Die Revision wird nicht zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Präklusionswirkung einer rechtskräftigen Entscheidung. Wiederholungskündigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist in einem Vorprozess die Unwirksamkeit der Kündigung rechtskräftig durch eine Sachentsche idung festgestellt worden, kann der Arbeitgeber denselben Kündigungssachverhalt nicht zur Rechtfertigung einer erneuten Kündigung vortragen. Der zweiten, rechtzeitig erhobenen Kündigungsschutzklage ist deshalb ohne eine Überprüfung des Kündigungssachverhalts stattzugeben. Dies gilt auch dann, wenn der Arbei tgeber den Kündigungsgrund in dem ersten Prozess nicht ausreichend dargelegt hat.

2. Die Präklusionswirkung der rechtskräftigen Entscheidung in dem Vorprozess steht nicht zur Disposition der Prozessparteien, sondern ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen.

 

Normenkette

ZPO § 322; KSchG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Hamm (Urteil vom 13.10.2004; Aktenzeichen 3 Ca 3241/03)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 13.10.2004 – 3 Ca 3241/03 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.600,00 EUR (i.W.: sechstausendsechshundert Euro) festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.

Die am 06.07.1960 geborene, verheiratete und gegenüber drei Kindern unterhaltspflichtige Klägerin ist seit dem 21.09.1994 bei der Beklagten als Montiererin in der Serienfertigung zu einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt 2.200,00 EUR tätig.

Die Beklagte beschäftigte in ihrem Werk in S2xxx, in dem die Klägerin eingesetzt war, zuletzt mehr als 200 Arbeitnehmer. Bereits Mitte 2001 entschloss sich die Beklagte zu Restrukturierungsmaßnahmen, die u.a. den Abbau von 196 der 525 5 Arbeitsplätze vorsahen. In diesem Zusammenhang schloss die Beklagte mit dem bei ihr gewählten Betriebsrat unter dem 19.11.2001 einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan ab (Bl. 49 bis 64 d.A.).

Nachdem sich die Umsatzerwartungen der Beklagten in der Folgezeit nicht erfüllten, unterzeichneten die Betriebspartner unter dem 17.04.2003 (Bl. 54 d. GA) eine Vereinbarung über die Verlängerung des Interessenausgleichs und des Sozialplanes vom 19.11.2001. Nach dem Inhalt dieser Vereinbarung waren sich die Betriebspartner u.a. darüber einig, dass im Interesse der Aufrechterhaltung des Standortes S2xxx der Personalbestand auf 223 vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer reduziert werden müsse. Ebenfalls unter dem 17.04.2003 unterzeichneten die Betriebspartner einen Anhang zum Interessenausgleich und Sozialplan vom 19.11.2001, in dem u.a. Änderungen des Sozialplanes geregelt wurden. Wegen der Einzelheiten dieser Vereinbarung wird auf Bl. 55, 56 d. GA Bezug genommen. Schließlich schlossen die Betriebspartner am 17.04.2003 auch eine Betriebsvereinbarung über Auswahlrichtlinien nach § 95 BetrVG ab (Bl. 60 – 62 d. GA.), deren Ziffer 2) auf eine mit der Betriebsvereinbarung nicht fest verbundene und auch nicht von den Betriebsparteien unterzeichnete Anlage 1 Bezug nimmt, die die Überschrift „Deckblatt Gruppierung Gewerblich” trägt. Wegen der Einzelheiten dieser Anlage wird auf Bl. 57 d. GA verwiesen.

Mit Schreiben vom 14.11.2003 (Bl. 63 d. GA) leitete die Beklagte die Anhörung des Betriebsrates zu der beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin unter Berufung auf die beschlossenen Umstrukturierungsmaßnahmen ein, die Gegenstand des Interessenausgleichs und des Sozialplanes vom 17.04.2003 waren. Den aus ihrer Sicht maßgeblichen Kündigungssachverhalt teilte die Beklagte dem Betriebsrat in einer dem Anhörungsschreiben beigefügten Anlage (Bl. 62 bis 69 d. GA) mit.

Nachdem der Betriebsrat die Anhörungsfrist vereinbarungsgemäß verstreichen ließ, erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 27.11.2003 (Bl. 4 d. GA), zugegangen am 28.11.2003, die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin. Gegen diese Kündigung wehrt sich die Klägerin mit der am 18.12.2003 beim Arbeitsgericht Hamm eingegangenen Kündigungsschutzklage vom selben Tag.

Die Klägerin hat das Vorliegen des dringenden betrieblichen Erfordernisses sowie die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates bestritten. Außerdem hat die Klägerin die Ansicht vertreten, dass die ausgesprochene Kündigung jedenfalls deshalb unwirksam sei, weil die von der Beklagten getroffene soziale Auswahl fehlerhaft sei. Auf eine Beschränkung der berprüfung der sozialen Auswahl auf grobe Fehlerhaftigkeit könne sich die Beklagte trotz Vorliegens einer Betriebsvereinbarung über Auswahlrichtlinien nach § 95 BetrVG nicht berufen, weil die Vergleichbarkeit der in die soziale Auswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer nicht Gegenstand einer personalen Auswahlrichtlinie sein könne. Darüber hinaus hätten die Betriebspartner Vergleichsgruppen ausgehend von einer generellen Betrachtungsweise gebildet, was bereits der gesetzlichen Vorgabe zuwiderlaufe, flexible Einsatzmöglichkeiten und Einarbeitu...

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