Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßige Differenzierung im Manteltarifvertrag zwischen regelmäßiger Nachtarbeit und Nachtschichtarbeit bei Höhe der Nachtzuschläge. Keine Schlechterstellung durch Zahlung unterschiedlich hoher Nachtarbeitszuschläge. Weiter Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien bei Regelung von Zuschlägen für Nachtarbeit
Leitsatz (redaktionell)
Die Differenzierung in der Höhe von Nachtzuschlägen zwischen regelmäßiger Nachtarbeit und Nachtschichtarbeit nach dem MTV für Arbeitnehmer und Auszubildende der Milch-, Käse- und Schmelzkäseindustrie vom 16.03.1989 ist kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG und auch angemessen.
Normenkette
MTV für die Arbeitnehmer und Auszubildenden in der Milch-, Käse- und Schmelzkäseindustrie Fassung: 1989-03-16; GG Art. 3, 9 Abs. 3; ArbZG § 6 Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG Hamm (Entscheidung vom 31.01.2020; Aktenzeichen 4 Ca 1291/19) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 31.01.2020, 4 Ca 1291/19 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Höhe von Nachtarbeitszuschlägen.
Der Kläger ist bei der Beklagten als gewerblicher Mitarbeiter im 3-Schicht-Betrieb beschäftigt. Dabei verteilen sich die Schichten wie folgt: Frühschicht von 6:00 Uhr bis 14:00 Uhr, Spätschicht von 14:00 Uhr bis 22:00 Uhr, Nachtschicht von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr.
Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer und Auszubildenden in der Milch-, Käse- und Schmelzkäseindustrie vom 16.03.1989 (zukünftig MTV) Anwendung. Dort heißt es auszugsweise:
"§ 5
Begriffsbestimmungen
für Mehr-, Schicht-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit
1. Mehrarbeit ist nach Möglichkeit zu vermeiden.
2. Mehrarbeit ist die Arbeit, die über die im Rahmen des § 3 betrieblich festgelegte regelmäßige tägliche Arbeitszeit hinaus geleistet wird. Dies gilt nicht für Vor- und Nacharbeit im Sinne des § 4 AZO.
3. Jede angefangene halbe Stunde angeordneter Mehrarbeit wird als halbe Überstunde bezahlt.
4. Schichtarbeit muß sich im Rahmen des § 3 auf mind. eine Woche erstrecken. Wird aus betrieblichen Gründen in durchgehenden drei Schichten gearbeitet, so ist innerhalb der Arbeitszeit eine bezahlte Essenspause von 30 Minuten zu gewähren.
5. Nachtarbeit ist die in der Zeit von 20.00 bis 6.00 Uhr geleistete Arbeit, soweit es sich nicht um Schicht- und Nachtschichtarbeit handelt. Als Nachtschichtarbeit gilt die in der Zeit von 22.00 bis 6.00 Uhr geleistete Schichtarbeit.
...
§ 6
Zuschläge für Mehr-, Schicht-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit
Die Zuschläge zum vereinbarten (= effektiven) Stundenlohn betragen:
1. Mehrarbeit
für die ersten zwei Stunden täglich 25 %
ab der 3. Stunde täglich 50 %
...
2. Schichtarbeit
Wird in Schichten gearbeitet, so ist für die zweite Schicht ein Zuschlag von 10 % zu zahlen, sofern diese Schicht nach 18.00 Uhr endet.
3. für Nachtschichtarbeit 30 %
4. für unregelmäßige Nachtarbeit 60 %
5. für Sonntagsarbeit 100 %
...
7. Von mehreren Zuschlägen ist jeweils nur der höchste zu zahlen, jedoch ist der Schichtzuschlag gem. Ziff. 2 und 3 daneben gesondert zu zahlen.
§ 7
Schichtfreizeit
Anspruch auf Schichtfreizeit entsteht, wenn mehr als die Hälfte der geleisteten Nachtschichten in die Zeit von 22 bis 6 Uhr fällt.
Für Nachtschichtarbeit wird folgende Schichtfreizeit gewährt:
a) Für Nachtschichtarbeit in ausschließlicher Nachtschicht
je 1 Tag Schichtfreizeit für 60 geleistete Nachtschichten.
b) Für Nachtschichten im 3-Schicht-Betrieb
je 1 Tag Schichtfreizeit für 15 geleistete Nachtschichten.
...
Ganze Tage an Schichtfreizeit sind im Bezugsjahr zu nehmen. Nachtschichten, die in einem Jahr nicht zu Schichtfreizeiten führen, weil ihre Summe die Bezugszahl nicht erreicht, werden auf das nächste Kalenderjahr vorgetragen.
Ist die Bezugszahl im Falle des Ausscheidens aus dem Betrieb eines Mitarbeiters nicht erreicht, verfällt der Restanspruch.
...
§ 22
Ausschlussfristen
Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen innerhalb von drei Monaten nach ihrem Entstehen geltend gemacht werden.
Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung ausgeschlossen. Der Lauf der Ausschlussfrist ist bei Erkrankung oder Urlaub des Arbeitnehmers gehemmt bis zum Tage der Wiederaufnahme der Arbeit."
Der Stundenlohn des Klägers beläuft sich auf 18,52 €. Nachtarbeitszuschläge werden jeweils am Ende des Folgemonats zur Auszahlung gebracht.
Der Kläger leistete Nachtschichtarbeit in folgendem Umfang: 32 Stunden im April 2019, 32 Stunden im Mai 2019, 32 Stunden im Juni 2019 und 16 Stunden im August 2919, für die die Beklagte einen Nachtzuschlag in Höhe von jeweils 30% zahlte.
Mit Schreiben vom 13.08. und vom 11.09.2019 machte der Kläger gegenüber der Beklagten die Zahlung eines weiteren Zuschlags in Höhe von 30%, mithin insgesamt 60% vergeblich geltend.
Er hat die Auffassung vertreten, dass die Differenzierung von Nachtschichtarbeit und unregelmäßiger Nachtarbeit in § 6 MTV eine gleichheitswidrige Schlechterstellung der Schic...