Entscheidungsstichwort (Thema)
Sanierungstarifvertrag. Besserungsschein. Abgeltungsklause und tarifvertragliche Ansprüche. Verzicht
Leitsatz (amtlich)
Ein Besserungsschein in einem Sanierungstarifvertrag kann zu einem Wiederaufleben der Altverpflichtung führen. Es ist dann nicht erforderlich, dass zwischen den Parteien zum Zeitpunkt des Wiederauflebens der Altverpflichtung noch ein Arbeitsverhältnis besteht.
Normenkette
BGB § 397; TVG § 4 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Urteil vom 08.01.2009; Aktenzeichen 3 Ca 1078/08) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 08.01.2009 – Az.: 3 Ca 1078/08 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Zahlungen aus einem Sanierungstarifvertrag, an den die Parteien kraft beiderseitiger Tarifzugehörigkeit gebunden sind.
Zwischen den Parteien bestand vom 05.06.1998 bis zum 31.03.2008 ein Arbeitsverhältnis. Im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs, der vor dem Hintergrund eines Kündigungsschutzverfahrens geschlossen wurden, vereinbarten die Parteien am 18.01.2008, dass mit Erfüllung des Vergleichs alle gegenseitigen finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung, seien sie bekannt oder unbekannt, seien sie rechtshängig oder nicht, abgegolten seien.
Auf das Arbeitsverhältnis fand der zwischen der Beklagten und der IG Metall geschlossene Tarifvertrag zur Unterstützung der Sanierung vom 29.11.2004 (im Folgenden: Sanierungs-TV) Anwendung. Der Tarifvertrag sieht u.a. folgende Regelungen vor:
„(…)
1. Geltungsbereich
Dieser Tarifvertrag gilt räumlich: (…)
und persönlich: für alle Mitarbeiter, die unter den Manteltarifvertrag für die kunststoffverarbeitende Industrie im Kreis Lippe vom 6. Mai 1998 fallen.
4. Zusätzliches Urlaubsgeld 2005
In Abänderung des Manteltarifvertrages für die kunststoffverarbeitende Industrie im Kreis Lippe vom 01.09.1994 in der Fassung vom 01.04.1998 gilt zeitlich befristet Folgendes:
Das zusätzliche Urlaubsgeld gem. § 8 Pkt. 3.1 wird im Jahr 2005 nur für die ersten 20 Urlaubstage des Urlaubsjahres 2005 gezahlt. Für die weiteren 10 Urlaubstage des Urlaubsjahres 2005 entfällt das zusätzliche Urlaubsgeld 2005.
Die Auszahlung erfolgt zu den betriebsüblichen Zeitpunkten. Im Übrigen verbleibt es bei den Regelungen des Manteltarifvertrages.
5. Jahressonderzahlungen 2004 und 2005
In Abänderung des Tarifvertrages zur Absicherung eines Teiles des 13. Monatseinkommens vom 12.1.1990 gilt zeitlich befristet Folgendes:
Die Jahressonderzahlung gem. § 4 des vorgenannten TV für 2004 beträgt 700 EURO für Vollzeitbeschäftigte. Teilzeitbeschäftigte haben einen anteiligen Anspruch. Die Auszubildenden erhalten eine Jahressonderzahlung 2004 von 100 EURO. die Auszahlung erfolgt in zwei gleichen Raten mit der Abrechnung Januar und Februar 2005.
Die Jahressonderzahlung 2005 gem. § 4 beträgt 450,– EURO für Vollzeitbeschäftigte. Teilzeitbeschäftigte haben einen anteiligen Anspruch. die Auszubildenden erhalten eine Jahressonderzahlung 2005 von 65,– EURO.
Bezüglich des Auszahlungstermins verbleibt es bei der tarifvertraglichen Regelung. Im Übrigen gilt der Tarifvertrag vom 12.11.1990.
6. Dokumentation der Sanierungsbeiträge
Die Firma ermittelt die Höhe der gem. Ziffer 4 und 5 erbrachten Sanierungsbeiträge und dokumentiert diese in Bezug auf den einzelnen Mitarbeiter gegenüber dem Lenkungsausschuss. Bezüglich der Jahressonderzahlung 2004 erfolgt die Dokumentation im März 2005, für das zusätzliche Urlaubsgeld 2005 im September 2005 und bezüglich der Jahressonderzahlung 2005 im Dezember 2005.
7. Besserungsschein
Sollte das Unternehmen N1 GmbH im Geschäftsjahr 2007 ein positives Ergebnis vor Steuern (Jahresüberschuss gem. § 275 Abs. 2 Ziffer 20 HGB zuzüglich Steuern gem. § 275 Abs. 2 Ziffer 18 und 19 HGB) erzielen, werden von diesem positiven Ergebnis 50 % an die Mitarbeiter zur Auszahlung gebracht, max. in der Höhe der gem. Ziff. 4 und 5 dieses Tarifvertrages pro Mitarbeiter erbrachten Sanierungsbeiträge.
Das Ergebnis vor Steuern wird mit erfolgtem Testat nachgewiesen. Die Auszahlung erfolgt dann einen Monat nach Testaterteilung. Sie erfolgt mit gleicher Quote entsprechend des erbrachten Sanierungsbeitrags des einzelnen Mitarbeiters. Die Quote ergibt sich aus dem Verhältnis der Gesamtheit aller erbrachten Sanierungsbeiträge zu der Hälfte des Ergebnisses vor Steuern.
Reicht das Ergebnis vor Steuern des Geschäftsjahres 2007 nicht aus oder kann auch keine Teilzahlung erfolgen, wird der Jahresabschluss des Geschäftsjahres 2008 herangezogen. Sollte auch danach eine Auszahlung an die Mitarbeiter in der vorgenannten Höhe nicht möglich sein, braucht der Sanierungsbeitrag nicht mehr an die Mitarbeiter zurückgezahlt werden.
Die Firma N1 GmbH verpflichtet sich darüber hinaus, allen am 01.01.2005 unbefristet und ungekündigt beschäftigten Arbeitnehmern, die vor dem 31.12.2006 aus dem Unternehmen ausscheiden, die gem. Ziffer 4 und 5 geleisteten Beiträge mit der jeweiligen letzten Lohn-/Gehaltsz...