Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmung des Kennworts einer Vorschlagsliste bei einer Betriebsratswahl durch die Liste selbst. Ablehnung des Kennworts durch den Wahlvorstand und Bezeichnung der Liste mit Familiennamen und Vornamen der beiden in der Liste an erster Stelle benannten Wahlbewerber. Unzulässigkeit eines Bildzeichens in Form eines smileys als Bestandteil eines Kennworts
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer Betriebsratswahl ist die Bestimmung des Kennworts einer Vorschlagsliste der Liste selbst vorbehalten. Die Auswahl des Kennworts kann nicht dem Wahlvorstand überlassen werden.
2. Der Wahlvorstand darf ein unzulässiges Kennwort nicht nach seinen Vorstellungen anpassen und auf seinen zulässigen Inhalt reduzieren. Vielmehr ist er gehalten, das Kennwort abzulehnen und die Liste mit Familiennamen und Vornamen der beiden in der Liste an erster Stelle benannten Wahlbewerber zu bezeichnen.
3. Ein Bildzeichen ist als Bestandteil eines Kennworts unzulässig, wenn es, wie das Smiley, lediglich einen Stimmungs- oder Gefühlszustand ausdrückt, keine eindeutige Wortersatzfunktion hat und demgemäß üblicherweise nicht mit ausgesprochen wird.
Normenkette
BetrVG § 14 Abs. 1, § 19 Abs. 2 Sätze 1-2; WO § 24 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 25.11.2022; Aktenzeichen 7 BV 98/22) |
Tenor
I. Die Beschwerden des Betriebsrats und der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 25.11.2022- 7 BV 98/22 - werden zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit der Betriebsratswahl vom 11. und 12.05.2022.
Die Arbeitgeberin, ein Logistik- und Dienstleistungsunternehmen, unterhält am K Flughafen einen Betrieb nebst einem Standort im benachbarten T, in dem ca. 400 Arbeitnehmer beschäftigt werden.
Gemäß dem am 21.03.2022 beschlossenen und am 29.03.2022 ausgehängten Wahlausschreiben hat der Betriebsrat aus 25 Mitgliedern zu bestehen. Beschlossen wurde, dass die Wahl am 11.05.2022, 7.00 Uhr, bis 12.05.202, 5.00, Uhr im Nichtraucher-Aufenthaltsraum des Bürogebäudes Halle 5 am Flughafen sowie von 19.00 Uhr bis 5.00 Uhr im ehemaligen Raucher-Aufenthaltsraum Fracht West am Flughafen stattfindet. Für den Standort T beschloss der Wahlvorstand die Briefwahl gemäß § 24 Abs. 3 WO. Anders als bei den vorangegangenen Betriebsratswahlen wurde dort kein Wahllokal eingerichtet.
Die Antragsteller sind wahlberechtigte Arbeitnehmer. Sie waren Mitglieder der Vorschlagsliste 4.
Am 08.04.2022 reichten Mitglieder dieser Liste bei dem Wahlvorstand einen Wahlvorschlag ein, der als Kennwort die Bezeichnung "fair.die" trug. Mit Schreiben vom 11.04.2022 beanstandete der Wahlvorstand die Vorschlagsliste als ungültig und begründete dies damit, dass eine phonetische Verwechslungsgefahr mit der Gewerkschaft ver.di bestehe. Der Mangel sei innerhalb einer Frist von drei Arbeitstagen zu beheben.
Mit Schreiben vom 12.04.2022 teilte die Listenführerin daraufhin mit, die Vorschlagsliste 4 solle alternativ das Kennwort "FAIR- die Liste" tragen. Mit Schreiben vom selben Tag teilte der Wahlvorstand mit, dass er das alternative Kennwort ebenfalls für unzulässig halte und gab Gelegenheit zur Behebung des Mangels unter Verweis auf die bereits genannte Frist.
Mit Schreiben vom 14.04.2022 unterbreitete die Listenführerin als weitere alternative Kennwörter folgende Vorschläge zur Auswahl des Wahlvorstands, wobei das - in dem Schreiben als ""SmilieSymbol" ausgeschrieben war:
Fair-die
Fair-, die Liste für S und CGN
Fair-
Mit Schreiben vom 14.04.2022 lehnte der Wahlvorstand alle Alternativkennwörter erneut mit dem Hinweis auf eine bestehende Verwechslungsgefahr zu der Gewerkschaft ver.di ab und ließ den Wahlvorschlag mit dem aus den Vor- und Familiennamen der Antragsteller zu 1. und 5. gebildeten Kennwort zu.
Am 18.05.2022 wurde das Wahlergebnis im Betrieb bekannt gemacht. Danach fielen auf die Vorschlagsliste der Antragsteller 481 der 2.221 abgegebenen gültigen Stimmen. Von den 25 Sitzen im Betriebsrat entfielen 14 Sitze auf die Liste 3, fünf Sitze auf die Liste 4, drei Sitze auf die Liste 2, zwei Sitze auf die Liste 1 und schließlich ein Sitz auf die Liste 5.
Mit ihrem am 01.06.2022 bei dem Arbeitsgericht Köln eingegangenen Antrag machen die Antragsteller die Unwirksamkeit der Betriebsratswahl geltend. Sie haben gerügt:
- In dem Wahlausschreiben sei nicht darauf hingewiesen worden, dass die Anfechtung der Wahl auf Grund eines Fehlers der Wählerliste gemäß § 19 Abs. 3 BetrVG nur ausgeschlossen sei, soweit er auf einen Fehler der Wählerliste gestützt werde, der nicht bereits im Wege des Einspruchs gegen die Wählerliste geltend gemacht wurde.
- Im Wahlausschreiben sei die Briefwahl für den Standort T angeordnet worden, ohne dass die Voraussetzungen des § 24 Abs. 3 WO vorgelegen hätten.
- Die Zurückweisung des Listenkennworts sowie der alternativen Kennwörter auf Grund einer vom Wahlvorstand angenommenen Verwechslungsgefahr mit der Gewerkschaft ver.di sei nicht rechtmäßig.
- Wahlwerbung der Antragsteller sei...