Nachtschicht: So können gesundheitliche Probleme & Folgen begrenzt werden
Dass Nachtarbeit belastend sein kann, liegt vor allem an der Verschiebung des biologischen Rhythmus.
Nachtschicht - wirklich gesundheitsschädlich?
Der menschliche Körper ist auf den Tag-Nacht-Rhythmus der Erde angewiesen. Licht-Dunkel-Signale lösen über Zellen im Auge Hormon- und Nervensignale im Körper aus. Dadurch wird die innere Uhr - und damit Organe und Gewebe - mit der Umwelt synchronisiert. Gerät diese Synchronisation wiederholt oder dauerhaft aus dem Takt, kann dies negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben.
Schlafstörungen oder Schlafmangel erhöhen das Unfallrisiko
Ein Leben gegen den menschlichen Tag-Nacht-Rhythmus kann die unterschiedlichsten Beeinträchtigungen auslösen. Schlafstörungen bzw. Schlafdefizite erhöhen z.B. das Unfallrisiko, da sich die Reaktionszeit verschlechtert.
Untersuchungen des Instituts für Prävention und Arbeitsmedizin (IPA) an weiblichen Beschäftigten im Pflegedienst haben aber auch gezeigt, dass sich vor allem die erste Nachtschicht negativ auf die Reaktionsfähigkeit auswirkt. Ab der zweiten Nachtschicht sind die Werte wieder nahezu identisch mit denen der Tagesschichten.
Nachtschicht und Diabetes
Berufliche Tätigkeiten in der Nacht und Schlaf am Tag können die natürliche Produktion von Melatonin im Körper stören, einem Hormon, das den Schlaf-Wach-Zyklus reguliert. Eine erhöhte Melatoninproduktion kann jedoch die Insulinausschüttung verringern. Da Insulin für die Kontrolle des Blutzuckerspiegels wichtig ist, kann ein Mangel zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels und damit zu einem erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes führen.
Arbeit in der Nachtschicht wahrscheinlich krebserregend
Auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs treten bei Schichtarbeitern im Vergleich zu Nicht-Schichtarbeitern überdurchschnittlich häufig auf. Laut Prof. Dr. Hajo Zeeb, Leiter der Abteilung Prävention und Evaluation am Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS), gibt es einen relativ deutlichen Zusammenhang zwischen Nachtarbeit und bösartigen Tumoren der Brust, der Prostata und des Darms. Ursache dafür könnte der veränderte Tag-Nacht-Rhythmus sein.
Doch gerade bei Krebs ist sich die Wissenschaft nicht einig: Ein internationales Expertengremium hat sowohl Studien ausgewertet, die keinen Zusammenhang zwischen Nachtschichtarbeit und Krebs finden, als auch solche, die Nachtschichtarbeit überzeugend als Krebsrisiko darstellen. Schließlich kamen die Experten zu dem Schluss, dass Nachtschichtarbeit "wahrscheinlich krebserregend für den Menschen ist". Andere Erklärungen für die Erkrankungen können jedoch nicht völlig ausgeschlossen werden.
Unterschiedliche Auswirkungen der Nachtarbeit
Wie sehr sich jemand durch Arbeit „zur falschen Zeit“ gestört fühlt, hängt vom Chronotyp ab. Dem Frühtyp fällt es leicht, früh aufzustehen. Dem Spättyp fällt das dagegen schwer. Da er nachts gerne etwas länger wach bleibt, entwickelt er ein Schlafdefizit, wenn er regelmäßig früh aufstehen muss, um zu arbeiten. Bei der Schichtplanung sollten die Chronotypen möglichst berücksichtigt werden, da das Erkrankungsrisiko dann geringer ist.
Schichtarbeit ab 50. Lebensjahr
Die Frage, ob es eine Altersgrenze gibt, bis zu der Schichtarbeit keine oder nur geringe negative Auswirkungen hat, ist noch nicht beantwortet. Untersuchungen deuten darauf hin, dass der Körper bis zum Alter von 35 Jahren tendenziell besser mit einem veränderten Schlafmuster umgehen kann. Dennoch können Schicht- und Nachtarbeit je nach individuellem Chronotyp unterschiedliche Auswirkungen auf die Gesundheit haben, weshalb es kein allgemein optimales Schichtsystem gibt.
Auch über das 50. bzw. 60. Lebensjahr hinaus ist Schichtarbeit möglich. Das Arbeitszeitgesetz sieht keine konkrete Altersgrenze für Schichtarbeit vor. Ab einem Alter von 50 Jahren sieht das Gesetz jedoch eine jährliche arbeitsmedizinische Untersuchung vor. Jüngere Beschäftigte haben alle 3 Jahre Anspruch auf eine solche Untersuchung (§ 6 Abs. 3 Satz 2 und 3 ArbZG).
Fazit zur Nachtarbeit: Welche Probleme gibt es wirklich?
In dem Artikel "Warum Schichtarbeit nicht gleich Schichtarbeit ist" erläutern die Autoren des Instituts für Prävention und Arbeitsmedizin (IPA) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, warum trotz zahlreicher Studien zwar viele negative Auswirkungen auf die Gesundheit gefunden wurden, daraus aber keine endgültigen Schlüsse über die Risiken von Schichtarbeit gezogen werden können. Ein Hauptproblem sind unterschiedliche Definitionen des Begriffs Nachtschicht und die Tatsache, dass nicht alle notwendigen Details, wie zum Beispiel die Drehrichtung, in den Studien vollständig abgebildet werden können.
In ihrem Fazit schreiben die IPA-Forscher, dass die Frage, ob Nacht- bzw. Schichtarbeit krank macht, aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher Formen von Schichtarbeit sowie unvollständiger oder teilweise unzureichender Studien bisher nicht eindeutig geklärt werden konnte. Für die zukünftige Forschung wäre es daher sinnvoller, die Frage zu beantworten: Welche Form der Schichtarbeit ist für welche Beschäftigten in welchem Alter am besten geeignet?
Praktische Tipps: Bessere Gesundheit trotz Nachtarbeit
Wenn Schichtarbeit die Gesundheit belastet, ist es umso wichtiger, sie so zu gestalten, dass die Risiken gering sind. Doch welche Maßnahmen der Arbeitszeit- und Arbeitsgestaltung helfen?
In der Praxis haben sich unter anderem folgende Maßnahmen bewährt:
- Vorwärts rotierende Schichtpläne, da die Reihenfolge Nachtschicht, Frühschicht, Spätschicht von den meisten Beschäftigten besser toleriert wird.
- Kurze Nachtschichtphasen mit ausreichenden Pausen.
- Langfristige und zuverlässige Einsatzplanung.
- Vermeidung unnötiger Nachtschichtarbeit durch Verlagerung von Tätigkeiten, die nicht unbedingt in der Nacht erledigt werden müssen, in den Tagdienst.
- Gleitzeit oder kürzere Arbeitszeiten möglichst auch im Schichtsystem einplanen.
- Ausgleich besonderer Belastungen durch Freizeit statt durch Geld.
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