Entscheidungsstichwort (Thema)
Konkludenter Ausschluss der Nachwirkung. Beschäftigungssicherungstarifvertrag, Gleichbehandlung bei der Vergütung
Leitsatz (redaktionell)
Tarifvertragsparteien können den Ausschluss der Nachwirkung auch konkludent vereinbaren, wenn die Auslegung des Tarifvertrags dafür spricht.
Normenkette
TVG § 4 Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG Bochum (Urteil vom 21.10.2009; Aktenzeichen 5 Ca 1454/09) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 21.10.2009 – 5 Ca 1454/09 – teilweise abgeändert und wie folgt zur Klarstellung neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2197,13 EURO brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.06.2009 zu zahlen.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger zu 6 % und die Beklagte zu 94 % nach einem Kostenstreitwert in Höhe von 2339,87 EURO.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Höhe des dem Kläger zustehenden Gehaltes.
Der am 12.10.1955 geborene Kläger ist Mitglied der IG-Metall und stand in der Zeit vom 23.06.1989 bis zum 30.09.2009 bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis. Im Arbeitsvertrag des Klägers vom 26.06.1989 ist keine Arbeitszeit geregelt.
Die Beklagte war bis zum 31.12.2001 tarifgebundenes Mitglied im Arbeitgeberverband der Eisen- und Metallindustrie für B2 und Umgebung e.V. Zum gleichen Zeitpunkt trat auch der Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen vom 11.12.1996 in der Fassung vom 23.10.1997/ 28.03.2000 außer Kraft (im folgenden MTV Metall), da ab dem 01.01.2002 ein Nachfolgetarifvertrag galt. Die tarifliche Wochenarbeitszeit betrug 35 Stunden.
Zum 01.01.2005 wurde die Beklagte erneut Mitglied in dem Arbeitgeberverband, allerdings in der Fachabteilung „OT” (= ohne Tarifbindung).
Am 27.09.2005 schlossen die Beklagte und der Arbeitgeberverband der Eisen- und Metallindustrie für B2 und Umgebung e.V. auf der einen Seite und die IG-Metall auf der anderen Seite eine „Vereinbarung”, die u.a. folgende Regelungen enthält:
- „Ab dem 01.12.2005 verändert sich die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf 40 Stunden ohne entsprechenden Entgeltausgleich. Die Entgeltberechnung erfolgt auf Basis einer 36-Stunden-Woche. …
Ab dem 01.12.2005 werden, Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen um 1,5 % erhöht. Zusätzlich wird zum 01.12.2005 eine Einmalzahlung in Höhe von Euro 200, – an die Beschäftigten geleistet, für Auszubildende beträgt diese Euro 100,–. Die Einmalzahlung wird nicht tabellenwirksam.
…
- L & E verzichtet bis zum 31.12.2007 auf betriebsbedingte Kündigungen. …
- Die Laufzeit dieser Vereinbarung endet am 31.12.2008. Die Parteien verpflichten sich, spätestens in der 2. Jahreshälfte 2008 Gespräche über eine Nachfolgeregelung aufzunehmen.”
Eine nachfolgende Vereinbarung wurde zwischen den Vertragsparteien nicht geschlossen.
Im Dezember 2008 erfolgte ein Angebot der Beklagten an den Kläger zur Änderung seines Arbeitsvertrages. Gleichlautende Angebote erhielten ca. ¾ der Belegschaft der Beklagten. Die Regelung sollte auf 3 Jahre befristet sein. Dieses Angebot lautet auszugsweise wie folgt:
„Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden. …
Zugleich finden die Regelungen des Tarifwerkes der Metallindustrie mit sofortiger Wirkung bezogen auf die wöchentliche Arbeitszeit keine Anwendung mehr.
Mit der Abrechnung Dezember erhalten Sie für 2008 eine nicht tabellenwirksame Einmalzahlung in Höhe von EUR 600,– (sechshundert).
Weiter freuen wir uns, Ihnen mitteilen zu können, dass wir Ihr Gehalt zum 01. Januar 2009 um 2,5 % erhöhen. …”
Der Kläger nahm das Angebot nicht an. Er arbeitete im Folgenden weiter 40 Stunden in der Woche bei gleichbleibendem Gehalt und erhielt weder eine Einmalzahlung noch ein prozentuale Gehaltserhöhung. Die Arbeitnehmer, die das Änderungsangebot annahmen, erhielten sodann von der Beklagten die angekündigte Einmalzahlung und die Gehaltserhöhung. Ebenso erhielten die Beschäftigen bei der Beklagten, die ohnehin seit jeher in einer 40-Stunden-Woche beschäftigt waren, eine Gehaltserhöhung und die Einmalzahlung in gleicher Höhe. Hierbei handelt es sich um Beschäftigte, die nach dem Jahr 2000 eingestellt wurden. Der Abschluss dieser Verträge beruhte bis zum 31.12.2001 auf der alten Regelung des § 3 Abs. 3 MTV Metall, die es dem Arbeitgeber erlaubte, mit 18 % der Mitarbeiter eine über die tarifliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit zu vereinbaren.
Mit Schreiben vom 26.02.2009 machte der Kläger gegenüber der Beklagten die Bezahlung der 40-Stunden-Woche sowie den Anspruch auf die Lohnerhöhung und Einmalzahlung geltend. Mit seiner Klage vom 28.05.2009, bei Gericht eingegangen am 29.05.2009, der Beklagten zugestellt am 09.06.2009, begehrt der Kläger von ihr die geltend gemac...