Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung. Bestimmtheit. Auslegung. Umdeutung
Leitsatz (amtlich)
Grundsätzlich muss sich aus der Kündigungserklärung ergeben, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis beendet sein soll. Wenn kein konkreter Kündigungstermin genannt ist, so gilt die Kündigung im Zweifel als ordentliche Kündigung zum nächstzulässigen Kündigungstermin (im Anschluss an BAG, Urteil vom 15.12.2005 – 2 AZR 148/05 – NZA 2006, 791).
Normenkette
BGB §§ 140, 620, 626
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Urteil vom 14.02.2006; Aktenzeichen 5 Ca 3539/05) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 14.02.2006 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg – 5 Ca 3539/05 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung und davon abhängige Lohnansprüche.
Der Kläger wurde vom Beklagten zum 01.07.2005 als Sozialpädagoge gegen eine monatliche Vergütung in Höhe von 1.112,62 EUR brutto eingestellt.
Das Arbeitsverhältnis sollte sich gem. § 2 des Arbeitsvertrags vom 22.06.2005 nach den Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) richten und laut § 3 des Arbeitsvertrags die Probezeit gem. § 5 BAT
6 Monate betragen.
Mit Schreiben vom 17.11.2005, dem Kläger zugegangen am 18.11.2005, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis. Das Schreiben lautet wie folgt:
”Sehr geehrter Herr R,
den mit Ihnen am 22. Juni 2005 abgeschlossenen Arbeitsvertrag kündigen wir hiermit fristgerecht innerhalb der vereinbarten Probezeit mit sofortiger Wirkung. Auch wenn wir nicht verpflichtet sind, Gründe für diesen Schritt zu benennen, wollen wir Ihnen doch mitteilen, dass wir kein Vertrauensverhältnis zu Ihnen aufbauen konnten, was unserer Meinung nach zwingend erforderlich ist. Auch Sie haben bereits mitgeteilt, dass Sie kein Vertrauen zum Vorstand haben, so dass auf dieser Basis eine weitere gemeinsame Zusammenarbeit unmöglich ist. (…) Mit sofortiger Wirkung sind Sie freigestellt. …”
Die letzte Gehaltszahlung, die der Kläger vom Beklagten erhielt, war diejenige für den Monat November 2005.
Mit seiner am 09.12.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen diese Kündigung gewandt und zugleich Zahlung seiner Monatsbruttovergütung verlangt, zunächst für den Monat Dezember 2005, mit Klageerweiterung vom 07.02.2006 zusätzlich auch für Januar 2006.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Kündigung sei mangels Bestimmtheit unwirksam, so dass der Beklagte den Lohn für Dezember 2005 und Januar 2006 unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu tragen habe.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Kündigung des Beklagten vom 17.11.2005 – zugegangen am 18.11.2005 – nicht zum 30.11.2005 aufgelöst wird, sondern über diesen Zeitpunkt hinaus fortbesteht;
- den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.112,62 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basisdiskontsatz seit 01.01.2006 zu zahlen;
- den Beklagten weiter zu verurteilen, an ihn 1.112,62 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basisdiskontsatz seit 01.02.2006 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, das Schreiben vom 17.11.2005 sei eindeutig als außerordentliche fristlose Kündigung zu verstehen. Die außerordentliche Kündigung sei auch gerechtfertigt durch ein illoyales Verhalten des Klägers gegenüber dem Vorstand.
Das Arbeitsgericht hat der Klage nur teilweise stattgegeben. Es hat die Kündigung vom 17.11.2005 mangels ausreichender Bestimmtheit zwar als außerordentliche Kündigung für unwirksam gehalten. Das Schreiben sei allerdings als ordentliche Kündigung auszulegen und als solche wirksam. Als Kündigungstermin hat es unter Bezug auf § 53 Abs. 1 BAT den 31.12.2005 festgestellt. Das Arbeitsgericht hat dem Kläger den Anspruch auf Zahlung des Dezemberlohns wegen Annahmeverzugs gem. § 615 BGB nebst Verzugszinsen zuerkannt, hinsichtlich des Januarlohns hat es die Klage jedoch abgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten der arbeitsgerichtlichen Entscheidungsgründe wird auf Blatt 43 ff. d. A. Bezug genommen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 13.03.2006 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts am 24.03.2006 Berufung eingelegt und diese durch zwei Schriftsätze begründet. Mit dem am 19.04.2005 eingegangenen Schriftsatz begehrt der Kläger Lohnzahlung für Januar 2006, mit dem am 10.05.2006 eingegangenen Schriftsatz macht er die Unwirksamkeit der Kündigung vom 17.11.2005 geltend.
Er ist der Ansicht, die Kündigung vom 17.11.2005 sei auch als ordentliche Kündigung unwirksam, weil sie sowohl hinsichtlich der Art der Kündigung als auch hinsichtlich der Kündigungsfrist widersprüchlich sei.
Der Kläger beantragt,
- unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Siegburg vom 14.02.2006 – 5 Ca 3539/05 – den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.112,62 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basisdiskontsatz seit 01.02.2006 zu...