Die Revision gegen das Urteil wird zugelassen.
Revision aufgehoben 26.01.2005
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gratifikation. Arbeitsvertrag. Erwerbsunfähigkeit. Ruhen des Arbeitsverhältnisses. ergänzende Vertragsauslegung. Regelungslücke
Leitsatz (amtlich)
Vertraglich vereinbartes Weihnachtsgeld bei unbefristeter Erwerbsunfähigkeit –
Regelungslücke
Ist der Arbeitnehmer, welcher auf arbeitsvertraglicher Grundlage ein Weihnachtsgeld zu beanspruchen hat, nach Bewilligung einer unbefristeten Erwerbsunfähigkeitsrente dauerhaft nicht mehr im Betrieb tätig, so kann, auch ohne dass die Arbeitsvertragsparteien eine Ruhensvereinbarung getroffen haben und unabhängig von einem Verzicht des Arbeitgebers auf sein Direktionsrecht, der Wegfall des Weihnachtsgeldanspruchs für diese Fälle aus den Regeln der ergänzenden Vertragsauslegung folgen.
Normenkette
BGB § 157
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 03.07.2003 – 3 Ca 267/03 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Tatbestand
Mit seiner Klage verlangt der Kläger, welcher seit dem Jahre 1993 im Arbeitsverhältnis zur Beklagten steht, die Zahlung einer arbeitsvertraglich vereinbarten Sondervergütung (Weihnachtsgeld) für die Jahre 2001 und 2002. Dieser Verpflichtung tritt die Beklagte, welche auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung tätig ist, unter Hinweis auf die unstreitige Tatsache entgegen, dass der Kläger seine arbeitsvertragliche Tätigkeit als Monteur aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann und deshalb seit dem 31.08.1999 eine zeitlich unbefristete Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht. Sie ist der Auffassung, dass Arbeitsverhältnis bestehe unter diesen Umständen allein noch als „formales Band”, so dass für die Gewährung der vereinbarten Sonderzahlung die Grundlage fehle.
Die maßgebliche vertragliche Abrede lautet wie folgt:
„…
§ 6
Weihnachtsgeld 120 Stunden × Stundenlohn (Berechnung: Nov. bis Nov. gem. Zugehörigkeit)
…”
Durch Urteil vom 03.07.2003 (Bl. 17 ff. d.A.), auf welches wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, zwar habe zwischen den Parteien weiterhin im Anspruchszeitraum ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis bestanden, ohne dass der Bezug von Erwerbsunfähigkeitsrente zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt habe. Ebenso wenig stehe dem Anspruch des Klägers entgegen, dass er im Bemessungszeitraum keine Arbeitsleistung erbracht habe. Gleichwohl könne der Kläger die vertraglich vereinbarte Sondervergütung nicht verlangen. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Auslegung entsprechender tariflicher Regelungen müsse nämlich davon ausgegangen werden, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis lediglich als „formales Band” bestanden habe. Darauf, dass der Kläger sich neben dem Bezug der Erwerbsunfähigkeitsrente nicht arbeitslos gemeldet und die Beklagte auch nicht auf ihr Direktionsrecht verzichtet habe, komme es nicht entscheidend an. Entscheidend sei vielmehr die Tatsache, dass der Kläger eine unbefristete Erwerbsunfähigkeitsrente beziehe, so dass in der Tat das Arbeitsverhältnis nur noch im Sinne einer formalen Rechtsbeziehung weiterbestehe. Eine derart gelockerte Rechtsbeziehung sei aber zur Begründung des Anspruchs auf die vereinbarte Sonderzahlung nicht ausreichend.
Mit seiner rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung hält der Kläger an seinem Standpunkt fest, mangels besonderer vertraglicher Abrede komme es für den verfolgten Zahlungsanspruch allein auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses an. Soweit das Bundesarbeitsgericht bei der Auslegung tariflicher Vorschriften eine „Lockerung” des Arbeitsverhältnisses für den Fall angenommen habe, dass der Arbeitnehmer nach Aussteuerung durch die Krankenkasse Arbeitslosengeld beantrage und der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitsamt auf sein Direktionsrecht verzichte, sei eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf vertragliche Vereinbarungen schon deshalb bedenklich, weil die Tarifvertragsparteien in der Regel ohnehin eine Vielzahl von Anspruchseinschränkungen vorsähen, welche bei einzelvertraglichen Abmachungen von den Vertragsparteien nicht bedacht würden. Abgesehen davon habe der Kläger im vorliegenden Fall weder Arbeitslosengeld beantragt noch habe die Beklagte gegenüber dem Arbeitsamt auf ihr Direktionsrecht verzichtet. Allein die Tatsache, dass der Kläger auf unabsehbare Zeit arbeitsunfähig sei, seine geschuldete Arbeitsleistung als Montierer im Leiharbeitsunternehmen der Beklagten nicht mehr erbringen könne und aus diesem Grunde eine Erwerbsunfähigkeitsrente erhalte, sei nach dem Inhalt der arbeitsvertraglichen Regelung ohne Belang. Im Übrigen sei nicht ausgeschlossen, dass dem Kläger entsprechend seinem Restleistungsvermögen von der Beklagten...