Entscheidungsstichwort (Thema)
Regelungen des Arbeitsvertrages als Allgemeine Geschäftsbedingungen. Auslegungsgrundsätze für Allgemeine Geschäftsbedingungen. Anwendung der Unklarheitenregel nach Auslegung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Regelungen des Arbeitsvertrages sind im vorliegenden Fall Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB.
2. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen orientiert sich in erster Linie an ihrem Wortlaut. Im Übrigen kommt es für die Auslegung darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist. Auch können der Regelungszweck, die Interessenlage der Beteiligten und sonstige Begleitumstände zur Auslegung herangezogen werden.
3. Lässt eine Auslegung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen, von denen keine den klaren Vorrang verdient, liegen "nicht behebbare Zweifel" am richtigen Ergebnis vor. Für diesen Fall greift die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders der Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Normenkette
BGB §§ 611, § 305 ff.; LBesG NRW § 91 Abs. 8; EGBGB Art. 229 § 5; BGB § 305c Abs. 2, § 307 Abs. 1 S. 2, § 308 Nr. 4
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 20.07.2018; Aktenzeichen 18 Ca 1991/18) |
Nachgehend
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 20.07.2018 - 18 Ca 1991/18 - wird zurückgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Inhalt einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel.
Die Beklagte betreibt ein Unternehmen, das Aufgaben der technischen Überwachung wahrnimmt und insgesamt etwa 1.290 Arbeitnehmer beschäftigt. Unter anderem führt sie Kfz-Hauptuntersuchungen durch. Die Beklagte hat ihren Sitz in K .
Der Kläger ist seit dem 01.05.1985 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger als Diplom-Ingenieur beschäftigt.
Ziffer 4 des zwischen dem T R e. V. und dem Kläger geschlossenen Anstellungsvertrags vom 23.04.1985 / 25.04.1985 (Anlage K 1 zur Klageschrift, Blatt 7 ff. der Akte) enthält nachfolgende Regelung:
"Für Ihre Tätigkeit erhalten Sie eine monatliche Bruttovergütung nach der Gehaltsgruppe LBO A 12/3, die sich wie folgt zusammensetzt
Grundgehalt |
DM 2.511,96 |
Ortszuschlag |
DM 614,54 |
Stellenzuschlag |
DM 145,-- |
Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Sozialversicherung |
DM 432,42 |
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--------------------- |
Insgesamt |
DM 3.703,92 |
Die Bezüge werden zum Ende eines jeden Monats bargeldlos gezahlt.
Weiterhin erhalten Sie ein Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie Vermögenswirksame Leistungen nach den Bestimmungen der Betriebsvereinbarungen des T R ."
Ziffer 7 des Anstellungsvertrags lautet wie folgt:
"Für das Anstellungsverhältnis gelten im übrigen die Bestimmungen der Betriebsvereinbarungen des T R , soweit ihre Anwendung nicht nach Inhalt oder persönlichem Geltungsbereich entfällt."
Der Kläger erhielt zunächst Sonderzahlungen auf Grundlage einer Betriebsvereinbarung. Zuletzt gewährte die Beklagte dem Kläger eine jährliche Sonderzuwendung auf Grundlage des zwischen dem Arbeitgeberverband Dienstleistungsunternehmen (ar.di) e. V. und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di am 01.06.2015 für den Bereich "Kraftfahrprüfwesen" vereinbarten Tarifvertrags Jahressonderzahlung in Höhe von 1.278,45 EUR brutto (in 2018).
Das Sonderzahlungsgesetz Nordrhein-Westfalen (SZG-NRW) sah für Landesbeamte in dem für den Kläger maßgeblichen Bereich - nach diversen Reduzierungen - zuletzt noch eine jährliche Sonderzahlung in Höhe 30 Prozent einer monatlichen Grundvergütung pro Jahr vor. Mit Wirkung zum 31.12.2016 hob der Landesgesetzgeber das SZG-NRW auf und integrierte gleichzeitig die jährliche Sonderzahlung zum 01.01.2017 in die monatlichen Bezüge. Die damit zum 01.01.2017 einhergehende Erhöhung des Bruttogrundgehalts nach der Besoldungstabelle gab die Beklagte nicht an den zuletzt nach Besoldungsgruppe A 15 Erfahrungsstufe 12 der Landesbesoldungsordnung NRW vergüteten Kläger weiter. Der Kläger erhielt im Zeitraum Januar 2017 bis März 2017 wie in den Vormonaten einen Grundgehaltsbetrag in Höhe von 5.934,91 EUR brutto zuzüglich Familienzuschlag in Höhe von 348,12 EUR brutto (anstatt - unter Berücksichtigung der Tabellenerhöhung zum 01.01.2017 - 6.083,28 EUR Grundgehalt und 361,12 EUR Familienzuschlag). Infolge der Besoldungserhöhung zum 01.04.2017 erhöhte die Beklagte die Bezüge des Klägers auf 6.053,61 EUR brutto zuzüglich Familienzuschlag in Höhe von 355,09 EUR brutto.
Mit seiner am 13.12.2017 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger Differenzlohn für die Zeit von Januar 2017 bis März 2017 geltend gemacht und Zahlung einer monatlichen Vergütungsdifferenz für die Zeit ab April 2017 sowie Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger das jeweilige Monatsentgelt entsprechend der sich aus der Besoldungsordnung NRW ergebenden Tabelle...