wie auch jetzt das Kindergeld für die gemeinsamen Kinder sowie die kinderbezogenen Ortszuschläge nach § 29 B BAT.

Ihre wöchentliche Arbeitszeit betrug im September 2005 14 Wochenstunden, erhöhte sich am 01.10.2005 auf 16 Wochenstunden und ein zweites Mal am 01.11.2007 auf 19,25 Wochenstunden.

Bis Juli 2008 erhielt die Klägerin eine ungekürzte kinderbezogene Besitzstandszulage in Höhe von 93,38 EUR pro Kind, insgesamt 186,76 EUR.

Seit August 2008 zahlt der Beklagte nur noch 92,18 EUR.

Mit ihrer am 02.06.2009 bei dem Arbeitsgericht Arnsberg eingegangenen Klage, dem Beklagten am 17.06.2009 zugestellt, begehrt die Klägerin die Differenz zwischen der ungekürzten Besitzstandszulage von 186,76 EUR und der gezahlten Besitzstandszulage für die Monate August 2008 bis Februar 2009.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Erhöhung ihrer Arbeitszeit zum 01.11.2007 rechtfertige nicht die Reduzierung ihrer Besitzstandszulage.

Sie hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 662,06 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.06.2009 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat darauf verwiesen, § 11 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-VKA verweise auf § 24 Abs. 2 TVöD-VKA mit der Folge, dass bei jeder Arbeitszeitveränderung nach dem 30.09.2005 die Besitzstandszulage neu zu berechnen sei. Das entspreche auch der vom Kommunalen Arbeitgeberverband NW in seinem Schreiben vom 11.11.2005 (Bl. 32 bis 40 d.A.) vertretenen Rechtsauffassung (Bl. 39 d.A.).

Mit Urteil vom 13.10.2009 hat das Arbeitsgericht Arnsberg den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 662,06 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.06.2009 zu zahlen.

Es hat ausgeführt:

Die Auslegung der tarifvertraglichen Vorschriften ergebe einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Besitzstandszulage von 186,76 EUR monatlich für die Zeit von August 2008 bis Februar 2009.

Die Auslegung des normativen Teils von Tarifverträgen folge den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Dabei sei zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen sei. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut sei der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden habe. Abzustellen sei stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang. Soweit sich keine zweifelsfreien Auslegungsergebnisse ergäben, könnten die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien sowie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggfls. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Im Zweifel gebühre derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führe.

Nach § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA werde die kinderbezogene Besitzstandszulage solange fortgezahlt, wie Kindergeld bezogen werde. Diese Voraussetzung sei bei der Klägerin gegeben.

Die Arbeitszeiterhöhung von 16 auf 19,25 Stunden wöchentlich stehe dem Anspruch auf Zahlung einer ungekürzten Besitzstandszulage nicht entgegen.

Zwar verweise § 11 Abs. 2 TVÜ-...

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