Entscheidungsstichwort (Thema)
Monatliche Sonderzahlungen. Dauer der Bindungswirkung mit Rückzahlungsverpflichtung. Höhe der Einzelzahlungen und nicht die jährliche Gesamtsumme maßgebend
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein vertraglich vereinbarter Ausschluss jeden Rechtsanspruchs bei laufendem Arbeitsentgelt benachteiligt den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Eine solche Klausel ist gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.
2. Ein vertraglicher Vorbehalt, der dem Arbeitgeber die monatlich zu wiederholende Entscheidung über die Leistung einer Zulage zuweist, weicht von dem allgemeinen Grundsatz ab, dass Verträge und die sich aus ihnen ergebenden Verpflichtungen für jede Seite bindend sind.
3. Für die Beurteilung der Bindungswirkung von Rückzahlungsklauseln ist nicht auf die zugesagte Gesamtsumme und den Auszahlungszeitpunkt des letzten Teilbetrags abzustellen, sondern auf die Fälligkeitszeitpunkte der Teilleistungen. Die Teilleistungen können nicht wie eine einheitliche Leistung behandelt werden. Unerheblich ist, ob die Aufteilung der Sonderzahlungen auf monatliche Teilbeträge auf Wunsch der Arbeitnehmer z.B. aus steuerlichen Gründen erfolgt ist.
Normenkette
BGB §§ 35, 307
Verfahrensgang
ArbG Bochum (Urteil vom 05.02.2009; Aktenzeichen 3 Ca 2278/08) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 05.02.2009 – 3 Ca 2278/08 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um restliche Vergütungsansprüche der Klägerin.
Die Klägerin war vom 11.09.2006 bis zum 31.08.2008 als Bildungsbegleiterin zur einem monatlichen Bruttoentgelt von 2.000,00 EUR bei der Beklagten beschäftigt, die ein Berufsbildungsinstitut betreibt. Das Arbeitsverhältnis war zunächst bis zum 14.09.2008 befristet. Wegen des schriftlichen Arbeitsvertrages der Parteien vom 11.09.2006 wird auf Blatt 4 der Akte verwiesen.
Im Verlauf des Jahres 2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie ihr Arbeitsverhältnis über den 14.09.2008 hinaus verlängere. Hiermit war die Klägerin einverstanden. Mit Schreiben vom 13.08.2008 erklärte die Klägerin die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.08.2008.
Für August 2008 erteilt die Beklagte eine Abrechnung, aus der sich ein Nettoverdienst der Klägerin in Höhe von 1.063,63 EUR ergab. Wegen der Einzelheiten der Abrechnung für August 2008 wird auf Blatt 5 der Akte verwiesen. Diesen Betrag zahlte die Beklagte nicht aus, sondern erklärte die Aufrechnung mit einem von ihr geltend gemachten Rückzahlungsanspruch im Hinblick auf Sonderzahlungen, welche die Beklagte im Jahr 2008 an die Klägerin geleistet hatte.
Den Sonderzahlungen für 2008 lag ein Schreiben der Beklagten vom 09.01.2008 zugrunde, das folgenden Wortlaut hat:
…
Sonderzahlungen 2008
Sehr geehrte Frau P2,
die Firma zahlt in diesem Jahr Sonderzahlungen. Über die Zusammensetzung der Vergütung informiert Sie Frau V1 persönlich. Wir dürfen darauf hinweisen, dass sämtliche Zahlungen freiwillig und ohne Verpflichtung für spätere Jahre sind.
Sonderzahlungen werden für das laufende Kalenderjahr zu unterschiedlichen Terminen bezahlt. Sollten Sie bei Erhalt von Sonderzahlungen bis zur Höhe eines vollen Gehaltes vor dem 31. März, bei Erhalt einer höheren Summe vor dem 30. Juni des auf die Sonderzahlung folgenden Kalenderjahres das Unternehmen verlassen, sind die Sonderzahlungen in voller Höhe zurückzuzahlen.
Sollte Ihr befristeter Arbeitsvertrag vor den oben genannten Terminen enden und Sie scheiden aus dem Unternehmen aus, muss die Sonderzahlung nicht zurück gezahlt werden.
Bitte quittieren Sie unverzüglich den Erhalt dieses Schreibens im Büro „Rechnungswesen”, da mögliche Sonderzahlungen vorher nicht zur Auszahlung kommen.
Mit freundlichen Grüßen erhalten und zur Kenntnis genommen:
…
Im Einzelnen erhielt die Klägerin im Januar 2008 eine Sonderzahlung von 215,91, EUR im Februar 2008 von 250,00 EUR, im März 2008 210,53 EUR, im April 2008 von 500,00 EUR, im Mai 2008 von ebenfalls 500,00 EUR und im Juni 2008 von 380,95 EUR, insgesamt 2.057,39 EUR brutto.
Mit vorliegender Klage, die am 07.10.2008 beim Arbeitsgericht Bochum einging, nimmt die Klägerin die Beklagte auf Zahlung der Vergütung von 1063,63 EUR netto für August 2008 in Anspruch. Zur Begründung hat sie vorgetragen, diese Forderung sei nicht durch Aufrechnung erloschen. Der Rückzahlungsvorbehalt im Schreiben der Beklagten vom 09.01.2008 sei als unwirksam anzusehen, da die monatlichen Sonderzahlungen wesentlich geringer als ihre monatliche Vergütung gewesen seien. Die Sonderzahlungen seien als Gehaltsbestandteile zu sehen, da sie anteilige Zahlungen von jeweils monatlich erwirtschaften Überschüssen gewesen seien. Jede einzelne Zahlung sei für sich zu betrachten. Dies gelte schon deshalb, weil sie, die Klägerin, wie alle anderen Mitarbeiter, die Sonderzahlungen erhalten hätten, in keinem Monat gewusst habe, ob und in welcher Höhe sie jeweils Sonderzahlungen erhalten werde. Die monatlichen Einzelzahlungen in jeweils ge...