Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung einer Gehaltsüberzahlung an eine Dienstordnungsangestellte
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei § 814 BGB ist die positive Kenntnis der Nichtschuld im Zeitpunkt der Leistung erforderlich. Der Leistende muss wissen, dass er nach der Rechtslage nichts schuldet. Es reicht nicht aus, dass er alle Tatsachen kennt, aus denen sich das Fehlen einer rechtlichen Verpflichtung ergibt. Er muss aus den ihm bekannten Tatsachen auch die zutreffende rechtliche Schlussfolgerung ziehen, wobei eine „Parallelwertung in der Laiensphäre” ausreicht.
2. § 12 BBesG und die zu ihm entwickelten Grundsätze sind auf das Arbeitsverhältnis eines Dienstordnungsangestellten anwendbar, wenn dieser nach der anzuwendenden Dienstordnung in der Ausgestaltung seines Vertragsverhältnisses hinsichtlich der Rechte und Pflichten einem Beamten gleichgestellt ist.
Normenkette
BBesG § 12 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Bochum (Urteil vom 11.04.2007; Aktenzeichen 5 Ca 25/07) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 11.04.2007 – 5 Ca 25/07 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob Vergütungsansprüche der Klägerin durch Aufrechnung der Beklagten mit Ansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung untergegangen sind.
Die Klägerin ist seit dem 14.10.1990 als Dienstordnungsangestellte bei der Beklagten beschäftigt und bearbeitet als Sachbearbeiterin Berufsunfälle. Am 07.10.1993 schloss sie erfolgreich die Fortbildung für den gehobenen berufsgenossenschaftlichen Verwaltungsdienst ab. Der Fortbildung lag die Fortbildungs- und Prüfungsordnung der gewerblichen Berufsgenossenschaften und der See-Berufsgenossenschaft (FPO) zugrunde, wegen deren Einzelheiten auf die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 15.03.2007 vorgelegte Kopie (Bl. 88 bis 94 der Akte) Bezug genommen wird. Der Inhalt ergibt sich aus dem Fortbildungsrahmenplan (Bl. 95 bis 100 der Akte). Gemäß Ziffern 8.4, 8.5 wurden Grundkenntnisse im Beamtenrecht und im Dienstordnungsrecht der Berufsgenossenschaften vermittelt.
Die Beklagte überreichte der Klägerin, wie allen Mitarbeitern seit 1993, eine Mitarbeiterinformationsmappe (MIM). Ziel der MIM ist es, den Mitarbeitern einen aktuellen Überblick über ihre Rechte und Pflichten zu verschaffen. Seit 2001 wird die MIM in elektronischer Form aktualisiert und den Mitarbeitern zugänglich gemacht. Gemäß Ziffern 6, 8 des Inhaltsverzeichnisses (Bl. 102 der Akte) werden u.a. Informationen zur Dienstordnung, zur Besoldung im gehobenen Dienst und zur Vergütung, Besoldung generell angeboten. Unter Ziffer 8.2 werden Hinweise zum Verständnis der Gehaltsabrechnung gegeben (Bl. 108 der Akte).
Die Klägerin war vom 24.09.1999 bis zum 17.05.2002 mit einem ebenfalls bei der Beklagten beschäftigten Verwaltungsamtmann verheiratet. Aus der Ehe gingen keine Kinder hervor. Ausweislich der der Klägerin für die Monate Januar bis Mai 2002 erteilten Gehaltsabrechnungen (Bl. 38 bis 41 der Akte) erhielt sie während dieser Ehe einen Verheiratetenzuschlag in Höhe von 50,39 EUR. Das entsprach der Hälfte des Höchstbetrages der Stufe 1 des Familienzuschlags nach § 40 Ziffer 1 BBesG. Das BBesG ist gemäß § 4 der von der Beklagten nach § 144 ff. SGB VII erstellten Dienstordnung (Bl. 29 bis 31 der Akte) auf das Vertragsverhältnis der Parteien anwendbar. Gemäß § 3 der Dienstordnung gelten für das Rechtsverhältnis die jeweiligen für Bundesbeamte geltenden Gesetze und Verordnungen insbesondere über die Rechte der Beamten und ihre Pflichten, soweit die Dienstordnung oder besondere gesetzliche Vorschriften nichts anderes bestimmen.
Seit dem 25.06.2004 ist die Klägerin erneut verheiratet. Ihr Ehemann ist bei der Berufsfeuerwehr der Stadt G3 beschäftigt, die der Beklagten eine Vergleichsmitteilung vom 30.06.2004 (Bl. 157 d.A.) übersandte.
Am 13.07.2004 legte die Klägerin der Beklagten einen Personenstandsbogen vom 10.07.2004 (Bl. 149 – 152 d.A.) vor, aus dem sich die Eheschließung und die Tätigkeit ihres Ehemannes ergaben. Mit der Abrechnung für August 2004 (Bl. 43 der Akte) rechnete die Beklagte in der Rubrik laufender Monat mit der Bezeichnung „FZ-Verh-Bestandteil” 52,64 EUR und unter eben dieser Bezeichnung auch für die Vormonate 312,72 EUR ab. Der der Klägerin zustehende Verheiratetenzuschlag betrug in den Monaten Juni und Juli 2004 jeweils 52,12 EUR und ab dem 01.08.2004 52,64 EUR. Unter Berücksichtigung des Verheiratetenzuschlags bei der Sonderzahlung zum Jahresende 2004 überzahlte die Beklagte einen Betrag von 218,90 EUR.
Nach der Geburt ihres Sohnes am 15.09.2004 nahm die Klägerin ihre Tätigkeit am 25.11.2004 wieder auf. Am 29.09.2004, bei der Beklagten am 08.10.2004 eingegangen, gab sie erneut eine Erklärung zum Ortszuschlag, Sozialzuschlag, Anwärterverheiratetenzuschlag, Familienzuschlag, Kindergeld ab (Bl. 153 bis 155 der Akte). Unter der Rubrik „Angaben zur Berücksichtigun...