Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialauswahl. Insolvenz. Namensliste
Leitsatz (amtlich)
Die grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl mit Namensliste nach § 125 InsO ist als Prüfungsmaßstab auch bei der Bildung der Vergleichsgruppen anzuwenden (BAG – 2 AZR 368/02 –). Eine grob fehlerhafte Sozialauswahl liegt nicht vor, wenn die Gruppenbildung berücksichtigt, dass eine Umsetzung, Neuschulung und Neueinarbeitung weitgehend vermieden wird. Damit sind Mitarbeiter, die in der Vergangenheit eine Maschine noch nie bedient haben, nicht mit Mitarbeitern vergleichbar, die schon an dieser Maschine gearbeitet haben.
Normenkette
InsO § 125; KSchG § 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 05.08.2004; Aktenzeichen 6 Ca 10861/03) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 05.08.2004 – 6 Ca 10861/03 – wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Von der Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Im Berufungsverfahren streiten die Parteien nur noch darum, ob die Sozialauswahl aufgrund der zwischen den Betriebsparteien vereinbarten Namensliste grob fehlerhaft im Sinne des § 125 Abs. 1 2. Alternative InsO ist. Hierzu hat der Kläger mit der Berufung zunächst vorgetragen, dem Mitarbeiter H-G A, 36 Jahre alt, ledig, seit 19 Jahren bei der Gemeinschuldnerin beschäftigt, sei nicht gekündigt worden. Der Beklagte hat hierzu erwidert, dass diesem Mitarbeiter ebenso wie dem Kläger zunächst gekündigt worden ist. Er hat das Kündigungsschreiben vorgelegt. Diese Kündigung wurde aber am 14.11.2003 zurückgenommen, da zwischenzeitlich ein anderer Mitarbeiter fristlos ausgeschieden ist. Der Mitarbeiter H-G A wurde sodann in der Abteilung und auf dem Arbeitsplatz, den er zuvor bereits inne hatte, nämlich in der Abteilung ABB I in der Kleinkesselfertigung weiter beschäftigt. Der Beklagte hat hierzu erläutert, dass für das Weiterbeschäftigungsangebot maßgeblich war, dass der Mitarbeiter diese Tätigkeiten bereits früher ausgeübt hat und deshalb Kenntnisse in der Kleinkesselfertigung hat. Der Kläger war in der Kleinkesselendmontage bislang nicht tätig. Er behauptet hierzu, die notwendigen Handgriffe ließen sich in wenigen Tagen erlernen.
Weiterhin rügt der Kläger, die Sozialauswahl gegenüber dem Mitarbeiter B sei fehlerhaft. Der Kläger hat auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, er habe im Gegensatz zum Mitarbeiter B an der neuen Laseranlage noch nicht gearbeitet. Er habe lediglich die alte Laserschneideanlage bedient. An der CNC-Revolverstanze habe bis zum Kündigungszugang weder er noch der Mitarbeiter B bislang gearbeitet. Der Mitarbeiter B ist 34 Jahre alt, ledig und erst ca. 1 Jahr vor der Insolvenz bei der Beklagten eingestellt worden. Der Beklagte hat hierzu erläutert, dass der Mitarbeiter B die neue Laserschneideanlage in der Weise beherrscht, dass er sie nicht nur bedienen könne, sondern sie auch einrichten, d.h. programmieren könne. Im Übrigen habe der Mitarbeiter B auch an der CNC-Revolverstanze gearbeitet und könne diese bedienen. Demgegenüber sei der Kläger zuletzt im Wesentlichen nur an zwei Schwenkbiegemaschinen, an einer Exenterpresse und einer hydraulischen Presse eingesetzt gewesen.
Der Kläger ist in Vergütungsgruppe 6 eingruppiert. Er hat in der mündlichen Verhandlung behauptet, seiner Qualifikation nach müsste er in Vergütungsgruppe 7 eingruppiert sein.
Der Mitarbeiter A ist in Vergütungsgruppe 5 eingruppiert. Der Beklagte verteidigt die Sozialauswahl insbesondere damit, dass der Kläger nicht in der Lage sei, in zumutbarer Zeit die erforderlichen Kenntnisse zu erwerben, um die Laserschneideanlage zu programmieren und bedienen zu können. Gleiches gelte für die CNC-Revolverstanze.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln – 6 Ca 10861/03 – vom 05.08.2004
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der Firma F G & C K durch die Kündigung des Beklagten vom 26.08.2003 nicht beendet worden ist;
- den Beklagten zu verurteilen, den Kläger als Maschinenarbeiter über den 30.11.2003 hinaus zu unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige und im übrigen fristgerechte Berufung ist nicht begründet. Die Kündigung ist nach § 125 InsO, der vorliegend anwendbar ist, i.V. mit § 1 KSchG sozial gerechtfertigt. Das Gericht legt dabei die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aus der Entscheidung vom 28.08.2003 – 2 AZR 368/02 – zugrunde. Danach reduziert die gesetzliche Regelung des § 125 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 InsO den Umfang der gerichtlichen Überprüfung einer vom Insolvenzverwalter erklärten betriebsbedingten Kündigung mit Namensliste. Mit der Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle auf grobe Fehler wird zugleich der Prüfungsmaßstab gesenkt. Der Beurteilungsspielraum des Arbeitgebers bei der sozialen Auswahl wird zugunsten einer vom Insolvenzverwalter und Betriebsrat vereinbarten betriebl...