Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche hilfsweise ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen Ermöglichung des Netzwerkzugriffs durch die Lebensgefährtin
Leitsatz (redaktionell)
Besteht der Verdacht, dass die Lebensgefährtin des Arbeitnehmers einen diesem zu dienstlichen Zwecken überlassenen PC genutzt hat, um im Unternehmensnetzwerk gespeicherte Termindaten zu löschen, ist der Nachweis jedoch nicht geführt, dass dies mit Wissen des Arbeitnehmers geschah, so ist die hierauf gestützte außerordentliche und eine hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses unwirksam.
Normenkette
BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Entscheidung vom 17.03.2015; Aktenzeichen 1 Ca 2394/14) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 17.03.2015 - 1 Ca 2394/14 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowie die Pflicht zur Weiterbeschäftigung.
Der am 1958 geborene Kläger, einer geschiedenen Ehefrau sowie zwei Kindern zu Unterhalt verpflichtet, ist seit dem Januar 2001 bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängern beschäftigt, zuletzt nach Maßgabe des Anstellungsvertrages vom 08.06.2004 (Bl. 42 ff. d. A.). Vorbeschäftigungszeiten seit dem Jahre 1998 wurden vertraglich anerkannt. Als Head of Portals/Collaboration in Bereich Solution Delivery bekleidet der Kläger die Funktion des Leiters der IT-Abteilung, die für das Intranet des Konzerns D P D zuständig ist. Er hat Personalverantwortung für 28 Mitarbeiter.
Die Beklagte gehört zum Konzern D P D , dessen Konzernobergesellschaft die D P AG ist. Die Beklagte bietet den Konzernunternehmen, einschließlich der Konzernobergesellschaft, IT-Dienstleistungen (Netzwerk- und Softwarelösungen) an.
Der Kläger konnte ein Home Office nutzen. Ihm wurde ein dienstlicher Laptop mit eine individuelle Benutzerkennung (User-ID) nebst Passwort zur Verfügung gestellt. Die Zugangsdaten waren nur dem Kläger bekannt, er durfte sie Dritten nicht offenbaren.
Der Kläger lebt gemeinsam in nichtehelicher Gemeinschaft mit Frau S , einer Arbeitnehmerin der Konzernobergesellschaft. Auch sie hat eine eigene Benutzerkennung mit User-ID für das Konzern-Netzwerk mit der sie u.a. auf Kalenderfunktion im Microsoft-Outlook zugreifen konnte. In dem elektronischen Kalender vermerkte sie auch private Eintragungen.
Die Konzernobergesellschaft hegte Anfang September 2014 den Verdacht eines Arbeitszeitbetrugs seitens von Frau S , kontaktierte auch den Kläger und stellte Frau S am 03.09.2014 von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Sie musste die ihr überlassenen Arbeitsmittel zurückgeben, einschließlich ihres Dienstlaptops. Der Vorgesetzte von Frau S stellte am 09.09.2014 die Löschung von Eintragungen im Outlook-Kalender fest, welche noch am 04.09.2014 vorhanden waren. Am 25.09.2014 untersuchte ein IT-Dienstleister den Vorgang, informierte die Beklagte am 26.09.2014 vom Ergebnis, worauf der Kläger am 01.10.2014 zum Vorwurf angehört wurde, über seinen Dienstlaptop sei der Zugriff auf das Netzwerk der Deutschen Post AG erfolgt, so dass mit seiner Beteiligung Änderungen im Account von Frau Schäfer ermöglicht wurden. Der Kläger äußerte sich zu den Vorwürfen nicht.
Nach Anhörung des Betriebsrates unter dem 02.10.12014 (Bl. 117 ff. d. A.), ergänzt mit Schreiben vom 08.12.2014 (Bl. 125 ff. d. A.), zu einer beabsichtigten außerordentlichen und hilfsweise ordentliche Tat- und Verdachtskündigung kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 09.10.2014 fristlos, mit Schreiben vom 10.10.2014 hilfsweise ordentlich zum 30.06.2015.
Zudem kündigte die Konzernobergesellschaft am 02.10.2014 das Arbeitsverhältnis der Frau S . Die Kündigungsschutzklage der Frau S war erfolgreich (LAG Köln, Urt. v. 22.10.2015 - 7 Sa 431/15 -).
Mit Urteil vom 17.03.2015 (Bl. 152 ff. d. A.) hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass weder die fristlose noch die ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis des Klägers beendet hat und die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger weiter zu beschäftigen. Die Kündigungen seien unverhältnismäßig, denn die Interessenabwägung falle zu Gunsten des Klägers aus. Es habe sich um ein einmaliges, folgenloses Fehlverhalten (Ermöglichung des Netzwerkzugriffs durch Frau S ) gehandelt. Wegen der weiteren Einzelheiten des streitigen und unstreitigen Vorbingens sowie der Antragstellung der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand, wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Gegen das ihr am 09.04.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13.04.2015 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 08.06.2015 begründet.
Unter Bezugnahme und Vertiefung des erstinstanzlichen Vortrags hält die Beklagte dem Arbeitsgericht vor, es habe die strafrechtliche Relevanz der Tat des Klägers im Rahmen der In...