Gegen dieses Urteil ist aus Gründen des § 72 Abs. 4 ArbGG weder für die klagende Partei noch für der beklagte Partei ein Rechtsmittel gegeben

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

betriebsbedingte Kündigung Weiterbeschäftigung auf freiem Arbeitsplatz Darlegungslast. Widerspruch des Betriebsrats. Einstweilige Verfügung. Weiterbeschäftigung

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Begründung des Widerspruchs nach § 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG ist erforderlich, dass der Betriebsrat plausibel darlegt, warum ein Arbeitnehmer sozial weniger schutzwürdig ist. Er hat aufzuzeigen, welche Gründe aus seiner Sicht zu einer anderen Bewertung der sozialen Schutzwürdigkeit führen (Anschluss an BAG, Urteil v. 09.07.2003, 5 AZR 305/02).

 

Normenkette

BetrVG § 102 Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Siegen (Urteil vom 01.02.2004; Aktenzeichen 3 Ca 1517/03)

 

Tenor

Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 1.02.2004 – 1 Ga 1/4 – wird auf Kosten der Verfügungsbeklagten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren nimmt der Verfügungskläger – im Folgenden Kläger genannt – die Verfügungsbeklagte – im Folgenden Beklagte genannt – auf seine vorläufige tatsächliche Beschäftigung in Anspruch.

Der am 03.02.1963 geborene Kläger ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seit dem 29.09.1992 ist er als gewerblicher Arbeitnehmer bei der Beklagten, die mit ca. 180 Mitarbeitern Fenster, Türen, Wintergärten, Rollladen sowie Profilsysteme aus Holz, Kunststoff und Aluminium produziert und montiert, zu einem Monatsverdienst von etwa 1.850,00 EUR brutto beschäftigt.

Bis Mai 2003 war der Kläger in der Abteilung Verglasung eingesetzt, in der Glas in die gefertigten Türen und Fenster eingesetzt werden; zudem hatte er dort auch Lagertätigkeiten übernommen. Seit Mai 2003 war der Kläger als Springer in der Kunststoffabteilung eingesetzt; dort war er unter anderem mit dem Zuschnitt von Kunststoffprofilen befasst und bediente eine hierfür erforderliche Maschine; ferner setzte er Sprossen per Hand in die jeweiligen Profile ein, sägte Kleinteile mit der Elektrosäge zu und war auch mit der Montage der Anschläge in die jeweiligen Profile beschäftigt.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie Nordwest-Deutschland Anwendung. Mit Schreiben vom 15.09.2003 (Bl. 29 ff. d.A.) hörte die Beklagte den in ihrem Betrieb gebildeten Betriebsrat zu der beabsichtigten Kündigung von sechs Mitarbeitern, unter ihnen der Kläger, an. Dem Schreiben vom 15.09.2003 war eine Übersicht über die Umsatz-/Mitarbeiterzahlen (Bl. 31 f. d.A.) sowie eine Liste der vergleichbaren Mitarbeiter (Bl. 33 d.A.) beigefügt. Das an den Betriebsrat gerichtete Schreiben der Beklagten vom 15.09.2003 ging dem Betriebsrat im Rahmen der mündlichen Erörterungen der beabsichtigten Kündigungen am 24.09.2003 zu.

Mit Schreiben vom 24.09.2003 (Bl. 22 d.A.) widersprach der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung des Klägers unter Hinweis auf § 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG. Im Schreiben vom 24.09.2003, der Beklagten zugegangen am 29.09.2003, ist ferner Folgendes ausgeführt:

„Begründung:

Der Kollege/Kollegin ist in der Abteilung Verglasung und als Springer beschäftigt.

Er ist 40 Jahre alt.

In anderen Abteilungen sind andere Arbeitnehmer auf vergleichbaren Arbeitsplätzen beschäftigt, die eine Kündigung sozial nicht so hart treffen würde. Von den Sozialdaten sind Arbeitnehmer auf Grund der Betriebszugehörigkeit und des Alters nicht so schutzwürdig.

Desweiteren ist Herr V5xxxxxxxx durch seine Springertätigkeit universell und auf vielen Arbeitsplätzen einsetzbar.”

Gleichzeitig widersprach der Betriebsrat auch den beabsichtigten Kündigungen der übrigen fünf Mitarbeiter. Insoweit wird auf den Inhalt der übrigen Widerspruchsschreiben vom 24.09.2003 (Bl. 34 ff. d.A.) Bezug genommen. Mit Schreiben vom 29.09.2003 (Bl. 17 d.A.) kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen fristgerecht zum 31.01.2004. Hiergegen erhob der Kläger am 10.10.2003 Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht – 1 Ca 2221/03 ArbG Minden –. Kammertermin ist in diesem Kündigungsschutzverfahren sowie in den fünf weiteren Kündigungsschutzverfahren auf den 25.05.2004 anberaumt.

Mit Schreiben vom 18.11.2003 (Bl. 21 d.A.) machte der Kläger ausdrücklich seine Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 BetrVG geltend. Die Beklagte lehnte jedoch eine Weiterbeschäftigung des Klägers über den 31.01.2004 hinaus ab. Unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung des Klägers (Bl. 18 f. d.A.) sowie des Betriebsratsvorsitzenden (Bl. 42 d.A.) verlangte der Kläger daraufhin mit dem am 04.02.2004 beim Arbeitsgericht Minden eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung seine sofortige Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse ihn aufgrund des Widerspruchs des Betriebsrates weiterbeschäftigen. Der Widerspruch des Betriebsra...

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