Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
Leitsatz (redaktionell)
1. Es trägt derjenige die Beweislast bezüglich der Einhaltung des Formzwangs, der Rechte aus einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot herleiten will.
2. Es ist dem Arbeitgeber verwehrt, bei Einhaltung des Wettbewerbsverbots durch den Arbeitnehmer die Zahlung der Karenzetschädigung deswegen zu verweigern, weil die Aushändigung der Urkunde unterblieben sei und das Wettbewerbsverbot unwirksam sei. Dieses Berufen des Arbeitgebers auf die Formunwirksamkeit ist begrenzt durch das Rechtsinstitut der unzulässigen Rechtsausübung.
Normenkette
HGB §§ 74-75; BGB § 125
Verfahrensgang
ArbG Siegen (Urteil vom 26.11.2002; Aktenzeichen 1 Ca 2091/01) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegen vom 26.11.2002 1 Ca 2091/01, verkündet am 07.01.2003 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für den Zeitraum 01.09.2001 – 28.02.2003 eine Karenzentschädigung in Höhe von monatlich 7.481,04 DM = 3.825,00 EUR zu zahlen.
Der am 11.08.1936 geborene Kläger war aufgrund des Anstellungsvertrages vom 13.02.1998 für die Beklagte in der Zeit vom 01.04.1998 bis zum 31.08.2001 als Verkaufsleiter tätig. Gemäß § 7 des Anstellungsvertrages verpflichtete sich der Kläger zur Einhaltung eines Wettbewerbsverbots. § 7 hat folgenden Wortlaut:
Der Angestellte verpflichtet sich, während eines Zeitraumes von 1,5 Jahren nach Beendigung des Dienstverhältnisses weder ein Geschäft zu errichten noch zu betreiben, noch sich unmittelbar oder mittelbar an einem solchen zu beteiligen, noch für ein solches unmittelbar oder mittelbar tätig zu sein.
Für die Zeit des Wettbewerbsverbots steht ihm die Hälfte des bisher bezogenen Gehaltes zu, das jeweils am Monatsschluss nachträglich zahlbar werden soll. Er muss sich jedoch gemäß § 74 c HGB auf die fällige Entschädigung dasjenige anrechnen lassen, was er in dieser Zeit durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitszeit erworben oder zu erwerben böswillig unterlassen hat. Hierüber hat er auf Verlangen Auskunft zu erteilen.
Der Angestellte verpflichtet sich zur Zahlung einer Vertragsstrafe von … für jeden Fall einer Zuwiderhandlung.
Das Wettbewerbsverbot wird unwirksam, wenn der Angestellte aus einem wichtigen Grunde berechtigt ist, den Vertrag aufzulösen, und innerhalb eines Monats erklärt, dass er sich an die Vereinbarung nicht gebunden hält. Hat der Angestellte einen wichtigen Grund zur Kündigung gegeben, so fällt die Entschädigung während der Dauer des Wettbewerbsverbots weg.
Dieser Vertrag wurde von beiden Parteien eigenhändig unterschrieben. Ob der Kläger jemals eine Originalausfertigung dieses Vertrages erhalten hat, ist unter den Parteien umstritten. Der Kläger verfügt zumindest über eine Vertragskopie.
Die Beklagte sah sich aus vom Kläger bestrittenem Anlass verpflichtet, ihm gegenüber am 22.08.2000 eine Abmahnung zu erteilen. Mit dieser Abmahnung beanstandete die Beklagte, der Kläger habe sich fortlaufend geschäftsschädigend verhalten, indem er Außendienstmitarbeiter aufgefordert habe, gegen die Beklagte Fakten zu sammeln und gegenüber Kunden ihre Unzufriedenheit über die Geschäftsleitung zu äußern. Diese Abmahnung schließt mit dem Hinweis, der Kläger müsse im Wiederholungsfall mit einer fristlosen Kündigung rechnen. Noch am gleichen Tage trafen die Parteien eine Vereinbarung dahingehend, ihre vertragliche Zusammenarbeit mit dem 31.08.2001 zu beenden. Zeitgleich wurde der Kläger unbefristet gegen Zahlung eines Durchschnittsgehaltes in Höhe von 14.962,08 DM brutto beurlaubt.
Der Kläger hat am 11.08.2001 das 65. Lebensjahr vollendet. Aus diesem Grunde bezieht er das gesetzliche Altersruhegeld in Höhe von monatlich 1.900,00 DM (Rentenbescheid vom 09.10.2001). Da er zusätzlich als Anzeigenverkäufer 1.000,00 DM netto monatlich verdient, forderte er die Beklagte am 05.09.2001 dazu auf, beginnend mit dem 30.09.2001 eine monatliche Karenzentschädigung in Höhe von 7.481,04 DM = 3.825,00 EUR zu zahlen. Hierauf reagierte die Beklagte mit Schreiben vom 13.09.2001. Sie teilte dem Kläger darin mit, sie bestehe nicht auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbots (Bl. 10 d. Akte). Aus diesem Anlass zahlte sie auch keine Karenzentschädigung.
Mit der am 11.10.2001 zunächst beim Arbeitsgericht Braunschweig erhobenen und mit Beschluss vom 13.11.2001 an das Arbeitsgericht Siegen verwiesenen Klage begehrt der Kläger die Zahlung der bislang fälligen Karenzentschädigung sowie die Feststellung, dass die Beklagte zur Karenzzahlung bis zum 28.02.2003 in Höhe von monatlich 3.825,00 EUR verpflichtet ist. Zur Begründung hat er die Auffassung vertreten, die Parteien hätten ein in allen Gesichtspunkten formgültiges Wettbewerbsverbot begründet. Die Beklagte habe ihm anfänglich den unterzeichneten Originalvertrag ausgehändigt. Nach weisungsgebundener kurzfristiger Rückgabe dieser Vertragsausfertigung an die Beklagte sei ihm nicht...