Entscheidungsstichwort (Thema)
Weihnachtsgeld. Insolvenz
Leitsatz (amtlich)
1) Auch in der Insolvenz sind Weihnachtsgratifikationen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, zu zahlen.
2) Die insolvenzrechtliche Einordnung einer Gratifikation ist entscheidend von dem Gratifikationszweck und – charakter abhängig.
3) Mit einer Weihnachtsgratifikation wird regelmäßig erbrachte Betriebstreue belohnt. Sie ist daher in aller Regel eine sonstige Masseverbindlichkeit i. S. v. § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO.
Normenkette
BGB § 611; InsO § 55 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 11.05.2005; Aktenzeichen 7 Ca 8946/02) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Köln vom 11.05.2005 – 7 Ca 8946/02 – wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger war langjähriger Mitarbeiter der Schuldnerin, über deren Vermögen am 05.08.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Beklagte ist der Insolvenzverwalter, der den Kläger mit Schreiben vom 07.08.2002 mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung des restlichen Urlaubsanspruchs von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freistellte und mit dem Kläger am 05.12.2003 einen Teilvergleich dahingehend schloss, dass das Arbeitsverhältnis mit der Schuldnerin durch ordentliche insolvenzbedingte Kündigung des Beklagten vom 28.08.2002 mit Ablauf des 30.11.2002 endete. Die Parteien vereinbarten ferner eine ordnungsgemäße Abwicklung unter Beachtung der insolvenzrechtlichen Vorschriften.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger noch die Zahlung eines rechnerisch unstreitigen Weihnachtsgeldes in Höhe von 2.754,00 EUR brutto auf der Grundlage seines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 27.05.1992, dessen Ziffer 2b) nach einer Bruttomonatsvergütungsregelung in Ziffer 2a) folgende Bestimmung enthält:
„Darüber hinaus erhält Herr G ein Urlaubsgeld und ein Weihnachtsgeld, deren Höhe sich nach den Bestimmungen der für Tarifangestellte der Gesellschaft gültigen Regelung richtet.”
Aufgabengebiet und Tätigkeit des Klägers wird in Ziffer 1a) des Arbeitsvertrages u. a. wie folgt beschrieben:
„…Herr G wird als außertariflicher Mitarbeiter eingestuft. Er bekleidet in der neuen TKT-Niederlassung die Funktion des Technischen Leiters.”
Schließlich enthält der schriftliche Arbeitsvertrag in Ziffer 12a) folgende Schlussbestimmungen:
„Soweit in diesem Vertrag nichts anderes gesagt ist, gelten für das Vertragsverhältnis die im Unternehmen üblichen Regelungen. Dies gilt insbesondere für die Betriebsordnung der TKT und die Arbeitszeitregelung.”
Das arbeitsvertraglich vereinbarte Weihnachtsgeld wurde in der Vergangenheit regelmäßig mit der Novemberabrechnung ausgezahlt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ihm auch für 2002 das Weihnachtsgeld zustehe, denn dieses sei Vergütungsbestandteil und angesichts seiner Fälligkeit im November 2002 Masseforderung.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 2.754,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2003 zu zahlen;
hilfsweise einen Betrag von 2.754,00 EUR brutto Weihnachtsgeld als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle anzuerkennen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe ein Weihnachtsgeldanspruch nicht zu, weil er bereits zum 30.11.2002 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei und daher Weihnachten 2002 nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis gestanden habe. Im übrigen sei nach dem einschlägigen Tarifvertrag auf den Stichtag 01.12. abzustellen. Jedenfalls aber würde es sich bei einem unterstellten Weihnachtsgeldanspruch größtenteils um eine Insolvenzforderung handeln, weil der überwiegende Teil des Anspruchs mit Erbringung der Arbeitsleistung vor der Insolvenzeröffnung entstanden wäre.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 11.05.2005 stattgegeben und dabei zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, der Weihnachtsgeldanspruch des Klägers sei mit Erteilung der Novemberabrechnung 2002 fällig geworden. Es komme nicht darauf an, dass der Kläger Weihnachten 2002 nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis zum Beklagten gestanden habe, denn ihm könne durch die Insolvenzeröffnung und die dadurch bedingte Kündigung der entstanden Gratifikationsanspruch nicht zunichte gemacht werden. Er seinerseits habe alles getan, um den Anspruch entstehen und fällig werden zu lassen. Gegen dieses ihm am 27.06.2005 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 26.07.2005 Berufung eingelegt und diese am Montag, den 29.08.2005 begründet.
Der Beklagte ist weiterhin der Auffassung, gemäß Ziffer 12 des Arbeitsvertrages komme der vom Industrieverband Heizungs-, Klima- und Sanitärtechnik Nordrhein-Westfalen e. V. und der IG-Metall abgeschlossene Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens vom 26.05.1998 zur Anwendung. Nach der tariflichen Fälligkeitsregelung in § 3 dieses Tarifvertrages und der Ausschlussregelung für gekündigte Arbeitsv...