Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Bewilligung der Prozesskostenhilfe für eine noch einzulegende Berufung

 

Leitsatz (amtlich)

1) Zu den Bewilligungsvoraussetzungen für einen Prozesskostenhilfe-Antrag für eine noch einzulegende Berufung gehört es, dass der Antrag eine Begründung enthält, aus der sich ergibt, weshalb die erstinstanzliche Entscheidung der Anfechtung unterliegen soll und woraus sich die Erfolgsaussicht des Rechtsmittels ableiten lässt.

2) Liegt eine solche Begründung innerhalb der Berufungsfrist nicht vor, so kann Wiedereinsetzung nicht gewährt werden.

 

Normenkette

ZPO §§ 114, 117, 119; PO § 233

 

Verfahrensgang

ArbG Siegburg (Entscheidung vom 26.06.2015; Aktenzeichen 3 Ca 624/15)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 05.07.2016; Aktenzeichen 8 AZB 1/16)

 

Tenor

Der Prozesskostenhilfeantrag des Klägers vom 19.08.2015 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Kläger begehrt Prozesskostenhilfe für eine Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 26.06.2015.

Die Parteien streiten in der Hauptsache darüber, ob die Beklagte dem Kläger Vergütung für Mehrarbeit in den Jahren 2011 bis 2014 schuldet. Der Streit der Parteien dreht sich im Wesentlichen darum, ob - was der Kläger aus Nr. 3. des Arbeitsvertrages vom 05.07.1995 folgert (Bl. 9 der erstinstanzlichen Akten) - in dieser eine 37,5 Stunden-Woche galt oder der Kläger aufgrund der nachfolgenden kollektivvertraglichen Entwicklung und aufgrund eines späteren Betriebsübergangs eines Arbeitsverhältnisses zu der jetzigen Beklagten 40 Wochenstunden schuldete, die er tatsächlich auch erbracht hat.

Wegen des erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vortrages sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Siegburg vom 26.06.2015 (Bl. 105/106 der erstinstanzlichen Akten) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die Nennung der 37,50-Stunden-Woche in Nr. 3 des Arbeitsvertrages nicht als konstitutiv angesehen und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass aufgrund Nr. 5 des Arbeitsvertrages (Bl. 10 der erstinstanzlichen Akten) der mit Datum vom 01.07.2005 abgeschlossene "firmenbezogene Verbandstarifvertrag" (Bl. 72 ff. der erstinstanzlichen Akten) für den Arbeitsvertrag Geltung erlangt hat und daher aufgrund der Regelung in § 3 Ziffer 1.1.1 a) des firmenbezogenen Verbandstarifvertrages seither eine 40-Stunden-Woche galt. In diese Regelung des Arbeitsvertrages sei die Beklagte aufgrund des zum 31.08.2005 stattgefunden Betriebsteilübergangs eingetreten.

Im Übrigen seien alle Ansprüche bis einschließlich August 2014 gemäß der über Nr. 5 des Arbeitsvertrages in Verbindung mit § 2 des firmenbezogenen Verbandstarifvertrages in Verbindung mit § 17 Ziffer 2 des Manteltarifvertrages der Chemischen Industrie geltenden dreimonatigen außergerichtlichen Ausschlussfrist verfallen. Wegen der Einzelheiten der Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung wird auf Blatt 107/108 der erstinstanzlichen Akten Bezug genommen.

Dieses erstinstanzliche Urteil wurde dem Kläger am 23.07.2015 zugestellt. Am 20.08.2015 ging per Fax beim Landesarbeitsgericht ein auf den 19.08.2015 datierter Schriftsatz ein, mit dem "im Rahmen des Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens Berufung" gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegt und beantragt wurde, "dem Kläger und Berufungskläger für das durchzuführende Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen." Eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen war dem am 21. August 2015 eingegangenen Original beigefügt. In dem Schriftsatz vom 19.08.2015 wurde ferner gebeten, "die Berufung erst nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe in den Geschäftsgang zu nehmen." Weiter hieß es: "Anträge und ergänzende Begründung bleiben einem weiteren Schriftsatz vorbehalten." Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 19.08.2015 Bezug genommen.

Nachdem dieser Schriftsatz dem Vorsitzenden der erkennenden Kammer am 28.08.2015 vorgelegt wurde, hat dieser mit Schreiben vom 28.08.2015 (Bl. 19 der zweitinstanzlichen PKH-Akte) dem Prozessbevollmächtigten des Klägers verschiedene Hinweise gegeben, u. a. auf die Entscheidung der erkennenden Kammer vom 23.03.2010 - 4 Sa 101/10 - hingewiesen.

Daraufhin ging am 9. September 2015 per Fax ein Schriftsatz ein, in dem es einleitend heißt: "Zur Begründung des PKH-Antrages überreichen wir nachfolgende Berufungsbegründung". Auf diesen Schriftsatz wird Bezug genommen (Bl. 20 ff. der zweitinstanzlichen PKH-Akte).

Mit weiterem Schriftsatz vom 10.09.2015 (Bl. 35 der zweitinstanzlichen PKH-Akte) wird klargestellt, dass "die Berufung ... nicht unbedingt eingelegt (wurde), sondern lediglich als Prozesskostenhilfeantrag." Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diesen Schriftsatz Bezug genommen.

Wegen der übrigen Einzelheiten des wechselseitigen Vortrags wird auf die Schriftsätze in der erstinstanzlichen Akte und die Schriftsätze in der zweitinstanzlichen Akte Bezug genommen.

II.

A. Der Proze...

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