Rechtsmittel zugelassen
Leitsatz (amtlich)
Die Rechtsprechung des BAG zur „korrigierenden Rückgruppierung” ist rechtlich unklar. Sie läßt nicht erkennen, ob das Gericht im Falle einer nicht-irrtümlichen zu hohen Eingruppierung eine über § 22 BAT hinausgehende Anspruchsgrundlage für den Vergütungsanspruch annimmt, oder wenn das nicht der Fall ist, weshalb das Recht, eine unzutreffende Eingruppierung geltend zu machen, auf die Fälle des Irrtums beschränkt sein soll. Eingruppierungen und Rückgruppierungen sind begrifflich nur Werturteile, keine Rechtsgeschäfte. Demgemäß ist nicht entscheidend, ob der Arbeitgeber zur Rückgruppierung „berechtigt” ist, sondern ob der Vergütungsanspruch des Angestellten rechtlich (vertraglich) gemäß der Eingruppierung des Arbeitgebers besteht (weil der Angestellte auf die Richtigkeit vertraut), was etwas anderes ist.
Normenkette
BAT § 22 korrigierende Rückgruppierung
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Urteil vom 10.09.1997; Aktenzeichen 4 Ca 313/97) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 10.09.1997 – 4 Ca 313/97 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Beklagte ist ein Verein von Reservisten der Bundeswehr mit Sitz in Bonn und mit Kreis-, Bezirks- und Bereichsgeschäftsstellen. Er erhält Zuwendungen vom Bundesministerium der Verteidigung. Der Kläger, geboren am 03.08.1951, war Soldat und ist seit dem 01.07.1976 Angestellter des Beklagten. Er war zunächst Kreisorganisationsleiter (Leiter einer Kreisgeschäftsstelle) aufgrund schriftlichen Anstellungsvertrages vom 01.07.1976 (Blatt 5 d. A.) gegen Vergütung nach der Vergütungsgruppe V b BAT. Per 01.01.1977 wurde er bei gleichbleibender Tätigkeit in die Vergütungsgruppe IV b höhergruppiert (Blatt 6 d. A.), per 01.03.1977 bei gleichbleibender Tätigkeit in die Vergütungsgruppe IV a BAT (Blatt 7 d. A.). Ab 01.07.1977 ist der Kläger als Bezirksorganisationsleiter tätig (Leiter einer Bezirksgeschäftsstelle). Er erhielt weiter Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV a BAT und nach einer Tätigkeitsdarstellung vom 01.07.1976/12.12.1989 (Anlage K 4 Blatt 8 d. A.).
Im Jahre 1994 wurde vom Bundesministerium der Verteidigung eine Arbeitsplatzüberprüfung für den Dienstposten „Bezirksorganisationsleiter” beim Beklagten durchgeführt. Diese führte zu dem Ergebnis, daß die Tätigkeit des Klägers den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe IV b entspreche (Anlage K 5). Unter dem 20.01.1997 hat der Beklagte daraufhin dem Kläger mitgeteilt, daß die ihm gezahlte Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV a BAT nicht korrekt sei; sie entspreche nicht der von ihm tatsächlich auszuübenden Tätigkeit; es läge ein Bewertungsfehler vor; als Zuwendungsempfänger müsse der Beklagte die Vergütungsordnung zum BAT sowie die Vorschrift des § 22 BAT beachten und sei somit verpflichtet, die korrigierende Rückgruppierung vorzunehmen.
Der Kläger hat daraufhin Klage erhoben und zuletzt beantragt,
festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger über den 28.02.1997 hinaus nach der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 b BAT zu entlohnen.
Er hat geltend gemacht: Zum Zeitpunkt seines Ausscheidens bei der Bundeswehr habe er Vergütung nach A 9 erhalten. Bei der Einstellung habe ihm der damalige Generalsekretär des Beklagten gesagt, er bekäme beim Beklagten in der Probezeit Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV b und werde danach in die Vergütungsgruppe IV a eingruppiert. Auf die Frage, ob der Kläger vielleicht wegen schlechter Leistung oder ähnlichem später herunter gruppiert werden könnte, sei ihm gesagt worden, wenn er einmal in der Vergütungsgruppe IV a drin sei, könne er sich nur nach oben verbessern. Die einseitige Rückgruppierung durch den Beklagten sei unwirksam. Eine Herabgruppierung käme nur dann in Frage, wenn dem Kläger eine geringer bewertete Tätigkeit übertragen worden wäre oder wenn der Wert der dem Kläger bisher übertragenen Tätigkeit abgesunken wäre. Die vom Beklagten offensichtlich gewünschte Vergütung sei nicht durch einseitige „korrigierende” Rückgruppierung zu erreichen, sondern allenfalls durch eine Änderungskündigung. Der Beklagte übersehe, daß es sich nicht um eine Tarifkorrektur innerhalb des öffentlichen Dienstes handele, sondern lediglich im Rahmen eines privaten Arbeitsverhältnisses auf den BAT Bezug genommen werde. Dies bedeute nicht, daß die Tarifautomatik ohne weiteres übernommen werde. Auch im öffentlichen Dienstverhältnis und dann gerade auch im privaten Arbeitsverhältnis gebe es die Möglichkeit, daß nebeneinander tarifliche und einzelvertragliche Vergütungsansprüche bestehen. Diese könnten ausdrücklich oder durch konkludentes Verhalten vereinbart werden. Selbst wenn die tarifliche Voraussetzungen für einen bestimmten Vergütungsanspruch nicht erfüllt wären, könne gleichwohl ein einzelvertraglicher Anspruch auf die vereinbarte Vergütung bestehen (BAG APTVG § 1 Nr. 5). Der Kläger habe mit dem Beklagten am 01.03.1977 vereinbart, daß die von ihm seiner...