Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Verfügung. Streik. Unterlassen. Friedenspflicht. Tarifeinheit. Tarifpluralität
Leitsatz (amtlich)
Ärztestreik gegenüber kommunalem Arbeitgeber
Normenkette
BGB § 823; ZPO § 940
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 09.12.2005; Aktenzeichen 7 Ga 212/05) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 09.12.2005 – 7 Ga 212/05 – abgeändert:
- Dem Antragsgegner wird untersagt, seine Mitglieder und sonstige Arbeitnehmer der Antragstellerin zu Streiks, Warnstreiks und sonstigen Arbeitsniederlegungen am 13.12.2005 aufzurufen, um den Abschluss eines artspezifischen Tarifvertrages für die als Ärzte beschäftigten Arbeitnehmer der Antragstellerin durchzusetzen.
- Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Streikaufruf an seine Mitglieder für den Streik am 13.12.2005 in geeigneter Weise zu widerrufen.
- Dem Antragsgegner wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungspflicht aus Ziffer 1 ein Ordnungsgeld in Höhe von 250.000,00 EUR angedroht.
- Dem Antragsgegner wird für den Fall der Nichtvornahme der Handlungspflichten aus Ziffer 2 ein Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft zu vollziehen an dem Vorsitzenden Dr. FMangedroht.
Die Zustellung zur Nachtzeit wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Tatbestand
I. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner für den 13.12.2005 Streikmaßnahmen in den von ihr betriebenen Krankenanstalten durchführen will und hierzu aufgerufen hat. Die Antragstellerin hat weiterhin glaubhaft gemacht, dass der bislang auf die Mitglieder des Antragsgegners anwendbare BAT nicht durch den Antragsgegner gekündigt wurde. Zwischen den Parteien besteht Streit darüber, ob der BAT für die Mitglieder des Antragsgegners weiterhin zur Anwendung kommt, woraus u. a. die Friedenspflicht im vorliegenden Verfahren seitens der Antragstellerin hergeleitet wird, oder ob der BAT zwar ungekündigt ist aber durch den TvöD abgelöst wird, da dieser auf Grund des Rechtsinstituts der Tarifeinheit zur Anwendung komme. Die Antragstellerin hat die Arbeitsverhältnisse sowohl der ver.di-Mitglieder als auch die Arbeitsverhältnisse der nicht organisierten Arbeitnehmer in den neu abgeschlossenen TvöD übergeleitet, da die Mehrzahl der organisierten Arbeitnehmer Mitglieder in der Tarifvereinigung ver.di sind. Der Antragsgegner vertritt die Ansicht, dass der BAT ersatzlos beendet worden sei, soweit nicht der TvöD unmittelbare Anwendung finde. Zudem habe die Antragstellerin bzw. der VKA die weitere Führung von Tarifverhandlungen abgelehnt, da der TvöD auch für die vom Antragsgegner repräsentierten Mitglieder Anwendung finde.
Das Arbeitsgericht hat den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung abgelehnt, da ein Antrag nur als Fotokopie vorgelegen habe und damit auch eine Glaubhaftmachung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Mit der sofortigen Beschwerde macht die Antragstellerin nunmehr nur noch die Untersagung des Streiks am 13.12.2005 geltend, zudem legt sie die eidesstattlichen Versicherungen und die Beschwerdeschrift im Original vor.
Sie beantragt,
- dem Antragsgegner zu untersagen, seine Mitglieder und sonstige Arbeitnehmer der Antragstellerin zu Streiks, Warnstreits und sonstigen Arbeitsniederlegungen am 13.12.2005 aufzurufen, um den Abschluss eins artspezifischen Tarifvertrages für die als Ärzte beschäftigten Arbeitnehmer der Antragstellerin durchzusetzen.
- Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Streikaufruf an seine Mitglieder, mit denen dieser zum Streik am 13.12.2005 aufruft, zu widerrufen.
- Dem Antragsgegner wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungspflichten gemäß Ziffer 1 ein Ordnungsgeld in Höhe von 250.000,00 EUR angedroht.
- Dem Antragsgegner wird für den Fall der Nichtvornahme der Handlungspflichten gemäß Ziffer 2 ein Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft zu vollziehen an dem Vorsitzenden Dr. F M angedroht.
- Weiter wird beantragt, die Zustellung zur Nachtzeit sowie an Sonn- und Feiertagen zuzulassen.
Entscheidungsgründe
II. Aufgrund der Eilbedürftigkeit und des für den morgigen Tag angekündigten Streiks hat das Landesarbeitsgericht ohne mündliche Verhandlung und durch die Vorsitzende alleine ohne Anhörung des Antragsgegners entschieden. Nach der Einschränkung auf den morgigen Streik war ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht mehr gegeben. Der Begriff der Arbeitsniederlegung ist für sich gesehen eindeutig bestimmt genug, um die Reichweite der begehrten Untersagung hinreichend zu präzisieren.
Eine Streikmaßnahme kann im einstweiligen Verfügungsverfahren nur dann untersagt werden, wenn sie eindeutig rechtswidrig ist und dies glaubhaft gemacht ist. Die beantragte Untersagungsverfügung muss zum Schutz des Rechts am eingerichteten ausgeübten Gewerbebetrieb (§ 823 Abs. 1 BGB) und zur Abwendung drohender wesentlicher Nachteile geboten und erforderlich sein. Zur Prüfung, ob eine auf Unterlassung eines Arbeitskampfes gerichtete einstweilige Ve...