Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszeugnis aus Prozessvergleich. Auslegung eines Vergleichs und Zeugnisformulierung. Zeugnis nach den gesetzlichen Anforderungen
Leitsatz (amtlich)
Einzelfall zur Verpflichtung der Erteilung eines Arbeitszeugnisses mit Schlussformel aufgrund Auslegung eines Prozessvergleichs
Leitsatz (redaktionell)
Eine Arbeitgeberin kann aus einem Prozessvergleich verpflichtet sein, ein erteiltes Arbeitszeugnis erneut auszustellen und dabei um eine Schlussformulierung zu ergänzen, mit der sie ihr Bedauern bezüglich des Ausscheidens des Klägers, ihren Dank für geleistete Arbeit und gute Wünsche für die Zukunft zum Ausdruck bringt.
Normenkette
BGB § 157; GewO § 109 Abs. 1; BGB § 133; GewO § 109 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Entscheidung vom 11.06.2013; Aktenzeichen 5 Ca 2535/12) |
Tenor
Unter Zurückweisung im Übrigen wird auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 11.06.2013 - 5 Ca 2535/12 G - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, das Zeugnis vom 31.07.2011 (Anlage K 9) neu auszustellen und hierbei um die Schlussformulierung "Wir bedauern das Ausscheiden von Herrn R , danken für die geleistete Arbeit und wünschen ihm für die Zukunft alles Gute" zu ergänzen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien je zur Hälfte.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten zuletzt noch um die Ergänzung eines erteilten Arbeitszeugnisses.
Der Kläger war vom 01.01.2007 bis 31.07.2011 bei der Beklagten als Director Services & Parts - Germany (Austria, Switzerland) beschäftigt. Im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens schlossen die Parteien am 29.02.2012 vor dem Landesarbeitsgericht Köln einen Prozessvergleich (Bl. 56 f. d.A.). In Ziffer 6. des Vergleichs verpflichtete sich die Beklagte, "dem Kläger ein Zeugnis zu erteilen, welches die Führungs- und Leistungsbeurteilung des Klägers mit der Schulnote "Sehr gut" bewertet und im Übrigen für die weitere berufliche Entwicklung des Klägers förderlich ist."
Die Beklagte erteilte darauf hin dem Kläger unter dem Datum 31.07.2011 ein Zeugnis. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Zeugnis hinsichtlich der Führungs- und Leistungsbeurteilung vereinbarungsgemäß eine sehr gute Beurteilung enthält. Das Zeugnis endet mit der Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund einer weitreichenden Umstrukturierung im Unternehmen zum 31.07.2011 sein Ende gefunden hat. Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhalts des Zeugnisses wird auf Bl. 42 f. d.A. verwiesen.
Der Kläger begehrt mit der Klage die Ergänzung des Zeugnisses durch Aufnahme einer sog. Schlussformel, mit der die Beklagte ihr Bedauern über das Ausscheiden, Dank für die wertvolle Arbeit und gute Wünsche für die berufliche und private Zukunft und viel Erfolg zum Ausdruck bringt.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 11.06.2013 (Bl. 115 ff. d. A.) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass sich weder aus dem Gesetz noch aus dem Prozessvergleich eine Verpflichtung der Beklagten zur Aufnahme der begehrten Schlussformel herleiten lasse. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe, wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbingens und der Antragstellung der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Gegen das ihm am 24.06.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 02.07.2013 Berufung eingelegt und diese am 14.08.2013 begründet.
Der Kläger rügt, dass das Arbeitsgericht den Prozessvergleich unzutreffend ausgelegt habe. Ein sehr gutes Zeugnis sei nur dann "auch im Übrigen förderlich", wenn es die begehrte Schlussformulierung enthalte.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Siegburg vom 11.06.2013 zu verurteilen, das Zeugnis vom 31.07.2011 (Anlage K 9) neu auszustellen und hierbei um die Schlussformulierung "Wir bedauern das Ausscheiden von Herrn R sehr, danken ihm für seine wertvolle Arbeit und wünschen ihm für seine berufliche und private Zukunft alles Gute und weiterhin viel Erfolg." zu ergänzen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte meint, sie sei aufgrund des Prozessvergleichs nicht verpflichtet, persönliche Empfindungen in einer Schlussformel aufzunehmen. Aus dem Fehlen der Schlussformel lasse sich für die Frage der Förderlichkeit des Zeugnisses nichts herleiten, die Leistungs- und Verhaltensbeurteilung werde dadurch nicht relativiert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien vom 13.08.2013, 18.10.2013, 07.11.2013 und 14.11.2013 sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung des Klägers ist zulässig, denn sie ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurde innerhalb der Fristen des § 66 Abs. 1 ArbGG ordnungsgemäß eingelegt und begründet.
II. Die...