Rechtsmittel zugelassen
Leitsatz (amtlich)
Die Rechtsprechung des BAG zur „korrigierenden Rückgruppierung” ist rechtlich unklar. Sie läßt nicht erkennen, ob das Gericht im Falle einer nicht-irrtümlichen zu hohen Eingruppierung eine über § 22 BAT hinausgehende Anspruchsgrundlage für den Vergütungsanspruch annimmt, oder wenn das nicht der Fall ist, weshalb das Recht, eine unzutreffende Eingruppierung geltend zu machen, auf die Fälle des Irrtums beschränkt sein soll. Eingruppierungen und Rückgruppierungen sind begrifflich nur Werturteile, keine Rechtsgeschäfte. Demgemäß ist nicht entscheidend, ob der Arbeitgeber zur Rückgruppierung „berechtigt” ist, sondern ob der Vergütungsanspruch des Angestellten rechtlich (vertraglich) gemäß der Eingruppierung des Arbeitgebers besteht (weil der Angestellte auf die Richtigkeit vertraut), was etwas anderes ist.
Normenkette
BAT § 22 korrigierende Rückgruppierung
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Urteil vom 04.06.1997; Aktenzeichen 5 Ca 390/97) |
Tenor
Das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 04.06.1997 – 5 Ca 390/97 – wird geändert:
Der Beklagte ist verpflichtet, den Kläger über den 28.02.1997 hinaus nach der Vergütungsgruppe IV a BAT zu vergüten.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Beklagte ist ein Verein von Reservisten der Bundeswehr mit Sitz in Bonn und mit Kreis-, Bezirks- und Bereichsgeschäftsstellen. Er erhält Zuwendungen vom Bundesministerium der Verteidigung. Der Kläger, geboren am 08.08.1942, war Soldat und ist seit dem 01.04.1978 Angestellter des Beklagten. Er war zunächst Kreisorganisationsleiter (Leiter einer Kreisgeschäftsstelle) aufgrund schriftlichen Anstellungsvertrages vom 01.04.1978 (Blatt 4 d. A.) gegen Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV b BAT. Seit dem 01.10.1978 ist der Kläger als Bezirksorganisationsleiter tätig (Leiter einer Bezirksgeschäftsstelle). Er erhielt Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV a BAT gemäß einem „Zusatzvertrag” vom 01.10.1978 (Blatt 6 d. A.).
Im Jahre 1994 wurde vom Bundesministerium der Verteidigung eine Arbeitsplatzüberprüfung für den Dienstposten „Bezirksorganisationsleiter” beim Beklagten durchgeführt. Diese führte zu dem Ergebnis, daß die Tätigkeit des Klägers den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe IV b entspreche (Anlage K 5). Unter dem 20.01.1997 hat der Beklagte daraufhin dem Kläger mitgeteilt, daß die ihm gezahlte Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV a BAT nicht korrekt sei; sie entspreche nicht der von ihm tatsächlich auszuübenden Tätigkeit; es läge ein Bewertungsfehler vor; als Zuwendungsempfänger müsse der Beklagte die Vergütungsordnung zum BAT sowie die Vorschrift des § 22 BAT beachten und sei somit verpflichtet, die korrigierende Rückgruppierung vorzunehmen (Blatt 7 d. A.).
Der Kläger hat daraufhin Klage erhoben und zuletzt beantragt,
festzustellen, daß der Kläger über den 28.02.1997 hinaus nach der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 b BAT zu besolden ist.
Er hat geltend gemacht: Er unterliege nicht dem öffentlichen Dienst; das Arbeitsverhältnis sei daher einer sogenannten korrigierenden Rückgruppierung nicht zugänglich. Seine Tätigkeit sei gleich geblieben, sie hebe sich von derjenigen der übrigen Bezirksorganisationsleiter ab (Schriftsatz vom 30.04.1997, Blatt 28 ff. d. A.). Der Betriebsrat habe nicht zugestimmt.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat geltend gemacht: Die Eingruppierung des Klägers sei fehlerhaft gewesen. Die jetzige Eingruppierung sei richtig, wie sich aus der Tätigkeitsdarstellung vom 24.10.1996 ergebe (Blatt 13 ff. d. A.); der Kläger könne die richtige Eingruppierung nicht damit angreifen, daß er jahrelang zuviel bezahlt bekommen habe. Aus der Tätigkeit des Klägers (Schriftsatz vom 28.05.1997, Blatt 32 ff. d. A.) lasse sich eine höhere Vergütung als die der anderen Bezirksorganisationsleiter nicht ableiten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, der Kläger hiergegen Berufung eingelegt, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageantrag weiterverfolgt. Seine Begründung ergibt sich aus seinem Schriftsatz vom 26.01.1998, die Erwiderung des Beklagten aus dessen Schriftsatz vom 24.02.1998.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung ist statthaft, § 64 ArbGG. Das Arbeitsgericht hat den Wert des Streitgegenstandes auf 32.400,– DM festgesetzt. Die Berufung ist auch in gesetzlicher Form und Frist eingelegt und begründet worden. Diesbezügliche Feststellungen des Gerichts ergeben sich aus dem Sitzungsprotokoll vom 08.04.1998.
II. Die Berufung ist begründet.
1. Die Klage ist zulässig, § 256 ZPO.
2. Die Klage ist auch begründet. Der Anspruch des Klägers (auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV a BAT) besteht. Er ergibt sich aus der Erklärung des Beklagten im „Zusatzvertrag” vom 01.10.1977, daß der Kläger in die Vergütungsgruppe BAT IV a höhergruppiert werde. Diese Erklärung ist für den Beklagten verbindlich, es sei denn, er hätte sich bei dieser Eingruppierung geirrt, BAG Urteil vom 11.06.1997 – 10 AZR 724/95 -. Das Bundesarbeitsgericht hat dort ausgefü...