Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsvereinbarungsoffene Ausgestaltung arbeitsvertraglicher Vereinbarungen über ein Fixum für einen angestellten Verkäufer
Leitsatz (amtlich)
Die Arbeitsvertragsparteien können ihre vertraglichen Absprachen dahingehend gestalten, dass sie einer Abänderung durch betriebliche Normen unterliegen. Eine Vereinbarung, nach der "ein monatliches Fixum in Höhe von [...] sowie Provisionen und Prämien gemäß der jeweils gültigen Betriebsvereinbarung" gewährt werden, ist auch bzgl. des monatlichen Fixums betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet.
Normenkette
BGB § 611 Abs. 1 Hs. 2, § 611a Abs. 2, § 305c; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 10.05.2022; Aktenzeichen 5 Ca 45-22) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 10. Mai 2022 - 5 Ca 45/22 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf Zahlung eines monatlichen Fixums.
Der Kläger ist auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags vom 20. Juli 2001 seit dem 27. Juni 2001 bei der Beklagten als Verkäufer angestellt.
Die Beklagte betreibt ein Einrichtungsunternehmen (Amtsgericht Bielefeld HRA XXXXX). Im vorliegend maßgeblichen Betrieb ist ein Betriebsrat gewählt.
Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 20. Juli 2001 lautet auszugsweise wie folgt:
"[...]
§ 3 - Vergütung
Der Arbeitnehmer wird in die Tarifgruppe G I/ 3. Jahr des Gehaltstarifvertrages eingestuft. Er erhält für seine Tätigkeit folgende Bezüge:
Ein monatliches Fixum in Höhe von DM 1.100,00 (in Worten: eintausendeinhundert Deutsche Mark) sowie Provisionen und Prämien gemäß der jeweils gültigen Betriebsvereinbarung.
Es gilt mindestens das Tarifgehalt als garantiert.
[...]"
Die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende "Betriebsvereinbarung über Entlohnung der Verkäufer im Provisionsverkauf", die zum 1. Januar 1992 in Kraft getreten war, lautet auszugsweise wie folgt:
"[...]
2. Jeder Provisionsverkäufer erhält ein Fixum in Höhe von DM 1.100,00 [...], zuzüglich nachstehende Provisionen.
[...]
4. Jede/r Verkäufer/in hat Anspruch auf Provision u. Prämien [...]
[...]
6. Prämien
(Stückprämien, Abverkaufsprämien u. sonstige Einzelprämien)
[...]"
Der Kläger erzielte unter Berücksichtigung von Fixum, Provisionen und Prämien seit jeher regelmäßig eine höhere Vergütung als das arbeitsvertraglich garantierte Tarifgehalt.
Mit Datum vom 18. Oktober 2004 schloss die Beklagte mit dem Betriebsrat eine "Betriebsvereinbarung über Prämien und Provisionen im Verkauf" ab, die zum 1. Januar 2005 in Kraft trat und auszugsweise wie folgt lautet:
"[...]
§ 1 Gegenstand der Vereinbarung
Gegenstand der Vereinbarung ist die Regelung eines Prämien- und Provisionssystems für Mitarbeiter im Provisionsverkauf.
[...]
§ 3 Inhalt der variablen Vergütung
3.1.
Jeder Mitarbeiter erhält eine variable Vergütung, die sich aus der Summe der in dieser Betriebsvereinbarung geregelten Prämien und Provisionen ergibt.
[...]
§ 11 Mindestgehalt
Die Arbeitgeberin garantiert jedem Mitarbeiter [...] eine monatliche Mindestvergütung, die der monatlichen Entlohnung nach dem jeweils gültigen Arbeitsvertrag entspricht.
[...]
§ 14 Schlussbestimmungen
[...]
14.2.
Sie ersetzt alle bisherigen Betriebsvereinbarungen zur leistungsbezogenen Gewährung von Provisionen und Prämien für die in § 2 genannten Mitarbeiter.
[...]"
Mit Inkrafttreten dieser Betriebsvereinbarung zum 1. Januar 2005 stellte die Beklagte die Zahlung des monatlichen Fixums in Höhe von 1.100,00 DM an den Kläger ein. Ungeachtet dessen erzielte der Kläger weiterhin regelmäßig eine höhere Vergütung als das arbeitsvertraglich garantierte Tarifgehalt.
Mit der beim Arbeitsgericht am 10. Januar 2022 eingegangenen und der Beklagten am 13. Januar 2022 zugestellten Klage sowie der am 2. Mai 2022 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der am 3. Mai 2022 zugestellten Klageerweiterung hat der Kläger die Zahlung des monatlichen Fixums in Höhe von 1.100,00 DM bzw. umgerechnet 562,42 EUR nebst Zinsen für die Monate Juni 2021 bis einschließlich Mai 2022 begehrt.
Der Kläger ist der Auffassung gewesen, er habe nach wie vor Anspruch auf Zahlung des in seinem Arbeitsvertrag in § 3 zugesagten monatlichen Fixums. Die Regelung im Arbeitsvertrag sei nicht betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet. Nach dem Wortlaut des § 3 solle sich nur der Gehaltsbestandteil der Provisionen und Prämien nach der jeweils gültigen Betriebsvereinbarung richten, nicht jedoch das Fixum in Höhe von 1.100,00 DM. Der Kläger hat gemeint, Zweifel im Rahmen der Auslegung des Arbeitsvertrags gingen gemäß § 305c BGB zulasten der Beklagten. Im Übrigen seien mit der Betriebsvereinbarung vom 18. Oktober 2004 lediglich die Provisions- und Prämienregelungen neu gestaltet worden. Regelungen zum Umgang mit dem Fixum enthalte diese Betriebsvereinbarung nicht, weshalb das Fixum ebenfalls weiterhin zu gewähren sei. Mang...