Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Auswahl bei freier höherwertiger Stelle und Namensliste

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die nach § 1 Abs. 5 KSchG erforderliche Schriftform für eine als Anlage zu einem Interessenausgleich angefertigte Namensliste ist nur gewahrt, wenn die Namensliste bei Unterzeichnung des Interessenausgleichs mit diesem fest verbunden ist (im Anschluss an BAG, Urteil vom 06.07.2006 – 2 AZR 520/05 – NZA 2007, 266 ff.).

2. Auf einen freien anderweitigen Arbeitsplatz kann sich ein Arbeitnehmer nicht berufen, wenn es sich dabei für ihn um eine Beförderungsstelle handelt.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Urteil vom 10.07.2007; Aktenzeichen 6 Ca 2859/06)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 10.07.2007 – 6 Ca 2859/06 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich im vorliegenden Verfahren gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch eine arbeitgeberseitige betriebsbedingte Kündigung.

Der Kläger, geboren am 15.11.1975, ist seit dem 16.09.1996 bei der Beklagten als Produktfertiger in der Gummimetallfertigung beschäftigt. Er ist verheiratet, im Oktober 2006 wurde das 5. Kind geboren. Der Kläger ist gelernter Bauzeichner. Bei der Beklagten war er zuletzt in Lohngruppe 5 eingruppiert mit einer monatlichen Bruttovergütung von zuletzt ca. 2.754,53 EUR.

Die Beklagte traf Ende 2005 die unternehmerische Entscheidung, die Gummimetallfertigung, in der der Kläger arbeitete und in der insgesamt mehr als 200 Arbeitnehmer beschäftigt waren, am Standort B einzustellen und die Arbeitsplätze in mehreren Stufen abzubauen.

Nach umfangreichen Verhandlungen wurde am 21.11.2005 ein Interessenausgleich und ein Sozialplan abgeschlossen. Ferner wurde eine Namensliste mit den zu kündigenden Arbeitnehmern vom Personalleiter der Beklagten und vom Vorsitzenden des Betriebsrates paraphiert. In einer Erklärung hierzu vom 15.08.2006 ist festgehalten, dass die bisher paraphierte Namensliste am selben Tag ergänzend mit vollständigen Unterschriften auf jeder Seite versehen und mit dem Interessenausgleich verbunden worden war.

Das ebenfalls am Standort in Bonn bestehende Gummimischwerk blieb nach der Planung der Beklagten erhalten. Hier schrieb die Beklagte im Frühjahr 2006 einige zu besetzende Stellen aus, auf die sich der Kläger erfolglos beworben hatte.

Der Kläger ist in der Namensliste zum Interessenausgleich benannt. Mit Schreiben vom 14.09.2006 hörte die Beklagte den Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung des Klägers an. Der Betriebsrat erklärte mit Schreiben vom 20.09.2006, keinen Widerspruch zu erheben. Daraufhin kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 20.09.2006, dem Kläger persönlich übergeben am 29.09.2006, zum 31.12.2006.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Kündigungs- und Weiterbeschäftigungsklage, die das Arbeitsgericht durch Urteil vom 10.07.2007 (Bl. 155 ff. d. A.) abgewiesen hat. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht darauf abgestellt, dass aufgrund der Vermutungswirkung des Interessenausgleichs zusammen mit der Namensliste von einer sozialen Rechtsfertigung der Kündigung auszugehen sei. Auf die Arbeitsplätze im Mischwerk könne sich der Kläger nicht berufen, da diese Arbeitsplätze mit dem vorherigen Arbeitsplatz des Klägers nicht vergleichbar seien. Auch die soziale Auswahl sei angesichts der Vermutswirkung des § 1 Abs. 5 S. 2 KSchG nicht zu beanstanden. Die grundsätzliche Herausnahme von Mitarbeitern aus dem Misch- und Knetwerk sei im Hinblick auf die dort notwendige Einarbeitungszeit und die Eingruppierung der Mitarbeiter dort ab Vergütungsgruppe 6 nicht zu beanstanden. Der Kläger könne sich schließlich auch nicht darauf berufen, dass aushilfsweise und vorübergehend Mitarbeiter aus der Gummimetallfertigung im Mischwerk eingesetzt würden, denn dabei handele es sich nicht um Dauerbeschäftigungen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger fristgerecht Berufung einlegen und begründen lassen. Er trägt vor, die Sozialauswahl sei unzutreffend. Bei insgesamt mindestens 20 Arbeitnehmern sei die Beklagte von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Auch sei die Punktzahl des Klägers nicht richtig berechnet worden, da er tatsächlich unter Berücksichtigung des im Oktober 2006 geborenen Kindes 50 und nicht nur 46 Sozialpunkte aufzuweisen habe. Die Namensliste sei damit insgesamt ausreichend erschüttert und grob fehlerhaft.

Hinzu komme, dass während des laufenden Verfahrens sich Positionen einzelner Mitarbeiter verändert hätten. So habe die Beklagte beispielsweise vorgetragen, dass der Mitarbeiter D aufgrund seines Status als Schichtaufseher schutzwürdiger als der Kläger und insoweit nicht entbehrlich sei. Tatsächlich habe die Beklagte aber dann dem Mitarbeiter D den Wechsel in das Werk F ermöglicht, hingegen die Bewerbung des Klägers für F nicht berücksichtigt. Der Kläger sei auch an einer vorübergehenden Beschäftigung interessiert gewesen. Der Kläger sei in der Vergangenheit auch zu niedrig eingruppiert ge...

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