Revision zurückgewiesen. 15.06.89
Verfahrensgang
ArbG Hamm (Urteil vom 27.10.1987; Aktenzeichen 2 Ca 256/87) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 27.10.1987 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Hamm – 2 Ca 256/87 – abgeändert.
Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 30.01.1987 nicht aufgelöst worden ist.
Die Kosten des ersten Rechtszuges werden der Klägerin zu 2/5 und der Beklagten zu 3/5 auferlegt.
Die Kosten des zweiten Rechtszuges werden der Beklagten auferlegt.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.300,– DM festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit ihrer am 16.02.1987 bei dem Arbeitsgericht Hamm eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen eine von der Beklagten mit Schreiben vom 30.01.1987 zum 31.03.1987 ausgesprochene ordentliche Kündigung.
Die Beklagte ist ein Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie. Sie stellt Zweiradteile her und beschäftigt in ihrem Werk in W. ca. 200 Arbeitnehmer. Die am 26.05.1946 geborene, verheiratete Klägerin ist seit dem 20.09.1979 vollschichtig als Arbeiterin bei der Beklagten beschäftigt. Während der Zeit vom 20.09.1979 bis zum 30.11.1983 arbeitete die Klägerin als Montagearbeiterin in der Pedalmontage. Seither war sie auf eigenen Wunsch als Putzfrau bei der Beklagten beschäftigt. Sie bezog eine Vergütung aus der Lohngruppe 3 des Lohnrahmenabkommens in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens. Ihr monatliches Bruttoarbeitsentgelt betrug zuletzt 2.100,– DM.
Unter dem 28.01.1987 schloß die Beklagte mit dem Betriebsrat ihres Werkes W. einen Interessenausgleich, eine Betriebsvereinbarung über Auswahlrichtlinien sowie einen Sozialplan. In den Auswahlrichtlinien heißt es unter Ziffer 2:
„Für die Auswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG werden innerhalb der Angestellten und der gewerblichen Arbeitnehmer Gruppen vergleichbarer Mitarbeiter gebildet.
Arbeitnehmer sind vergleichbar, wenn sie der gleichen Lohn- oder Gehaltsgruppe angehören und aufgrund vergleichbarer Kenntnisse und Erfahrungen vergleichbare Tätigkeiten ausführen.
In Anwendung dieser Grundsätze ergeben sich die in der Anlage 1) aufgeführten Gruppen. Außerhalb dieser Gruppen besteht keine Vergleichbarkeit.
Die soziale Auswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG erstreckt sich innerhalb des Betriebes W. nur auf Arbeitnehmer, die miteinander in der festgelegten Gruppe verglichen werden können. Vergleichbar sind solche Arbeitnehmer, die austauschbar sind.
Die Vergleichbarkeit der in die soziale Auswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer richtet sich in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen und somit nach der ausgeübten Tätigkeit. Es ist zu prüfen, ob der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsplatz weggefallen ist, die Funktion der anderen Arbeitnehmer wahrnehmen kann. Das ist nicht nur bei Identität des Arbeitsplatzes, sondern auch dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner Fähigkeiten und Ausbildung eine andersartige, aber gleichwertige Tätigkeit ausführen kann. Der Vergleich vollzieht sich insoweit auf derselben Ebene der Betriebshierachie. Die Sozialauswahl kann nicht gruppenübergreifend vorgenommen werden.”
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kopien des Interessenausgleichs, der Auswahlrichtlinien und des Sozialplans Bezug genommen (Bl. 29–43 der Gerichtsakten).
Ab 01.04.1987 übertrug die Beklagte sämtliche bei ihr anfallenden Reinigungsarbeiten an das Gebäudereinigungsunternehmen G. Die Firma G. erklärte sich gegenüber der Beklagten bereit, die von der Beklagten beschäftigten Raumpflegerinnen „bei entsprechender Lohn- und Arbeitszeiteinigung als Mitarbeiter zu übernehmen”. Die Firma G. bot der Klägerin eine Tätigkeit mit 10 Stunden in der Woche zu einem Entgelt von 400,– DM netto pro Monat an. Dieses Angebot lehnte die Klägerin ab.
Die Klägerin hat den Vortrag der Beklagten über die betriebsbedingten Kündigungsgründe für nicht ausreichend gehalten. Sie hat bestritten, daß der Beklagten für die Reinigungsarbeiten monatliche Kosten von 7.000,– DM entstanden seien. Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte könne die Klägerin wieder in der Produktion einsetzen. Die Klägerin hat die soziale Auswahl gerügt und vorgetragen, es sei nicht zulässig, die Auswahl nur zwischen Arbeitnehmern einer bestimmten Abteilung oder Abteilungsgruppe zu treffen. Jedenfalls innerhalb der Lohngruppen 2 bis 4 habe sich die soziale Auswahl auf den ganzen Betrieb beziehen müssen. Die angewandten Auswahlrichtlinien seien insoweit nicht sachgerecht. Die Klägerin hat vorgetragen, die in der Abteilung Hinterachsen beschäftigte Arbeitnehmerin O. sei sozial deutlich besser gestellt als die Klägerin.
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 30.01.1987 nicht aufgelöst worden ist;
- die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin weiterzubeschäftigen, sofern sie mit ihrem Antrag unter Ziffer 1.) obsiegt.
Die Bek...