Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung wegen des gegen den Gekündigten bestehenden Verdachts, er habe einen sachbearbeitenden Beamten seiner Arbeitgeberin bestochen. Vertretungsbefugnis des Leiters des Personalamtes einer Kommune. § 74 Abs. 3 GO/NW. Erfüllung des Schriftformerfordernisses nach § 623 BGB trotz Unterzeichnung der Kündigungserklärung mit dem Zusatz „i.A.”
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach dem Wortlaut von § 70 BAT, § 37 TVöD-VKA ist allein die Fälligkeit des Anspruchs maßgeblich, mit der Folge, dass die Verfallfrist grundsätzlich auch Ansprüche erfasst, die der Beschäftigte nicht kennt.
2. Die Übertragung der Unterschriftsbefugnis nach § 74 Abs. 3 S. 2 GemO NW führt zu einer rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht. Sie beruht nicht auf einer gesetzlichen Vorschrift. § 74 Abs. 3 S. 2 GemO NW lässt die Beauftragung von Beamten und Angestellten zu, anstelle des Oberbürgermeisters Anstellungsverträge und sonstige schriftliche Erklärungen zu Regelungen der Rechtsverhältnisse von Angestellten zu unterzeichnen.
3. Vom Arbeitnehmer begangene Straftaten zum Nachteil des Arbeitgebervermögens sind regelmäßig geeignet, auch ohne vorherige Abmahnung eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Dabei kommt es entscheidend auf die Schwere der arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung, nicht auf die strafrechtliche Würdigung des Sachverhalts im Einzelnen an.
4. Die Kündigung kann nach § 626 Abs. 2 BGB nur innerhalb von zwei Wochen ab dem Zeitpunkt erfolgen, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Voraussetzung ist, dass dieser eine zuverlässige und möglichst vollständige Kenntnis von dem Kündigungssachverhalt hat, die ihm die Entscheidung ermöglicht, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist oder nicht.
Normenkette
BAT § 70
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Urteil vom 24.10.2006; Aktenzeichen 7 Ca 1627/06) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 24.10.2006 – 7 Ca 1627/06 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Vergütung von Bereitschaftsdiensten sowie die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch arbeitgeberseitige Kündigung.
Der am 05.05.1952 geborene, verheiratete, gegenüber keinem Kind unterhaltsverpflichtete Kläger war seit dem 23.09.1983 als Schulhausmeister gegen eine Bruttomonatsvergütung von zuletzt 3.729,51 EUR bei der Beklagten tätig. Diese beschäftigt mehr als 10 Arbeitnehmer, ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten.
Es besteht ein Personalrat.
Die Beklagte bestätigte die Einstellung des Klägers mit Schreiben vom 11.05.1981 (Bl. 34 d.A.). Danach richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) vom 23.02.1961 und den dazu ergangenen Tarifverträgen. Unstreitig ist seit dem 01.10.2005 der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-VKA) anwendbar.
Am 28.06.1993 schlossen die Parteien eine Nebenabrede zum Bereitschaftsdienst. Gemäß § 2 wird die nach § 6 Abs. 4 BZT-NRW für den Bereitschaftsdienst zu leistende Vergütung pauschaliert. Gemäß § 4 der Nebenabrede wird die Höhe der vereinbarten Pauschale neu festgesetzt, wenn sich Änderungen in den tatsächlich dienstlich angeordneten und nach Dienstplan vorgesehenen Bereitschaftsstunden ergeben, sofern diese Änderungen zu Abweichungen von dem in § 1 der Abrede festgesetzten Maße um 10 % führen. Wegen der Einzelheiten der Nebenabrede wird auf die von dem Kläger mit Schriftsatz vom 05.05.2006 vorgelegte Kopie (Bl. 36, 37 d.A.) Bezug genommen.
Entsprechende Nebenabreden traf die Beklagte auch mit anderen Schulhausmeistern, da die zu betreuenden Schulgebäude auch außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeiten genutzt werden.
Der Kläger erhielt im Oktober 1999 eine Bereitschaftsdienstpauschale auf der Basis von durchschnittlich 105,17 Stunden. Ab November 1999 nahm die Beklagte eine Neufestsetzung unter Zugrundelegung von 126,87 Stunden vor. Die Pauschale wurde in unveränderter Höhe bis Oktober 2004 weitergezahlt, weil der Kläger bis Oktober 2003 die Bandbreite von – 10 % / + 10 % im Verhältnis zur Festsetzung von November 1999 nicht unter- bzw. überschritten hatte.
Mit Schreiben vom 24.11.2004 setzte die Beklagte die Pauschale mit Wirkung ab dem 01.11.2004 unter Zugrundelegung von 82,15 Stunden neu fest. Grundlage der Berechnung waren die Bereitschaftsdienste von November 2003 bis Oktober 2004, die korrekt in das Berechnungsprogramm eingegeben wurden. Gleichwohl wurde eine falsche monatliche Durchschnittszahl errechnet. Tatsächlich hätte die Beklagte an den Kläger statt 787,96 EUR brutto monatlich 891,04 EUR brutto zahlen müssen.
Nachdem ihm die Neufestsetzung der Bereitschaftsdienstpauschale ab November 2004 bekannt gegeben worden war, wendete sich der Kläger telefonisch an das Schulamt, das ihn an den zustä...