Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassen einer Zielvorgabe

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei der unterbliebenen Zielfestlegung für die Erlangung einer Prämie führt die Anwendung des Rechtsgedankens des § 162 Abs. 1 BGB nicht zu der Rechtsfolge, dass eine vollständige Zielerreichung fiktiv zu unterstellen ist. Vielmehr ist Rechtsfolge lediglich, dass zu Gunsten des Arbeitnehmers unterstellt wird, dass eine Zielvereinbarung zustande gekommen ist.

 

Normenkette

BGB § 162 Abs. 1, §§ 611, 615; ZPO § 287

 

Verfahrensgang

ArbG Rheine (Urteil vom 26.05.2004; Aktenzeichen 3 Ca 1898/03)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 26.05.2004 – Az.: 3 Ca 1898/03 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Der Wert des Streitgegenstandes beträgt 12.782,30 EUR.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten noch um einen zeitanteiligen Anspruch des Klägers auf eine variable Prämie für das erste Kalenderhalbjahr 2003.

Der am 12.04.1959 geborene Kläger war in der Zeit vom 01.01.2000 bis zum 30.06.2003 bei der Beklagten, einem Handelsmarkenhersteller von Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln, beschäftigt.

Grundlage der Beschäftigung war ein schriftlicher Anstellungsvertrag vom 22.09./06.10.1999, nach dem der Kläger als „Leiter Logistik/Auftragsabwicklung” bei einem Jahresgehalt in Höhe von 150.000,00 DM brutto eingestellt wurde.

Hinsichtlich einer Prämienzahlung sieht Ziffer 2 b) des Anstellungsvertrages folgende Regelung vor:

„Zzgl. erhält Herr Graab eine fixe Prämie von 25.000,00 DM. Des Weiteren erhält Herr Graab eine variable Prämie, die 50 % des Bruttogehaltes nicht überschreiten darf, wobei die Fix-Prämie dann angerechnet wird. Die Festlegung der Prämie erfolgt spätestens 6 Monate nach Arbeitsbeginn.

Die Fix-Prämie ist am Ende des Jahres fällig. Die variable Prämie ist nach Vorliegen des geprüften Jahresabschlusses fällig, spätestens bis 30.06. des Folgejahres, im Eintritt- und Austrittsjahr wird der anteilige Betrag in der Höhe von ein Zwölftel je vollen Kalendermonats des Bestehen des Anstellungsverhältnis gezahlt.”

Unter dem 19.02.2002 nahmen die Parteien hierzu folgende Vertragsänderung vor:

„Ab dem 01.01.2002 wird Ihre fixe Prämie im Jahresgehalt eingerechnet. Demnach entspricht Ihr Jahresgehalt EUR 89.476,08, Diese ist zahlbar in 12 Teilbeträgen von EUR 7.456,34 pro Monat. Das Gehalt ist am Monatsende fällig.

Mit dieser o.g. Neuberechnung entfällt Ihre fixe Prämie von EUR 12.782,30.

Ansonsten gelten die Ihnen bekannten bisherigen vertraglichen Vereinbarungen.”

Mit Schreiben vom 07.03.2003 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2003. Gleichzeitig wurde der Kläger mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung des Urlaubs freigestellt.

Unter dem 28.03.2003 sprach die Beklagte eine weitere Kündigung zum 30.06.2003 aus. Die Wirksamkeit dieser Kündigungen sowie ein zweitinstanzlich gestellter Auflösungsantrag der Beklagten waren Gegenstand des Verfahrens 3 Ca 593/03 ArbG Rheine = 3 Sa 171/04 LAG Hamm. Aufgrund gerichtlichen Vergleichs endete das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2003.

Für das Jahr 2000 vereinbarten die Parteien aufgrund eines Anschreibens der Beklagten vom 15.03.2001 u.a. einen Verzicht des Klägers auf die variable Prämie für das Jahr 2000.

Für das Jahr 2001 unterbreitete der Kläger Zielvorschläge für die variable Prämie zunächst mit Schreiben vom 13.02.2001 und sodann mit Schreiben vom 08.05.2001, das die Beklagte unter dem 30.05.2001 gegenzeichnete.

Als Ziele waren u.a. unter Ziffer 2. der Aufbau eines Logistikcontrollingsystems für zeitnahe Kostenkontrolle und als Frühwarnsystem mit fünf Unterpunkten und als Ziffer 3.3 die Verabschiedung/Genehmigung der Lagererweiterung Werk Greven in der ersten Ausbaustufe genannt.

Als variable Prämie für das Kalenderjahr 2001 erbrachte die Beklagte eine Zahlung in Höhe von 19.173,46 EUR.

Die Zahlung beruhte darauf, dass die Beklagte 20 % der Prämie für das Ziel unter Ziffer 2. und fünf Prozent der Prämie für das Ziel unter Ziffer 3.3 ansetzte und diese Ziele als nicht erreicht, die anderen hingegen als erreicht ansah.

Für das Kalenderjahr 2002 bestand eine schriftliche Zielvereinbarung nicht. Unter den Parteien ist streitig, ob es eine mündliche Vereinbarung der Ziele zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer Ayad der Beklagten gab oder die Beklagte die Ziele für 2002 einseitig vorgab.

Eine variable Prämie wurde für das Kalenderjahr 2002 nicht gezahlt.

Für das Kalenderjahr 2003 gab es weder eine Zielvereinbarung in irgendeiner Form, noch eine einseitige Vorgabe von Zielen durch die Beklagte.

Eine Zahlung erfolgte für das erste Kalenderhalbjahr 2003 nicht.

Eine restliche variable Prämie für das Kalenderjahr 2001, die vollständige variable Prämie für das Kalenderjahr 2002 und zuletzt eine zeitanteilige Prämie für das erste Kalenderhalbjahr 2003 verlangt der Kläger mit der unter dem 22.09.2003 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage, nachdem er hinsichtlich der variablen Prämie für das Kalenderjahr 2003 zunächst die...

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