Entscheidungsstichwort (Thema)
Ruhepause. Annahmeverzug. blue-pencil-Test. ergänzende Vertragsauslegung
Leitsatz (amtlich)
1. Behauptet der Arbeitgeber im Rahmen eines Streits um die Vergütung unstreitig von ihm angeordneter Arbeitsunterbrechungen, es habe sich um nicht vergütungspflicht-ige Ruhepausen gehandelt, muss er darlegen, dass diese im Voraus feststanden. Dabei spricht der Zweck der Ruhepause dafür, dass die Lage der Pause am Beginn des Arbeitstages zumindest rahmenmäßig festgestanden haben muss.
2. Ist in AGB geregelt, die Arbeitszeit des Mitarbeiters betrage „im monatlichen Durchschnitt eine bestimmte Stundenzahl X, ohne dass ein Zeitraum vereinbart wird, in welchem dieser Durchschnitt erreicht werden muss, führt die zumindest teilweise Unwirksamkeit der Klausel dazu, dass eine feste Monatsstundenzahl X als vereinbart gilt. Dies ergibt sich, wenn nicht schon aus der Anwendung des blue-pencil-Testes, wenigstens aus einer ergänzenden Vertragsauslegung.
Normenkette
BGB §§ 306-307, 615; ArbZG § 4
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 10.03.2010; Aktenzeichen 2 Ca 10978/09) |
Tenor
1) Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.03.2010 – Aktenzeichen 2 Ca 10978/09 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
„Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 127,38 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.02.2010 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.”
Die Berufung im Übrigen wird zurückgewiesen.
2) Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3) Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin mindestens 160 Stunden pro Monat zu beschäftigen. Ferner streiten die Parteien über Annahmeverzugslohn, insbesondere die Vergütung sogenannter „Breakstunden”.
Die Klägerin ist seit August 2002 als Flugsicherheitskraft am Flughafen Köln/Bonn bei der Beklagten beziehungsweise deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Ausweislich ihres Arbeitsvertrages ist die Klägerin verpflichtet, „im monatlichen Durchschnitt 150 Stunden” zu arbeiten. Zuletzt erhielt sie hierfür einen Stundenlohn in Höhe von 11,58 EUR brutto. Auf das Arbeitsverhältnis findet der allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen vom 08.12.2005 Anwendung. Für Januar 2010 erhielt die Klägerin 144,07 Stunden vergütet. Mit Schriftsatz vom 17.02.2010 stellte sie den Antrag, ihre Arbeitszeit auf 160 Stunden heraufzusetzen. Ausweislich eines Attestes vom 18.02.2010 ist sie für 6 Monate nicht in der Lage, in Nacht- oder Spätschichten zu arbeiten.
Die Klägerin hat behauptet, es sei eine Arbeitszeit von mindestens 160 Stunden vereinbart. Sie hat die Ansicht vertreten, daher stehe ihr für Januar 2010 Differenzvergütung für 15,93 Stunden zu. Des Weiteren habe sie Anspruch auf Vergütung von sogenannten 11 „Breakstunden”. Sie hat behauptet, hierbei handele es sich um Spontanunterbrechungen der Arbeitszeit. Eine solche sei beispielsweise am 07.01.2010 für die Zeit von 08:00 Uhr bis 09:00 Uhr angeordnet worden, als keine Fluggäste mehr gekommen seien. Hinsichtlich der weiteren behaupteten Spontanunterbrechungen in der Zeit vom 08.01.2010 bis 29.01.2010 wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 17.02.2010 (Blatt 9 d. Akte) Bezug genommen.
Die Klägerin hat ursprünglich lediglich Beschäftigung verlangt, nachdem die Beklagte nach einer Arbeitsunfähigkeit abgelehnt hatte, sie zu beschäftigen. Insoweit hat die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen.
Sie hat zuletzt beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, sie nicht unterhalb einer Monatsarbeitszeit von 160 Stunden tatsächlich zu beschäftigen;
- die Beklagte zu verurteilen, an sie 127,38 EUR brutto zuzüglich 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.02.2010 zu bezahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, an sie 148,47 EUR zuzüglich 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.02.2010 zu bezahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, im Wege der Diensteinsatzplanung sie nur in der Frühschicht tatsächlich zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, dass mit der Klägerin ein Teilzeitarbeitsverhältnis mit 150 Stunden pro Monat bestehe. Die geltend gemachten Breakstunden seien nicht geleistet worden. Es handele sich um normale Pausenzeiten.
Das Arbeitsgericht Köln hat mit Urteil vom 10.03.2010 (Az.: 2 Ca 10978/09) die Klage vollumfänglich abgewiesen und seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass es für einen Anspruch auf eine Beschäftigung im Umfang von 160 Stunden pro Monat an einer Anspruchsgrundlage fehle. Für ihre Behauptung, es sei eine monatliche Arbeitszeit von mindestens 160 Stunden vereinbart, sei die Klägerin beweisfällig geblieben. Ihr Antrag auf Erhöhung der Arbeitszeit sei von der Beklagten nicht angenommen und die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung nicht beantragt worde...