Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz gegen Stellenbesetzung. Nichtberücksichtigung der fachlichen Leistung des Auswahlbewerbers. Fehlende schriftliche Dokumentation im Auswahlverfahren. Keine paritätische Besetzung der Auswahlkommission
Leitsatz (redaktionell)
1. Zur Feststellung der fachlichen Kenntnis des Bewerbers müssen die entsprechenden Unterlagen herangezogen werden. Fehlende Unterlagen zu den Auswahlerwägungen verstoßen gegen die Pflicht zur schriftlichen Dokumentation.
2. Die Auswahlkommission muss paritätisch besetzt sein.
Normenkette
GG Art. 33 Abs. 2; ArbGG § 62 Abs. 2; LGG NRW § 2 Abs. 9
Verfahrensgang
ArbG Arnsberg (Entscheidung vom 23.07.2019; Aktenzeichen 1 Ga 5/19) |
Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 23.07.2019 - 1 Ga 5/19 - abgeändert.
Der Verfügungsbeklagten wird aufgegeben, die am 06.05.2019 ausgeschriebene Stelle als Fachbereichsleitung für den Fachbereich 50/Soziales (APL-Nr.: 050/001; APL-Bew: A 13 gD; Nr.: 1/2019) vorläufig nicht zu besetzen, bis über die Bewerbung der Verfügungsklägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden ist; spätestens bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsacheklage.
Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zulässig.
Tatbestand
Die Verfügungsklägerin nimmt die Verfügungsbeklagte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auf einstweilige Untersagung einer anderweitigen Stellenbesetzung in Anspruch.
Die Verfügungsklägerin ist seit dem 25.04.1995 bei der Verfügungsbeklagten beschäftigt. Bei der Verfügungsbeklagten gibt es fünf Fachbereiche, denen jeweils ein Fachbereichsleiter vorsteht. Fachbereichsleiter des Fachbereichs Soziales ist seit mehreren Jahren T. Die Verfügungsklägerin ist seit vielen Jahren dem Fachbereich Soziales zugewiesen. Von 2005 bis 2009 sowie von 2011 bis 2016 war sie stellvertretende Fachbereichsleiterin. Im Jahr 2016 wurde der Verfügungsklägerin die Funktion als stellvertretende Fachbereichsleiterin entzogen, nachdem es zu Schwierigkeiten im Bereich der Personalführung gekommen war. Seitdem ist die Verfügungsklägerin weiterhin im Fachbereich Soziales, nun allerdings dort im Bereich Jobcenter / Arbeitgebervermittlung eingesetzt. Sie ist in die Entgeltgruppe 10 eingruppiert und erhält eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von ca. 4.870,- €.
Am 06.05.2019 wurde bei der Verfügungsbeklagten die Stelle der Fachbereichsleitung im Fachbereich Soziales ausgeschrieben (Anlage K 2, Bl. 35 GA). Auf diese Stelle bewarben sich neben der Verfügungsklägerin die interne Bewerberin Frau R sowie zwei externe Bewerber, Frau C und Herr H. Am 13.06.2019 wurden mit den vier Bewerberinnen und Bewerbern jeweils etwa halbstündige Vorstellungsgespräche geführt. Auf Seiten der Verfügungsbeklagten nahmen der Bürgermeister X, sein Allgemeiner Vertreter Z, der aktuelle Stelleninhaber T, der stellvertretende Vorsitzende des Personalrats S, die Gleichstellungsbeauftragte U sowie der Personalreferent I teil. Die Gespräche erfolgten jeweils nach dem gleichen Muster. Die Bewerberinnen und der Bewerber stellten sich zunächst vor. Sodann wurden die bisherigen beruflichen Tätigkeiten erörtert. Die Bewerberinnen und der Bewerber wurden zu Stärken und Schwächen befragt. Sodann wurden die Führungserfahrung abgefragt und die Vorstellungen zu Mitarbeiterführung und Mitarbeitermotivation. Bei den internen Bewerberinnen wurde zudem abgefragt, in welchen Bereichen man meine, dass sich der Fachbereich weiter entwickeln könne. Der Inhalt der Gespräche wurde stichpunktartig protokolliert (Anlage Nr. 2, Bl. 91 ff. GA). Im Nachgang der Vorstellungsgespräche zog Herr H seine Bewerbung zurück. Die Verfügungsbeklagte entschloss sich zunächst, die Stelle der externen Bewerberin C zuzuweisen. Diese lehnte die angebotene Stelle ab. Sodann entschloss sich die Verfügungsbeklagte, die Stelle der internen Bewerberin R zuzuweisen. Am 01.07.2019 teilte die Verfügungsbeklagte der Verfügungsklägerin durch Herrn Z mit, dass man sich für eine andere Bewerberin entschieden habe. Man habe sich mit der Entscheidung schwer getan, da alle Bewerberinnen und Bewerber sehr eng beieinander gelegen hätten. Auch bestünden an der fachlichen Qualifikation der Verfügungsklägerin keine Zweifel. Herr Z bot der Verfügungsklägerin weitere Gespräche an, welche allerdings an der Entscheidung als solches nichts ändern würden. Dieses Gesprächsangebot nahm die Verfügungsklägerin nicht an. Mit ihrem am 12.07.2019 bei Gericht eingegangen Antrag begehrt die Verfügungsklägerin, die ausgeschriebene Stelle bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens nicht anderweitig zu besetzen.
Die Klage zur Hauptsache ist unter dem Aktenzeichen Arbeitsgericht Arnsberg 1 Ca 480/19 erhoben.
Die Verfügungsklägerin hat die Ansicht vertreten, ein Verfügungsanspruch sei gegeben. Die ausgeschriebene Stelle sei ihr nach dem Prinzip der Bestenauslese zuzuweisen. Sie habe den Fachbereich über mehrere Jahre ge...