Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorrang der Änderungskündigung vor der Beendigungskündigung. Vorheriges Angebot auf einvernehmliche Vertragsänderung. Abweichung von der Rechtsprechung des BAG
Leitsatz (redaktionell)
Der Vorrang der Änderungskündigung vor der Beendigungskündigung gebietet es, eine mögliche Änderungskündigung zur Forthttp://www.elba.ro/setzung des Arbeitsverhältnisses auch dann auszusprechen, wenn der Arbeitnehmer eine zuvor angebotene einverständliche Abänderung des Arbeitsvertrags abgelehnt hat
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2, § 2
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 21.05.2003; Aktenzeichen 20 Ca 12587/02) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 21.05.2003 – 20 Ca 12587/02 – teilweise abgeändert:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 18.10.2002 zum 30.04.2003 beendet worden ist.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zutragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der am 20.05.1962 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 10.04.1989 als Kommissionierer in der Obsteinkaufsstelle Großmarkt Köln beschäftigt. Diese wurde zum 11.10.2002 geschlossen. Die Beklagte bot dem Kläger einen neuen Arbeitsvertrag als Lagerarbeiter im Logistikzentrum Dormagen mit 130 Stunden monatlich und einem Bruttoentgelt von 1.368,80 EUR sowie einer Zulage von 175,00 EUR brutto für ein Jahr an. Der Kläger lehnte dieses Angebot am 09.10.2002 ab. Daraufhin kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 18.10.2002 das Arbeitsverhältnis zum 30.04.2003.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die neuen Arbeitsbedingungen seien unzumutbar. Außerdem habe die Beklagte eine Änderungskündigung aussprechen müssen, um ihm die Möglichkeit zu geben, das Angebot unter Vorbehalt anzunehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils Blatt 59 – 60 verwiesen. Das Arbeitsgericht hat die Klage unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 27.09.1984 – 2 AZR 62/83 – abgewiesen.
Gegen dieses am 17.09.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.10.2003 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung am 17.12.2003 begründet.
Er meint, selbst wenn der Arbeitnehmer ein konkretes Angebot des Arbeitgebers, ihn zu geänderten Bedingungen weiterzubeschäftigen, ablehnt, sei es erforderlich, dass der Arbeitgeber eine Änderungskündigung im Sinne des § 2 KSchG ausspricht. Der vom Arbeitsgericht herangezogenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts sei nicht zu folgen, sie sei mit der gesetzlichen Regelung der §§ 145 ff. BGB nicht zu vereinbaren. Die §§ 2, 8 KSchG änderten von Gesetzes wegen nur die Rechtslage bei Ausspruch einer Änderungskündigung, nicht schon zuvor das allgemeine Vertragsrecht. Ohne Kenntnis der komplizierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts könne kein Arbeitnehmer anhand des Kündigungsschutzgesetzes zu der Auffassung gelangen, dass er ein Änderungsangebot unter Vorbehalt annehme könne und müsse, wenn er eine Beendigungskündigung vermeiden wolle. Mit dem vorbehaltlosen Einverständnis zur Abänderung begäbe sich der Arbeitnehmer des Rechts, die soziale Rechtfertigung der Änderung gemäß dem § 2, 4 KSchG überprüfen zu lassen. Wäre er darauf hingewiesen worden, dass es neben der Annahme und der Ablehnung des Angebotes auch die Vorbehaltsannahme gäbe, hätte der Kläger den Änderungsvertrag unter Vorbehalt angenommen. Darüber hinaus sei die Kündigung auch nach § 15 Abs. 3 TzBfG unzulässig, weil das Arbeitsverhältnis nach dem Arbeitsvertrag befristet sei bis zum Ablauf des Monats, in dem die für die gesetzliche Rentenversicherung verbindliche Altersgrenze erreicht werde.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des am 21.05.2003 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Köln – 20 Ca 12567/02 –
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 18.10.2002 zum 30.04.2003 beendet worden ist;
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 30.04.2003 fortbesteht.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich weiterhin auf die vom Arbeitsgericht genannte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts und verweist darauf, dass sie sich korrekt daran gehalten hat. Gerade im vorliegenden Fall sei es nicht nur um den gekündigten Kläger gegangen sondern um 36 weitere Mitarbeiter. Diesbezüglich habe die Beklagte schnellstens Klarheit darüber haben müssen, welche Mitarbeiter bereit sind, die geänderten Arbeitsbedingungen anzunehmen und welchen Mitarbeitern gekündigt werden könne. Je nach Reaktion der einzelnen Mitarbeiter habe die soziale Auswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG sich verändern können. Der Kläger habe sich mit den Worten „Sekt oder Selters” verabschiedet....